Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
Ärger
mit jemandem gab?«
»Natürlich war da Stress. Wundert Sie das? Aber das ist doch
normal.«
»Haben Sie mit Ihrer Frau über die Kurklinik gesprochen?«
»Kaum. Mensch! Wir haben uns fast gar nicht mehr gesehen. Sie war ja
Tag und Nacht in diesem Scheißladen. Und wenn ich am Wochenende nach Hause
gekommen bin, war sie kaputt. Alle.« Bunge hatte laut gesprochen. Er schrie
fast. Es war, als müsse er den beiden Beamten etwas erklären.
Christoph erinnerte sich, dass ihm verschiedene Zeugen von den
Annäherungsversuchen einiger der männlichen Gäste berichtet hatten. Und
Schwester Heikes Vorgesetzten, Dr. Aufgänger, hatte der Hausmeister ein
wenig vorlaut als »Draufgänger« bezeichnet. Diese Formulierung war mit
Sicherheit nicht am Vorabend entstanden.
»Hat Ihre Frau sich früher schon einmal über Aufdringlichkeiten am
Arbeitsplatz beklagt?«, fragte Christoph.
Bunge schenkte ihm einen giftigen Blick. »Was soll das heißen? Soll
Heike …? Sind Sie total bekloppt? So eine ist meine Frau nicht. Die geht
nicht fremd.«
»So war das nicht gemeint. Wenn Ihre Frau Aufdringlichkeiten anderer
ausgesetzt war, heißt es nicht, dass sie den Annäherungsversuchen auch
stattgegeben hat.«
»Neiiin!« Bunge sah Christoph mit Augen an, die ein wenig an
Fieberglanz erinnerten. »Natürlich ist sie immer wieder mal angemacht worden.
Nicht nur bei der Arbeit. Da liefen jede Menge Handwerker herum. Aber Heike
geht auf so was nicht ein. Sie geht nicht fremd. Ganz bestimmt nicht. Ich auch
nicht. Wir wissen, was wir aneinander haben. Wir lieben uns.«
»Wir haben von den Maurern auf der Baustelle gehört, dass …«
Bunge winkte ab. »Ach, hören Sie doch auf. Natürlich gucken die
Burschen jedem Rock nach. Aber Heike hat nie etwas verlauten lassen, dass jemand
übers Ziel hinausgeschossen ist. Sie hat darüber gelacht, dass es wohl einen
jüngeren unter den Maurern gab, der hinter jeder Frau her war. Der muss immer
notgeil gewesen sein.«
Christoph dachte an das andere Opfer, Schwester Elena, die im
Husumer Krankenhaus lag.
»Hat Ihre Frau irgendwann einmal einen Namen genannt?«
»I wo. Nur so ’n Schnösel. Sie sagte, der fährt regelmäßig irgendwo
am Wochenende zu seinen Eltern in den Süden.«
»Bayreuth?«
»Keine Ahnung.« Bunge winkte ab. »Der Typ muss wohl heiß gewesen
sein. Der hatte das ganz besonders auf eine junge Kollegin abgesehen, die
irgendwo aus dem Osten kam.«
»Schwester Elena?«
»Kann sein. Ich hab nicht wirklich hingehört, wenn Heike von der
Arbeit erzählt hat. Der Kerl hat alle angebaggert. Der hätte wohl gern jede
Frau flachgelegt.«
»Auch Ihre?«
Bunge schlug mit der Hand auf die Tischplatte. »Sind Sie schwer von
Begriff? Ich sagte schon, dass Heike für so was nicht empfänglich war. Die ist
nicht fremdgegangen. Nie!« Bunge atmete tief durch. »Und jetzt – raus! Ich
muss allein sein.«
»Wir müssen alle Alibis überprüfen«, sagte Christoph und hatte ein
wenig Scheu, dem Witwer die folgende Frage zu stellen. »Kann jemand bezeugen,
dass Sie bis gestern Abend oder heute Nacht im Emsland gearbeitet haben?«
»Sicher. Ich war doch nicht allein, sondern mit einem Kollegen auf
der Anlage.«
»Der ist mit Ihnen zurückgefahren?«
»Nee. Herberts Frau ist am Wochenende zu ihm gekommen. Der ist
dageblieben.«
Sie ließen sich noch den Namen des Arbeitskollegen geben.
Anschließend überreichte ihm Christoph seine Visitenkarte. »Wenn Ihnen noch
irgendetwas einfällt, dann melden Sie sich bitte bei uns. Es gibt grundsätzlich
keine Nebensächlichkeiten. Für uns sind auch scheinbare Bedeutungslosigkeiten
wichtig.«
Bunge nickte. »Ist in Ordnung.« Achtlos warf er die Karte auf den
Esstisch.
»Ist dir auch aufgefallen, dass der Ehemann gar nicht nach den
Umständen des Todes gefragt hat?«, wollte Große Jäger wissen, als sie wieder
vor dem Haus standen.
»Ist das verwunderlich? Das sind die Fragen aus Fernsehkrimis: ›Wie
ist das geschehen?‹ und ›Wer war das?‹. Menschen, die von solchen Nachrichten
überrascht werden, reagieren aber nicht nach Drehbuch. Wir bekommen immer mehr
Hinweise, dass sich Mirko Dreschnitzki an die Frauen herangemacht hat. Ich halte
ihn für einen der Hauptverdächtigen bei der Vergewaltigung Elena Petrescus.
Heike Bunge hingegen sah auf den ersten Blick nicht so aus, als wäre ihr Gewalt
angetan worden.«
»Und wenn es derselbe Täter ist, der zunächst versucht hat,
Schwester Heike zu vergewaltigen? Als das erfolglos blieb,
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