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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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wird bestimmt lustig, nicht wahr?« Lauri nickte, sah aber immer noch sehr ernst drein. »Da kaufen wir uns im Limonaden-Baum Limonade und fahren mit dem Boot zu der Insel, wo Pippis Papa Negerkönig ist. Bestimmt! Und baden werden wir auch.«
    Oben auf Deck hörte man in diesem Augenblick einen Schrei, ein abgrundtiefes Heulen aus der Kehle eines erwachsenen Mannes. Lauri kniff die Augen zu und hielt sich die Ohren. Er hatte es gewußt. Das Geisterkind hatte sie gepackt und mit seinem Messer erstochen. Da erschien Mattis Gesicht in der Tür.
    »Anja, gib mir das Handy. Wir müssen die Polizei anrufen.«

13
    Die Feriengäste! Die fielen Mona erst wieder ein, als das Auto schon den Hügel zum Schuppen hochkam. Olov hatte versprochen, sie am Schiff abzuholen. Jetzt waren sie da. Sie trocknete sich die Hände am Rock ab. Am liebsten hätte sie ja das Strandhäuschen, ehe sie kamen, noch mal bei Tageslicht angeschaut. Aber dazu war es jetzt zu spät. Wenn Anselm nicht aufgewacht wäre und die Aufmerksamkeit der Polizisten auf sich gezogen hätte, dann hätte sie es geschafft. Mona hörte sie da draußen miteinander reden. Der Kies, der unter ihren Tritten knirschte, kündigte an, daß sie bald an der Tür klingeln würden.
    Es waren Wilhelms Schwester aus Stockholm und ihre Freundin. Sie kamen jeden Sommer, oft nur mit einem Tag Vorwarnung. Die ersten fünf Jahre lang hatten sie sich im Haus breitgemacht, waren im Schlafanzug mittags runtergekommen, hatten wie in einer Pension Frühstück bestellt und miteinander getuschelt, wie schmutzig das Badezimmer sei. Es war wirklich nicht leicht, alles sauber zu halten, wenn Wilhelm direkt aus dem Stall reinkam. Aber am schlimmsten wurde es, wenn sie mithelfen wollten und in ihren Schränken und Schubladen rumwühlten, um das Geschirr, das sie abgetrocknet hatten, unterzubringen. Wilhelms Schwester schaffte es immer, etwas zu finden, was der Mutter selig gehört hatte, ein Erinnerungsstück, das Wilhelm nach gehöriger Bearbeitung dann hergab. Ein Saftkrug hier und ein paar Weingläser da, eine Suppenterrine und handgearbeitete Handtücher. Wenn sie zurück aufs Festland fuhren, wogen die Rucksäcke schwer wie Blei, und Monas Schränke waren einmal mehr um das erleichtert, was von Wert war.
    Das Strandhäuschen war dann ein herrlicher Kompromiß gewesen. Da in der Gemeinde weiter Streit über dieses Thema herrschte, konnte man die Strandhäuser nicht vermieten, aber niemand konnte einen daran hindern, über den Sommer unwillkommene Verwandtschaft dort unterzubringen.
    »Wie schade, daß Wilhelm verreist ist.« Die klagende, etwas nasale Stimme der Schwester brach mit dem Zufallen der Haustür in den Flur ein. Immer nahm zuerst die Stimme den Raum ein, ehe sie selbst sich körperlich zeigte. Sie hakte ihre Freundin unter, und die beiden tauschten vertrauliche Blicke aus, ehe sie guten Tag sagten.
    Mona hatte das schon öfter bemerkt und sich ihren Teil gedacht. Die Matratzen, die von den in der Wand befestigten Betten auf den Fußboden hinuntergezogen und zu einem gemeinsamen Bett zusammengeschoben worden waren, hatten ihren Eindruck von der Sache noch verstärkt. Leben und leben lassen. Das war ihr völlig egal. Die beiden Frauen wurden sich mit jedem Jahr immer ähnlicher. Dieses Jahr waren schwarze dicke Brillengestelle und lila Hosen angesagt. Auch die Stimmen und Bewegungen waren bis zur Perfektion synchronisiert. Wilhelms Schwester hieß eigentlich Sofia, nach Sophia Loren, aber das paßte überhaupt nicht zu ihr. Entweder hatte die Natur ihr einen Busen verweigert, oder sie hinderte die Natur daran, sich zu entfalten. Ihre Freundin war dafür um so üppiger.
    Beim Zusammentreffen mit Leuten fiel ihr am schwersten, daß man ihnen die Hand geben und ihnen in die Augen sehen mußte. Mona hatte das ihr ganzes Leben gehaßt. Wenn sie sich einen Ruck gab, konnte sie sich dazu zwingen, mußte sich aber immer selbst Gewalt antun. Sie wußte nicht, woher das kam, bis sie einmal an einem Weihnachtsmorgen in der Waschküche stand und mit sich selbst rang. Sie wollte zum Weihnachtsfest zu Henrik gehen, das war, bevor Wilhelm sich da unmöglich gemacht hatte, aber sie wollte nicht allen Leuten die Hand geben müssen. Beim ersten Mal hatte sie sich ein paar weiße Baumwollhandschuhe angezogen und behauptet, sie litte unter einem nässenden Ekzem. Das hatte einmal funktioniert, konnte aber kaum ein zweites Mal gespielt werden. Sie haßte das, die Lügen und das Händeschütteln

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