Tod im Herbst
die einer Frau gehörte , di e noc h dre i ander e unangemeldet e Hausbe wohner hatte, darunter zwei kleine Betrüger. Bei seinem Gespräc h mi t ih r sagt e Gall i nicht , we r e r war , u m zu verhindern, daß Querci aufgeschreckt würde. Er rief den Hauptman n an , de r Guarnacci a losschickte . D a Querci nich t anwesen d war , hinterlie ß e r ein e Nachricht . Die Wirtin, die sich neugierige Carabinieri in ihrem Haus nicht leisten konnte, gab die Nachricht nicht weiter, son der n war f Querc i hinaus , sobal d e r zurückgekehr t war.
Tags darauf, um fünf Uhr nachmittags, ging ein verwahrlost aussehender Mann in Gegenwart zahlreicher Zeugen, die ihn später als »verworren« beschrieben, direkt auf die Brüstung des Ponte San Niccolò zu und stürzt e sich , ohn e eine n Momen t z u zögern , i n di e Tiefe. Zwei der Umstehenden sprangen hinterher und zogen ihn ans Ufer, doch es war Hochsommer und der Arno führt e seh r weni g Wasser . Querc i wa r mi t de m Kop f auf dem Brückenfundament aufgeschlagen. Er war innerhalb von Sekunden tot.
Der einzige Mensch, den um Hilfe zu bitten er nicht in Erwägun g gezoge n hatte , wa r de r Wachtmeister , de r die Verantwortun g dafü r trug , da ß e r in s Gefängni s gekom me n war.
Vielleich t auch , wei l sic h ih r Verhältni s sei t de m To d Ma ri o Querci s abgekühl t hatt e – jedenfall s rie f Gall i sofort nac h Erhal t de r Nachrich t Hauptman n Maestrangel o an. Nich t nur , wei l e r ein e wertvoll e Kontaktperso n war, sondern weil er den Mann mochte und respektierte. Und überhaupt, es war ebenso unbefriedigend wie illegal, den üblichen Pressekonferenzen immer schon deswegen einen Schrit t vorau s z u sein , wei l e r de n Polizeifun k abhört e und nicht, weil er einen guten Verbindungsmann hatte.
»Ich dachte mir, Sie würden es gern erfahren«, sagte er eines schönen Frühlingstages im Jahr darauf, »daß wir jetz t di e vollständig e Geschicht e vo n Walte r Becke r haben – erinnern Sie sich? – Diebstähle, Morde, die ganze Pa lette.«
»Sie meinen, man hat ihn erwischt?« Der Hauptmann war fast enttäuscht, nicht bei der Vorstellung, die Polizei irgendeines anderen Landes könnte seinen Mann ge schnapp t haben , sonder n wei l Becke r i n seine r Vorstellung inzwischen zu einer Art von unbesiegbarem Superverbreche r geworde n war.
»Nein, man hat ihn nicht erwischt«, sagte Galli, »sonst hätten Sie’s schon vor mir gehört. Er ist tot. Vor ein paar Tagen in seinem Haus in New York an Herzversagen gestorben. Offenbar war ihm aber der Gedanke unerträglich, von uns zu gehen, ohne dafür gesorgt zu haben, daß sein großes Genie in der ganzen Welt bekannt würde. Er hatte sämtliche Einzelheiten seiner erfolgreichen Verbrecherkarriere bei seinem Anwalt hinterlegt, sie sollten nach seine m To d a n ein e groß e deutsch e Zeitun g geschick t wer den . Ei n Bekannte r vo n mir , de r be i diese r Zeitun g arbei tet, hat die ganze Geschichte aufgeschrieben und mir zu geschickt . Ic h bearbeit e si e gerade . Sobal d ic h heut e abend fertig damit bin, könnte ich Ihnen das Material schicken. Das heißt, wenn Sie interessiert sind.«
»Gern , viele n Dank . Gib t e s den n irgendein e Erklärung, warum er Signora Vogel ermordet hat?«
Gall i lachte . »Da s is t einfach . E r ha t di e zweit e Kompli zin ebenfalls umgebracht, einen Monat nach dem letzten Diebstahl in England. Der Tod von Hilde Vogel und die Sach e mi t de m Soh n hatte n nicht s miteinande r z u tun . Der Grun d wa r simpel . Becke r wa r fünfundfünzig.«
»Fünfundfünfzig...?«
»Genau. Er ist in den Ruhestand getreten.«
Als gegen acht Uhr abends das Paket mit den Unterla ge n eintraf , macht e Maestrangel o sofor t seine n Schreib tisch frei und bat darum, nur in dringenden Fällen gestört zu werden. Es war eine Unmenge von Papier, eng be schriebe n i n eine r winzigen , fanatisc h ordentliche n Hand schrift, mit roten Unterstreichungen und durchnumerier te n Listen . E s wa r frustrierend , da s deutsch e Original nich t lese n z u können , abe r immerhi n wa r di e grob e Über setzung beigefügt, die Galli für seinen Artikel angefertigt hatte . Di e Liste n betrafe n di e Juwelen , di e Becke r gestoh len hatte. Sie waren unterteilt in verschiedene Rubriken für Karat, Schliff, Klarheit, Farbe, Datum des Diebstahls sowie Kosten der Anfertigung der Kopie, des Umschleifen s un d de s Verkauf s de s Originals . Berechnet wurde auch der Verlust, der beim
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