Tod im Herbst
Knie.
»Hat es mit dem englischen Richter irgendwelche Schwierigkeiten gegeben?« erkundigte sich der Hauptmann, als ob in der letzten halben Stunde nichts von Belang passiert wäre. Was den Staatsanwalt noch mehr amüsierte.
»Nein«, sagte er und hielt inne, um den Wachtmeister anzusehen. »Nichts. Der Junge hat in meiner Gegenwart de m Vate r di e Umständ e diese s kleine n Vorfall s erklärt . Er is t inzwische n au s de m Krankenhau s entlasse n worden . Er und sein Vater sind bereit, hierzubleiben, bis wir den Jungen als Zeugen vorladen. Und jetzt, wenn es nicht zuviel verlangt ist, würde ich gern etwas über den Fall erfahren , i n de m e r Zeug e ist . Ic h bi n i n diese r Sach e nicht sehr gut informiert.«
»De r Fal l Becker« , erwidert e de r Hauptman n ruhig . »In ein paar Tagen haben Sie meinen Bericht.«
»Aha. Ein Doppelmord, ja ? Gibt es ein Motiv?«
»Beseitigung von Belastungszeugen.«
»Beseitigung von Zeugen. Zeugen wofür? Maestrangelo, Sie haben doch nicht irgendwo noch eine Leiche in petto, die Sie mir verschwiegen haben?«
»Nein, nein.«
»Gut . Si e scheine n j a z u alle m fähi g z u sein , abe r viel leicht sollte ich die Frage an den Wachtmeister hier rich ten.«
Der Wachtmeister hob nur seine großen Augen und guckt e ih n stum m un d verständnislo s an . De r Staatsanwalt gab seinen ironischen Ton auf.
»Also, Capitano? Zeugen wofür?«
»Diebstahl. Besser gesagt, eine Serie von Diebstählen, verübt in dreizehn europäischen Städten, in einem Zeitraum von etwa zwölf Jahren.« Er zog ein Telex aus der Tasche . »Ic h hab e mic h heut e frü h mi t Interpo l i n Verbin dung gesetzt. Das hier ist eine kurze Zusammenfassung, die vollständigen Informationen sollten uns im Laufe des Tage s zugehen.«
Der Staatsanwalt warf einen Blick auf das Telex und legt e e s dan n beiseite . »Si e fange n a m beste n gan z vo n vorn an.«
De r Hauptman n began n i n Mainz , be i de m hochintelli genten, kaltblütigen Mann, der andere gern der Lächerlichkeit preisgab, der ein Publikum brauchte und der sich ganz offen zwei Geliebte gehalten hatte.
»Er und die beiden Frauen verließen Mainz, zwar nicht gemeinsam und zum selbem Zeitpunkt, aber doch alle innerhalb eines Jahres. Hilde Vogel ging nach Florenz, wei l si e hoffte , mi t ihre m Vate r lebe n z u können . Vo n der anderen, sie hieß Ursula Janz, wissen wir nichts. Mainzer Gerüchten zufolge ging Becker entweder nach New York oder nach Amsterdam. Ich schätze, daß es Amsterdam war , un d da ß e r sic h sei n neue s Lebe n scho n zurechtgelegt hatte. Nachdem er jahrelang mit Juwelen gehandelt hatte, kannte er sich aus. Er mußte jetzt nur noch das Schleifen lernen.«
»Wenn das stimmt, dann wird es ja leicht zu überprüfen sein.«
»Ich nehme an, daß die Ermittlungsbehörden der betreffenden Länder in den ungefähr acht Jahren, die sein Fall bei Interpol gemeldet ist, schon alles überprüft haben. Sei n Lehrer , we r imme r e s war , dürft e fü r sei n Könne n wie für seine Verschwiegenheit eine Menge Geld bekommen haben. Und nach Beckers jüngster Form zu urteilen, hatte er dann wohl nicht mehr lange zu leben.
Sobald Becker sich die nötigen Kenntnisse angeeignet hatte , gin g e r nac h eine r überau s simple n Method e vor . Er betritt einen Juwelierladen und sucht sich einen Stein aus, de n e r fü r sein e ›Ehefrau ‹ fasse n lasse n will . E r kenn t sich au s au f de m Gebie t un d unterhäl t sic h ein e ganz e Weil e mit dem Juwelier. Er ist gut angezogen, sieht distinguiert, intelligent und sehr vertrauenswürdig aus. Nachdem er das Gewicht und den Schliff des Diamanten festgestellt und ihn sich genau angesehen hat, verläßt er das Geschäft mit der Zusage, am nächsten Tag mit seiner Frau wieder vorbeizukommen. In der Zwischenzeit fertigt er eine Ko pi e de s Stein s an . Tag s darauf , wiede r i m Geschäft , geh t der Edelstein von Hand zu Hand, vom Juwelier über Becker zu der Frau. Zurückgegeben wird jedoch die Kopie. Becker und seine Frau verlassen das Geschäft, um bei einer Bank die Überweisung der Kaufsumme zu arrangieren, wa s völli g norma l ist , d a nieman d mi t s o vie l Bargeld herumläuf t un d ei n Schec k vo n eine m Unbekannte n nicht angenommen wird. In einigen Fällen kam der Diebstahl ers t Woche n späte r heraus , i n eine m Fal l ers t nac h sechs Monaten . E s hin g imme r davo n ab , wan n de r betreffende Edelstei n verkauf t ode r gefaß t werde n
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