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Tod im Jungfernturm

Tod im Jungfernturm

Titel: Tod im Jungfernturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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und Füchse, war ohne Probleme beim Melken herausgeglitten. Ohne an ihren blutverschmierten Morgenmantel und das zerzauste Haar zu denken, lächelte sie Henrik an.
    »Jetzt darf ich dich aber wohl zu einem Kaffee einladen, oder?«
    »Gern. Schließlich wird man nicht jeden Tag von einer Dame im Morgenmantel zum Kaffee eingeladen.«
    Mona wurde rot bis zum Hals und wandte sich ab. In der gemeinsamen Anstrengung hatte es eine Nähe gegeben, die sie hatte vergessen lassen, wer sie war.
    »Das haben wir doch gut gemacht, Mona. Ruf mich einfach kurz an, wenn der Kaffee fertig ist.« Noch ein paar Worte, und er hatte ihre schlimmste Verlegenheit weggezaubert. Er pfiff leise vor sich hin, als er durch den Regen ging. Dann drehte er sich noch einmal um.
    »Und wenn ich noch etwas für dich tun kann, dann sag einfach Bescheid. Versprich mir das. Du kannst dich auf mich verlassen. Ich kann mir denken, daß du es nicht leicht hast.«

    Mona ließ sich das Wasser übers Gesicht laufen und meinte Wilhelms Stimme zu hören. Er mochte es nicht, wenn sie mit dem warmen Wasser verschwenderisch umging. Und doch war sie diejenige, die morgens Feuer machte. Sie hoffte, daß die Kuh das Kalb annehmen würde. Beim letzten Kalben hatte eine Kuh ihr Kälbchen zu Tode gestoßen. Sie hatte es mit den Hörnern angeschubst, damit es aufstand, und hatte dann einfach nicht aufhören können. Dann hatte sie immer fester gestoßen, bis das Leben beschloß, wieder zu entweichen, obwohl es gerade erst begonnen hatte.
    Wilhelm hatte gesagt, die Kuh habe keine normalen Muttergefühle. Vielleicht hatte es mit Streß zu tun oder mit den Hormonen. Vielleicht aber war es auch das Zeichen der Mutter an das Kind, daß das Leben nicht lebenswert war, eine brutale Geste an das Neugeborene, wieder zurückzukehren. Was die Kuh getan hatte, war nicht so viel anders als das, was sie mit Arne getan hatte. Ein schmerzhafter Gedanke. Man konnte nichts ungeschehen machen, doch Mona wollte nicht mehr daran denken. Das Wasser spülte durch ihre Haare, floß über den Körper und reinigte sie.
    Gestern hatte Henrik sie eingeladen, mit in die Stadt zu fahren. Wilhelms Auto hatte die Polizei beschlagnahmt, ohne daß jemand darüber nachgedacht hätte, wie sie zurechtkommen sollte. Sie hatte nicht gewagt, danach zu fragen.
    Langsam tauchte wieder auf, was sie in der Nacht geträumt hatte. Sie erkannte den ständig wiederkehrenden Traum. Das Thema war immer dasselbe: Sie fuhr mit einem Auto in tiefes Wasser und ertrank allmählich. Manchmal fuhr sie selbst, manchmal saß jemand anders am Steuer. Zu der Zeit, als ihr Arne weggenommen worden war, hatte sie im Traum vorsichtshalber ein Taxi genommen, hatte jemand anders gebeten, die Verantwortung zu übernehmen. Doch als sie sich dem Hafengelände genähert hatten, hatte der Chauffeur nur gelacht und sie alle über die Kante gefahren. Ein gurgelndes, halb ersticktes Lachen. Sie hatte die Kinder auf dem Rücksitz gehabt und verzweifelt versucht, ihnen hinauszuhelfen. Aber sie hatte nur zwei Hände: eine für Olov und eine für Christoffer. Arne hatte sie in der Tiefe an fremde Menschen verloren. In der vergangenen Nacht war sie im Traum selbst gefahren. Neben sich hatte sie Wilhelms AK4 gehabt. Da blitzte der Gedanke auf: Wilhelms AK4! Das Gewehr mußte weg, ehe die Polizei kam und das Haus durchsuchen wollte. Wie hatte sie das nur vergessen können? Das AK4 hätte eigentlich im Auto liegen müssen, was sollte sie nun damit machen? Wilhelm hatte das Magazin und die Patronen in seinem Büro eingeschlossen, das hatte sie gesehen. Aber wo? Die Waffe selbst hing hinter dem Heizkessel im Keller.

    Es war ein seltsames Gefühl, den Schlüssel vom Bauernschrank in der Küche zu nehmen und die Tür zu Wilhelms Büro aufzuschließen. Mona hatte nur manchmal ein Stück von der braunen Tapete gesehen, wenn Wilhelm die Tür einen Spaltbreit öffnete und eine Tasse Kaffee entgegennahm. Es war, als würde er sie jeden Moment von hinten anfallen. Oscar II. und seine Familie beobachteten sie von ihrer erhöhten Position in dem Goldrahmen aus. An der unteren Kante des Bildes war mit Bleistift der Preis notiert: eine Krone und fünfundvierzig Öre.
    Mona ging zum Schreibtisch. Rechts stand, als hätte Wilhelm sie gerade weggestellt, eine Tasse mit einem Schluck Kaffee. Der Stuhl war zurückgezogen. Auf dem Fußboden lagen Wollsocken mit viel zu locker gestricktem Bündchen, es waren die ersten, die sie ihm gemacht hatte. Als hätte er sich

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