Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
hat er die Frau
ermordet. Entweder aus Angst, entdeckt zu werden, oder aus Ärger darüber, dass
der Versuch gescheitert war. Wenn die Hormone durcheinandergeraten, verlieren
manche Menschen die Kontrolle über sich selbst. Und Alkohol, der reichlich
geflossen sein soll, enthemmt zusätzlich.«
Christoph musste Große Jäger recht geben. Das war eine der
Hauptspuren, die sie verfolgen mussten.
»Warum hat Bunge mehrfach betont, ja – er ist fast zornig
geworden – als du gefragt hast, ob seine Frau sich gegen Anmache am
Arbeitsplatz hat wehren müssen?«
»Das ist mir auch aufgefallen.« Christoph sah sich um. »Vielleicht
weiß der Nachbar mehr«, sagte er und wandte sich zum Nebenhaus um. Das Schild
unterm Klingelknopf ähnelte dem der Familie Bunge. »Lange«, las Christoph vor
und strich gedankenverloren mit dem Zeigefinger über den Namenszug.
Der ältere Mann sah sie erstaunt an, als er die Tür öffnete und die
beiden Beamten erblickte.
»Wir sind von der Polizei Husum«, sagte Christoph. »Haben Sie einen
Moment Zeit für uns?«
Herr Lange reagierte überrascht wie viele Menschen, die plötzlich
der Polizei gegenüberstanden. »Ist etwas mit Bertram?«, fragte er und nickte in
Richtung des Nebenhauses. Ohne die Antwort abzuwarten, bat er die Beamten ins
Haus und führte sie ins Wohnzimmer.
Christoph sah sich automatisch um. Sein Blick blieb bei einem voll
ausgestatteten Computerarbeitsplatz haften. Herr Lange hatte es bemerkt.
»Mein Hobby«, erklärte er. »Wenn es meine Zeit erlaubt, bin ich im
Internet unterwegs. Man glaubt es nicht, dass Leute in meinem Alter – ich
bin schon über siebzig – Freude daran haben.« Er sah an Christoph vorbei
und sagte: »Meine Frau.«
Die grauhaarige Frau, die aus dem Hintergrund herangetreten war,
begrüßte die beiden.
»Die Herren sind von der Polizei«, erklärte Herr Lange.
»Was ist denn passiert, Lothar?«, fragte seine Frau, und es klang
erschrocken.
»Irgendwas mit Bertram«, sagte Lothar Lange. Ein blasser Schimmer
huschte über das Gesicht mit der gesunden Farbe.
»Es geht um Frau Bunge«, sagte Christoph.
»Heike?«, fragte das Ehepaar fast synchron.
Christoph berichtete in wenigen Sätzen, dass Heike Bunge einem
Verbrechen zum Opfer gefallen war, ohne Einzelheiten preiszugeben.
»Oh mein Gott.« Frau Lange hielt sich die Hand vor den Mund.
»Sie wollen aber nicht Bertram verdächtigen?«, fragte Lothar Lange.
»Die Polizei verfolgt verschiedene Spuren«, erwiderte Christoph
ausweichend. »Wir waren eben bei Ihrem Nachbarn, um ihm die Nachricht zu
überbringen. Bei einer solchen Tat versuchen wir uns auch ein Bild des Opfers
zu machen. Kennen Sie das Ehepaar Bunge gut?«
»Heike und Bertram?«, überlegte Lothar Lange laut. »Ja. Wir sind
seit zehn Jahren Nachbarn. Oder sind das schon mehr?« Als er Christophs
fragenden Blick gewahrte, ergänzte er: »Nicht hier. Wir haben schon in Husum in
der Nachbarschaft gewohnt.« Lange sah seine Frau an. »Das sind ruhige und
anständige Leute. Wir sprechen miteinander, passen während des Urlaubs auf den
Briefkasten des anderen auf, und im Sommer grillen wir auch mal zusammen oder
trinken ’nen Bier miteinander. Nein. Die sind in Ordnung.«
»Haben Sie irgendwann einmal etwas von Meinungsverschiedenheiten
gehört?«
Herr Lange lächelte schwach. »Meine Frau und ich – wir haben
die goldene Hochzeit überstanden, trotzdem gibt es die wohl in jeder Ehe. Das
wäre auch schlimm, wenn nicht. Nein. Krach, ich meine so einen richtigen, haben
die nie gehabt. Beide sind ungeheuer fleißig. Bertram ist oft die ganze Woche
über unterwegs. Und Heike hat auch viel zu tun, seitdem sie da in den
Reußenkögen ist. Wie gut haben wir das, was?« Er schenkte seiner Frau einen
Blick. »Ich war Berufssoldat in Husum bei der Bundeswehr. Danach sind wir
hierhergezogen. Vorher war ich in Münster stationiert. Bei der Luftwaffe. Ach
ja – Heike«, fiel ihm wieder ein. »Die waren ein glückliches Paar. Denen
hat es ja auch an nichts gefehlt. Und Kinder haben sie auch keine.«
»Haben Sie beobachten können, dass Heike Bunge Besuch empfangen hat,
wenn Bertram Bunge auf Reisen war?«
»Wie meinen Sie das?« In Lothar Langes Frage lag etwas Lauerndes.
Dann schüttelte er energisch den Kopf. »Nein. Da hat sich nichts abgespielt. Da
war nie jemand. Und sie selbst ist auch nie ausgegangen. Ganz selten mal, dass
sie nach Husum ins Kino ist. Oder irgendwo zu einem Vortrag. Doch – sie
war doch auf so einem
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