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Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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zweiten Apfelwein trinken, mußte man sich ein zweites Billett kaufen. Hatte man vor, sich einen kleinen Rausch zuzufügen, stellte sich automatisch die Frage, wohin mit all den Brezeln. Herr Schweitzer hätte den zuständigen Beamten gerne einmal kennengelernt, woraus aber nichts werden konnte, solche Paragraphenreiter fallen in der Regel die Karriereleiter so weit hinauf, daß sie für Normalsterbliche unerreichbar wurden. Wesentlich einfacher gestaltete sich die Sache, mietete man den Ebbelwei-Expreß samt Personal, dann durfte man nämlich eigene Getränke mitbringen, und die Frage der Brezelentsorgung wurde zur Makulatur.
    Ein Ebbelwei-Expreß an der Stadtgrenze zu Isenburg konnte nur bedeuten, er war gemietet, denn hier gab es keine Sehenswürdigkeiten, mal abgesehen von dem alten Fachwerkhäuschen, wo ganz früher Fahrkarten verkauft wurden, aber das war bestimmt schon fünfunddreißig Jahre her. Herr Schweitzer hätte in seiner Berufslaufbahn gerne einmal den Ebbelwei-Expreß gesteuert, hatte er doch auf so einem K-Tw 105 einen Teil seiner Ausbildung zum Straßenbahnschaffner absolviert. Als Gast war er allerdings auch noch nie mitgefahren, was er sehr bedauerte, doch tröstete er sich damit, daß der Mensch nun mal so ist, die vor der Haustür liegenden Angebote werden immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Er fragte sich, wieviele Pariser wohl noch nie auf dem Eifelturm und wieviele New Yorker noch nie auf den Twin Towers waren. Okay, Letzteres hatte sich von selbst erledigt. Ganz feste nahm er sich vor, demnächst mal den Ebbelwei-Expreß zu besteigen, bevor auch dieser fehlgeleiteten religiösen Eiferern zum Opfer fiel. Man war ja heutzutage nirgendwo mehr sicher. Und derweil er über den gerade abfahrenden Ebbelwei-Expreß sinnierte, überkam ihn eine ebenso absurde wie geniale Eingebung. Wie wär’s, wenn wir die Sahara, wo Herr Schweitzer in seinen Tagträumen bekanntlich lebensunwertes Leben aufeinander schießen ließ, einfach in den Ebbelwei-Expreß verlegen? Die zwei Stationen währende Waldstrecke bis zur Louisa war geradezu wie geschaffen für ein lustiges Gemetzel zwischen Russen und Italienern. Kein Mensch außer den Vorgesehenen würde Schaden nehmen, wenn man es nur geschickt genug anstellte. Herr Schweitzer war sehr aus dem Häuschen. Man würde die Parteien auf ein klärendes Gespräch einladen, so könne es ja nicht weitergehen mit der Doppelbelastung, kein Mensch wäre dazu zu bewegen, und dann würde man unter irgendeinem Vorwand, vielleicht, daß die Blase drücke, den Ebbelwei-Expreß verlassen, ein im Wald postierter Kamerad würde einen gezielten Schuß auf die Scheibe abgeben, woraufhin die diversen Mafiosi panikartig, Pistolen hatten sie ja traditionell immer parat, den jeweiligen Gegner zur Strecke zu bringen versuchten. Hihihi, freute sich Herr Schweitzer und rieb sich die Hände. Bald hat’s ein End mit den terriblen Zuständ’, dichtete er in dem Hochgefühl, dem Leben bald wieder gewogener entgegentreten zu können.
    Die Linie 14 setzte sich in Bewegung, und wer Herrn Schweitzer sah, konnte sich des Gefühls nicht erwehren, hier hatte einer das große Los gezogen. Er freute sich darauf, seine Idee weiterzuerzählen. Natürlich, hier und dort mußte man noch nachbessern, aber das war bei Rohfassungen durchaus gängig. Auffallend war allenfalls die Absurdität des Ganzen, doch waren die mafiösen Machenschaften nicht ebenfalls absurd, grenzte es nicht sogar schon an Perversität, man solle Geld dafür zahlen, sein Lokal nicht in Flammen aufgehen zu sehen, in Ruhe seinem Broterwerb nachgehen zu können? Na also, dachte Herr Schweitzer, Perversitäten war eben nicht anders beizukommen als mit Waffen derselben Schlagkraft. Was wohl René davon halten würde, den er jetzt ganz fix aufzusuchen gedachte. Bald wird sich das hanebüchene Trauerspiel seinem verdienten Ende zuneigen. Ermüdet von so vielen Gedankenspielen schnaufte er ordentlich durch, immerhin verbraucht das menschliche Hirn zwanzig Prozent des Energiebedarfs, bei manchen mehr, bei vielen weniger.
    Als Herr Schweitzer im Frühzecher eintraf, hatte René schon einiges hinter sich. Gleich nach dem Polizeianruf wollte er zurück in die Gartenlaube, um Fjodor Alenichev zu töten. Earthquake-Werner hatte, obwohl seine innere Regung der seines Chefs entsprach, alle Mühe darauf verwenden müssen, René von dieser Kurzschlußhandlung abzubringen. Man sei doch nicht mehr der Jüngste, das, was sie von den

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