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Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Rabauken von damals unterscheide, seien Souveränität und Würde. Ja früher, als man noch Ambitionen hegte, das Frankfurter Rotlichtmilieu zu kontrollieren, waren solche Methoden vielleicht adäquat gewesen. René solle doch bitteschön mal kurz überlegen. Das hatte er dann auch getan, doch das Ergebnis war, daß René sich sofort aufmachen wollte, statt Fjodor die Hintermänner, deren Adressen man nun ja dank Herrn Alenichevs Redseligkeit besaß, der Reihe nach umzunieten. Das könne er sich doch nicht bieten lassen, wenn er damit erstmal anfange, tanzten ihm bald alle auf dem Kopf herum. „Guck dich doch mal um, die Fensterscheibe, der Fußboden … Kaputt.“ „Hör zu“, hatte ihm Earthquake-Werner daraufhin entgegnet, „du legst dich jetzt erstmal schlafen, und wenn du hinterher immer noch alle umnieten willst, Albert und ich helfen dir dabei.“ Anfangs hatte René noch Widerstand geleistet, gesagt, das sei gehupft wie gesprungen, ob er vor seinem Gemetzel noch schlafe oder nicht, war dann aber doch nach oben gegangen, um sich auf seinem Notbett im Büro hinzulegen.
    Als René dann am späten Nachmittag wieder nach unten gekommen war, hatte er sich zwar etwas beruhigt, sprach auch nicht mehr von wahlloser Abmurkserei, war aber dennoch so aufgewühlt, daß er am liebsten losgezogen wäre, den Russen eine „Abreibung, aber eine gewaschene“ zu verpassen. Earthquake-Werner kannte seinen Chef bestens und wußte, was half. Tequila. Nun, da Herr Schweitzer sich an Renés Tisch niederließ, hatte der Frühzecher-Wirt bereits einen signifikant hohen Alkoholisierungsgrad erreicht. Eine Glaserei setzte gerade neue Scheiben ein, eine Rolladenfirma ein paar neue Lamellen und ein Versicherungsagent notierte den Schaden. Die Brandspuren auf dem Boden waren bereits restlos entfernt.
    „Setz dich.“
    Herr Schweitzer saß bereits.
    „Magst du einen Tequila? Geht aufs Haus.“
    Gebranntes Kind scheut das Feuer, dachte sich Herr Schweitzer, und lehnte dankend ab. „Nein, heute keinen Alkohol.“
    „Wie du meinst. Die haben versucht, mir den Laden abzufakkeln.“
    „Wer?“
    „Wer, wer? Die halt“, entgegnete René unwirsch.
    Herr Schweitzer verstand, René dürfte also momentan sehr empfänglich für seine Vorschläge sein. Bei Herrn Schweitzer selbst hatten sich nämlich schon erste Zweifel eingeschlichen. In den nächsten sieben bis acht Minuten erläuterte Herr Schweitzer seine Gedanken dem Frühzecher-Wirt. Natürlich, im großen und ganzen müsse noch immens an den Feinheiten gearbeitet werden, doch langfristig gesehen winke eine aller Sorgen ledige, rosige Zukunft, erklärte Herr Schweitzer abschließend.
    René, der dem Vortrag erst gelangweilt, dann mit offenem Mund zugehört hatte, schüttelte sich wie ein Hund, der gerade aus dem Wasser kam. Herr Schweitzer fürchtete schon als Spinner abgetan zu werden, doch René sagte nichts, starrte ihn nur mit großen Augen an.
    Herr Schweitzer war es nicht gewohnt, so angestarrt zu werden. Er fühlte sich unbehaglich. Fast hatte er sich schon damit abgefunden, daß es nun nichts werde mit seinem Plan, Sachsenhausen aus der Misere auferstehen zu lassen.
    Umso überraschender Renés Antwort: „Simon, Mensch Simon. Wer hätte das gedacht, unser Simon, kommt immer daher als könne er keiner Fliege was zuleide tun, und dann sowas. Mensch Simon, magst du nicht doch einen Tequila?“
    „Nee, laß mal, gestern war noch heftig.“
    „Aber wie du bereits sagtest, die Feinheiten …“
    „Ich weiß, die Feinheiten …“
    „Noch nicht dramatisch genug.“
    „Noch nicht dramatisch genug?“
    „Nein, überhaupt nicht. Guck dich um.“ René deutete auf die Aufräumarbeiten. „Das ist Dramatik, verstehst du?“
    „Äh, ehrlich gesagt …“
    „Den Frühzecher abfackeln, das ist Dramatik pur. Darauf verstehen die sich. Auf Dramatik.“
    „Aber so ein Gemetzel im Ebbelwei-Expreß …“
    „… ist ja auch nichts zu sagen gegen, glaub mir, bin ich absolut dafür. Aber …“
    „Aber was?“
    „Der Ort, Simon, Mensch Simon, der Ort.“
    „Was soll mit dem sein?“
    „René hatte sich nachgeschenkt, das Salz der Tequilaprozedur war bereits auf die Hand gestreut, als er bemerkte, daß noch was fehlte. „Werner, ich brauch noch Zitronen. Beeil dich.“
    Und Earthquake-Werner, der froh war, seinen Chef nicht mehr vor unüberlegten Handlungen bewahren zu müssen, beeilte sich.
    „Ja, Simon, der Ort. Hat nichts Dramatisches an sich. Da fehlt die Würze, sag ich dir, ich

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