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Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Tod im Ebbelwei-Express (German Edition)

Titel: Tod im Ebbelwei-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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kenn mich da aus. Von früher noch, du weißt.“
    Herr Schweitzer kam da nicht ganz mit. Gewürzte Orte waren ihm doch sehr fremd. „Nein, ich weiß nicht.“
    „Mensch Simon, wenn du ein Fanal setzen willst, und das wollen wir doch, dann machst du das nicht in einem einsamen Waldstück, wo keine Sau zuguckt. Damals, als die Albaner unseren Puff in der Elbestraße … ach, was rede ich da? Auf jeden Fall, ein Fanal muß her, je größer desto besser.“
    „Gut, dann …“
    „Nichts ist gut, mitten in Sachsenhausen muß das passieren. Am Südbahnhof oder am Schweizer Platz. Ja, Schweizer Platz ist prima. Genau wie Napoleon, Arc de Triomphe und so, mitten im Zentrum, der Mann hatte ein Gefühl für große Auftritte, sag ich dir. Aber ansonsten, astrein dein Plan.“ Und: „Werner, komm doch mal her.“
    Vollkommen außer sich vom Tequila erklärte René seinem Kumpel Herrn Schweitzers Absichten. Der nüchterne Earthquake-Werner war zwar beileibe nicht so stimuliert wie René, doch hin und wieder nickte er anerkennend mit dem Kopf.
    „Na, was sagst du jetzt?“ wollte René am Ende wissen. „Unser Simon, hab ich nicht immer gesagt, der Kerl ist eine absolute Bereicherung für uns?“
    Earthquake-Werner war nicht bekannt, daß Herr Schweitzer eine absolute Bereicherung für wen auch immer sei. „Klar, hast du schon immer gesagt.“
    „Na also.“
    Herrn Schweitzer ging das alles zu schnell. In dem Grade, wie René seinen Plan über den grünen Klee lobte, waren ihm immer mehr Zweifel gekommen. Das ist doch absurd, das Ganze, dachte er, das kann doch nicht sein, wir können doch mitten in Sachsenhausen kein Massaker veranstalten, das geht doch bestimmt schief.
    „Natürlich müssen wir Bertha noch überzeugen“, erklärte René.
    „Oh, das dürfte einfach sein.“ Herr Schweitzer kannte die Weinfaß-Wirtin gut genug, um zu wissen, daß von dieser Seite keinerlei Einwände zu erwarten waren. Ganz im Gegenteil, das Frankfurter Schlappmaul würde das Ganze noch zu toppen versuchen, indem sie ein paar ausrangierte Bundeswehrpanzer oder andere großkalibrige Geschütze organisierte. Auch müßte der Sachsenhäuser Karnevalsverein Requiems spielend den für das Massaker vorgesehenen Ebbelwei-Expreß am Tage der Entscheidung in voller Tracht begleiten. Herr Schweitzer schüttelte unbehaglich den Kopf. „Ich weiß nicht.“
    „Mensch Simon, mach dir keine Sorgen. Ist doch eins a, deine Idee. Bei den Angels haben wir noch ganz andere Dinger gedeichselt.“
    Das glaubte Herr Schweitzer gerne. Bisher war alles in seinem Leben in einem zumindest für ihn überschaubaren Rahmen verlaufen, doch hier würden Grenzen gesprengt werden, von denen er nie geglaubt hatte, sich ihnen auch nur auf Sichtweite nähern zu müssen. Er war niedergeschlagen, vermied jedoch, es nach außen zu zeigen.
    „Na gut, René, dann vereinbaren wir ein Treffen mit Bertha, wo wir das Ganze noch mal in Ruhe besprechen können.“
    Herr Schweitzer ging. Er wollte unbedingt mit Maria sprechen, die würde ihm schon die Flausen austreiben. Darauf hoffte er inständig, einer muß doch hier den Durchblick behalten. Wenn nicht Maria, wer dann?
    Maria hatte es sich mit einem Fachbuch über französische Skulpteure in der Spätrenaissance auf dem Sofa gemütlich gemacht, als Herr Schweitzer unerwartet auftauchte.
    „Na sowas, Simon, schön dich zu sehen.“ Küßchen rechts, Küßchen links. Als sensibles Wesen – nicht wehleidig, sensibel, das wird meist verwechselt, sensibel bedeutet gefühlsbetont auch anderen Menschen gegenüber, wehleidig bedeutet gefühlsbetont ausschließlich sich selbst gegenüber. Die meisten, die glauben sensibel zu sein, sind nämlich nichts anderes als wehleidige Jammerlappen – erahnte sie Herrn Schweitzers Seelenpein. „Komm rein und erzähl, was dich bedrückt.“
    Und Herr Schweitzer erzählte und sparte auch nicht mit geharnischter Kritik am eigenen Plan. Maria stand am Panoramafenster, schaute in den Garten und hörte zu. Als Herr Schweitzer seine Gedanken und Gefühle dargelegt hatte, drehte sie sich um und blickte Herrn Schweitzer intensiv in die Augen. „Simon, ich stimme dir zu, das Ganze ist absurd.“
    Herr Schweitzer atmete auf, eine Last war von seinen Schultern gefallen. Mit Marias Urteil war die Sache für ihn gestorben. Nie war ihm eine brave, solide, bürgerliche Existenz lohnender erschienen als in diesem Moment. „Gut, daß du das sagst.“
    „Aber …“
    Oh weia, wenn ein Satz schon mit Aber

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