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Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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Verständnis. »Arne Ingwersen wird
Susanna Larsen erzählen, dass wir uns nach ihr erkundigt haben. Vielleicht war
das ein Fehler. Sie wird nun gewarnt sein.«
    Und wieder saßen sie im Taxi. Diesmal fand Mamma Carlotta
diesen Umstand sogar noch weitaus gewagter, denn der Weg von der Perlenmuschel
zum Polizeirevier wäre sogar zu Fuß leicht zu bewältigen gewesen. Zunächst
hatte Giovanna auch Interesse an einem Bummel über die Friedrichstraße, dann
aber war sie von Bedenken heimgesucht worden, als sie sich ihres Schuhwerks
bewusst wurde. Und dann erfuhr sie, dass es im Hause Wolf ein Mittagessen geben
sollte, das, wie es sich in Italien gehörte, aus Antipasti, Primo piatto,
Secondo und Dolci bestehen sollte. Daraufhin bat sie Vera, ein Taxi zu rufen.
»Das schaffen wir nur, wenn wir keine Zeit vergeuden.«
    Â»Aber ich habe schon alles vorbereitet«, machte Mamma Carlotta einen
letzten Versuch, der Vernunft zum Sieg zu verhelfen.
    Doch als Giovanna nichts davon hören wollte, ergab sie sich in ihr
Schicksal. Nur allzu gern, wie sie sich heimlich eingestehen musste. Das Taxi
ließ zwar so lange auf sich warten, wie jemand, der gut zu Fuß war, bis zum
Kirchenweg benötigt hätte, aber Mamma Carlotta fiel das Warten leicht, weil sie
genug damit zu tun hatte, Vera Ingwersen zu beobachten. Sie war wie
ausgewechselt, seit sie den Brief gelesen hatte. Blass war sie, ihre Hände
zitterten, als sie der nächsten Kundin einen gläsernen Seelöwen einpackte, und
an einer Unterhaltung mit Giovanna und Mamma Carlotta war sie nicht mehr interessiert.
Tief beugte sie sich über irgendwelche Geschäftspapiere, damit sie nicht
angesprochen wurde, nachdem die Kundin ihr Souvenir aus dem Geschäft getragen
hatte. Aber ihre Augen bewegten sich nicht, sie starrte auf einen Fleck, als
wollte sie sich irgendwo festhalten. Und als erneut ein Kunde an die Kasse
trat, stützte sie, als sie aufstand, ihre Fäuste auf das Einwickelpapier, als
wollte sie dafür sorgen, dass der Brief, den sie darunter geschoben hatte,
sicher aufgehoben war.
    Giovanna hatte anscheinend nichts von der Veränderung bemerkt, die
mit Vera Ingwersen vorgegangen war. Sie stellte sich, bis das Taxi kam, vor
einen Spiegel und probierte aus, wie der Schal, den sie gekauft hatte, am
besten wirkte. Und dann hatte sie sowieso keinen Blick mehr für Vera Ingwersen.
Denn am Schaufenster der Perlenmuschel ging eine junge Frau vorbei, die
Giovanna alles andere vergessen ließ. »Susala!«
    Sie warf den Schal über ihre Schulter, winkte Vera einen flüchtigen
Gruß zu, rief: »Bis heute Abend!« und stand auch schon vor der Tür.
    Susanna Larsen war stehen geblieben und lächelte Giovanna fragend
entgegen. Erst als die mit ausgebreiteten Armen vor ihr stand, erkannte sie, in
wessen Armen sie landen sollte. »Giovanna! Bist du wegen Francesco hier?«
    Prompt wurde aus dem Jubel, zu dem Giovanna gerade ansetzte, ein
tiefer Seufzer. Aber da auch italienische Trauernde die Weisheit kannten: »Das
Leben geht weiter!«, war schnell ein Grund gefunden, sich trotzdem ausgiebig
über das Wiedersehen zu freuen.
    Â»Wie lange habe ich dich nicht gesehen, Susala! Und trotzdem sofort
wiedererkannt! Du bist ja noch hübscher geworden! Was für eine Freude wäre es
gewesen, wenn Francesco dich als seine Braut heimgebracht hätte.« Giovanna trat
einen Schritt zurück, um Susanna genauer zu betrachten.
    Â»Braut?« Susannas Lächeln erstarb, sie versuchte, Giovanna zu
korrigieren, aber die ließ ihr keine Chance.
    Â»Der Hauptkommissar behauptet zwar, dass du Francesco nicht heiraten
wolltest, aber das ist doch ein Irrtum, vero? Francesco hat gesagt, der Name
seiner Braut wäre eine Überraschung! Und wie wir überrascht gewesen wären! Wie
glücklich!«
    Sie drückte Susanna noch einmal an sich. Aber nur kurz, dann löste
sich Susanna nachdrücklich aus ihrer Umarmung. »Woher kennst du Herrn Wolf?«
    Das war der Augenblick, in dem das Taxi um die Ecke bog. Hastig
erläuterte Giovanna die verwandtschaftlichen Verhältnisse, dann rief der
Taxifahrer aus dem Fenster: »Haben Sie einen Wagen bestellt?«
    Giovanna löste sich schweren Herzens von Susanna, nur die Aussicht,
sich am Abend bei der Chorprobe wiederzusehen, verlieh ihr die Kraft, das Taxi
zu besteigen, das mit quietschenden Reifen losfuhr, kaum dass die Tür
geschlossen war.

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