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Tod im Dünengras

Tod im Dünengras

Titel: Tod im Dünengras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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»Wenn das so ist, verrate ich natürlich auch nicht, wo Sie sich in
der letzten Nacht rumgetrieben haben!«
    Kurz darauf wurde Fietje zu aufgeregten Eltern gerufen, deren Kind
in eine spitze Muschel getreten war. Erst in diesem Augenblick fiel Carlotta
ein, dass sie die Gelegenheit versäumt hatte, Fietje vom Inselchor zu erzählen.
Außerdem musste sie endlich irgendwo loswerden, dass Vera sie am Ende der Probe
gelobt hatte. Musste sie etwa nach Umbrien telefonieren oder warten, bis sie
auf ihrem Dorfplatz über ihre Erlebnisse in Deutschlands kaltem Norden
berichten konnte?
    Sören schob seinem Chef eine Tafel Trauben-Nuss-Schokolade
hin. »Rudi hat kürzlich einen größeren Vorrat angelegt. Damit Sie nicht jedes
Mal zum Bäcker laufen müssen, bevor Sie mit der Staatsanwältin telefonieren.«
    Erik wusste nicht, ob er sich darüber freuen oder ärgern sollte, von
seinen Mitarbeitern derart durchschaut zu werden. Schließlich grummelte er: »Es
ist doch gut, Kollegen zu haben, die mitdenken.«
    Er genehmigte sich ein großes Stück und bestand darauf, dass auch
Sören sich bediente. Dann fühlte er sich tatsächlich wundersam gestärkt und
wählte die Nummer der Staatsanwältin.
    Sie begrüßte ihn kurz angebunden: »Moin, Wolf! Was gibt’s?«
    Erik entschloss sich, genauso knapp zu schildern, was ihn bewegte. Als
er fertig war, wusste er, dass die Staatsanwältin selber in keinster Weise
bewegt war.
    Â»Das glauben Sie doch selbst nicht, dass die Mafia sich auf Sylt
breitmachen will!«
    Â»Alles spricht dafür.«
    Â»Alles? Was denn? Dass irgendein Kleinkrimineller den Mafioso
spielt?«
    Â»Wir wissen nicht, ob es so ist. Wir kennen ihn ja nicht, diesen … Kleinkriminellen.«
    Â»Dann finden Sie erst etwas über ihn heraus. Aber behalten Sie Ihren
Verdacht für sich, bis Sie mehr wissen. Auf keinen Fall darf die Bevölkerung
beunruhigt werden.« Sie spuckte ihm ein verächtliches Lachen ins Ohr. »Mafia!
Die Leute machen sich ja gleich in die Hosen, wenn sie das Wort nur hören.«
    Â»Harm Ingwersen ist jedenfalls in großer Sorge, und er ist ein
vernünftiger Mann, der sich nichts vormachen lässt.«
    Â»Ich bin sicher, dass er kein großes Risiko eingeht, wenn er sich
weigert zu zahlen. Der Möchtegern-Mafioso wird ihm vielleicht noch ein paar
Fenster einwerfen, aber dann klein beigeben und ihn in Ruhe lassen.«
    Â»So wie bei Henner Jesse?«
    Â»Wer sagt denn, dass der mit diesem sogenannten Schutzgelderpresser
was zu tun hat? Womöglich betrügt der seine Frau, wollte sich mit seiner
Geliebten nachts am Strand ein bisschen amüsieren und hat den Fehler gemacht,
seine Brieftasche mitzunehmen. Das erklärt auch das Verhalten seiner Frau.«
    Â»Aber Herr Ingwersen sagt, der Erpresser hätte vorher darauf
hingewiesen, dass einem Gastwirt, der ebenfalls nicht zahlen wollte, etwas
zustoßen wird.«
    Â»Menschen, die Angst haben, verstehen vieles so, wie es ihnen die
Angst vorgaukelt. Das wissen Sie doch selbst!«
    Erik konnte Sörens intensiven Blick plötzlich nicht mehr ertragen.
Anscheinend wartete sein Assistent darauf, dass er der Staatsanwältin Dampf
machte und sie von der großen Gefahr überzeugte, die auf Sylt zukam. Aber Erik
verspürte nach Frau Dr. Specks Worten eine seltsame Erleichterung und war froh,
dass er nicht mehr an die große Gefahr glauben musste. Sören hatte sich
vermutlich, ohne es selbst zu wissen, an dem Thema seiner Examensarbeit
berauscht. Sicherlich hätte er nie damit gerechnet, all das, was er während der
Vorbereitung auf sein Examen gelernt hatte, jemals in der Praxis anwenden zu
dürfen. Aber wenn Frau Dr. Speck nichts von Schutzgelderpressungen auf Sylt
wusste und nie davon gehört hatte, dass eine solche Gefahr auf deutsche
Nordseeinseln zukam, dann war vielleicht wirklich nichts dran. Ihre Idee, dass
ein Kleinkrimineller sich als Mafioso ausgegeben und für Angst und Schrecken
gesorgt hatte, gefiel Erik viel zu sehr, als dass er etwas dagegen einwenden
wollte.
    Â»Herr Ingwersen hat eine genaue Beschreibung des Erpressers
abgegeben«, sagte er, weil er unter Sörens Blick das Gespräch nicht so schnell
beenden konnte. Sein Assistent durfte nicht den Eindruck haben, dass sein Chef
sich von persönlichen Ängsten leiten ließ.
    Â»Kommen Sie nicht auf die Idee, die

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