Tod im Herbst
verübt. Diesmal im englischen Birmingham. Becker und die ihm noch verbliebene Komplizin waren spurlos verschwunden, als sich zwei Wochen später herausstellte, daß der betreffende Stein nicht echt war. Da Sommer war und in Florenz nichts von Belang passierte, schrieb Galli in der Nazion e einen langen, überwiegend hypothetischen Artikel unter der Überschrift MÖRDE R / DIE B SCHLÄG T WIEDER ZU . Zu dem Artikel gehörte ein Foto von Hilde Vogel, dasjenige, das der Hauptmann ihm gegeben hatte, weil er hoffte, so zu einer Identifizierung zu kommen, und eines von Mario Querci mit der Unterschrift Der einzige, der das Gesicht des weltbekannten Juwelendiebs kennt.
Für Querci bedeutete es das Ende.
Galli hatte ihn nach einiger Mühe aufgespürt. Querci war gerade aus dem Gefängnis entlassen worden und wohnte in einer Pension. Er war zu sechs Monaten verurteilt worden, und da er bereits neun Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte, ehe sein Fall zur Verhandlung kam, wurde er sofort auf freien Fuß gesetzt. Als Galli ihn fand, war er mittellos, denn theoretisch hatte er zwar Hild e Vogel s gesamte s Vermöge n geerbt , doc h de r Groß teil blieb unerreichbar für ihn in der Schweiz, gesperrt wegen der noch immer nicht abgeschlossenen Ermittlun ge n i m Fal l Vogel/Becker . Al s italienische r Staatsangehöri ge r hätt e e r da s Gel d ohnehi n nich t einführe n können . Die Villa , di e e r gleichfall s geerb t hatte , stan d zu m Verkauf , da sie aber so groß und in einem sehr vernachlässigten Zustand war, hatte sich kein Käufer gefunden. Das wenige Geld, das auf Hilde Vogels Florentiner Bankkonto lag, war zunächst beschlagnahmt, dann aber freigegeben worden, damit Querci die Kommunalsteuer für die Villa und Avvocato Heers Honorar bezahlen konnte. Galli gab Querci für das Interview einen kleinen Geldbetrag.
Einen Tag nach Veröffentlichung des Artikels erschien Querci im Borgo Ognissanti, sprach, unter Verweis auf irgendeine verworrene Story, von Polizeischutz und wollte zum Hauptmann vorgelassen werden. Maestrangelo war dienstlich unterwegs, und der Wachhabende erkannte ihn nicht. Querci hatte sich von dem Geld des Reporters einen angetrunken, und der Wachhabende hatte ihn weggeschickt. In der Woche darauf erschien Querci bei der Zeitung und wollte mit dem zuständigen Redakteur sprechen. Der Redakteur war bei einer Sitzung. Er fragte nach Galli, doch der war in Urlaub gefahren. Schließlich erbarmte sich ein blutjunger Reporter, der an diesem Tag nicht viel zu tun hatte, hörte sich fast eine Stunde lang Quercis Geschichte an und versprach dann, mit dem Redakteur über die Möglichkeit zu reden, einen Artikel zu bringen, in dem Quercis Forderung nach Polizeischutz unterstützt würde. Er sagte das nur, damit sich der Mann besser fühlte. Es wirklich zu tun, hätte er nie gewagt , den n e r wa r ers t sei t eine m Mona t be i de r Zeitung.
Irgendwi e beka m de r Hauptman n Win d vo n Quercis Besuch und rief Guarnaccia an.
»Sehe n Si e ma l zu , o b Si e ih n finden . I n de r Zeitung steht , e r hab e i n de r Pensio n i n de r Vi a Sant’Agostino gewohnt, als Galli ihn interviewt hat, aber dort ist er ausgezogen. Sie können ja die anderen Adressen abklap pern.«
»Glauben Sie, er hat wirklich Angst?«
»Wahrscheinlic h schon , wen n e r Galli s überzogenen Artikel geglaubt hat. Und selbst wenn er keine Angst hat, braucht er offensichtlich Hilfe, irgendeine Arbeit, für den Anfang.«
»Vielleich t kan n ic h wa s tun . Ic h hab e sowies o versucht, ih n z u finden , den n sein e Fra u is t be i mi r gewesen . Die Familie weiß natürlich nichts davon, aber sie möchte ihn sehen. Wenn wir ihm einen Job vermitteln könnten, dann würden sie sich vielleicht wieder aufrappeln.«
»Gut, halten Sie die Augen offen. Wenn er hier auftaucht, schicke ich ihn zu Ihnen rüber.«
Zwei Wochen vergingen, aber von Querci wurde nichts gehört. Als Galli aus dem Urlaub zurückkam, rief der Hauptman n ih n a n un d macht e ih m schwer e Vorwürfe. Gall i wa r ehrlic h zerknirscht.
»Ich dachte, der arme Teufel brauchte Geld. Ich mußte eine gute Story daraus machen, sonst wäre ich nie damit durchgekommen . Ic h werd e ma l sehen , o b ic h ih n auftrei be n kann.«
»Ja, tun Sie das.«
»Kein e Sorge , ic h werd e ih n finden . E r ha t ein e schwere Zeit durchgemacht. Ich wollte ihm doch nur helfen.«
Galli brauchte drei Tage, bis er ihn aufgespürt hatte. Er wohnte illegal in einer schäbigen Absteige,
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