Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
fragte
Christoph.
Bolle strich sich mit der Hand über die Stirn. Es störte ihn nicht,
dass er dabei Putz auf den Haaransatz schmierte. »Da ist doch keiner von den
Scheißern da. Der Mirko ist in Bayern und hat vermutlich seinen Lohn versoffen.
Jetzt fehlen ihm die Mäuse für die Rückfahrt. Und der Heinz, die faule Sau,
hockt zu Hause in der Puch und kriegt den Hintern nicht hoch. Der kommt immer
nur, wenn er Geld braucht. Wenn seine Olle nicht arbeiten würde, wär der schon
lange verhungert. An deren Stelle hätte ich dem Kerl schon lange ’nen Tritt
verpasst.«
»War Kohlschmidt gestern da?«
»I wo. Freitag hat er sich den halben Tag verdrückt, ohne ’nen
Finger krumm zu machen. Gestern hat er auch gefehlt. Seitdem bin ich hier
Alleinunterhalter.«
»Sie haben mir bei meinem letzten Besuch Ihre freiwillige
Speichelprobe verweigert«, erinnerte Christoph den Polier.
»Ja. Und das mach ich auch heute. Was soll der Scheiß? Da kann ja
jeder kommen. Wer weiß, was ihr damit macht.«
»Zum Beispiel überführen wir damit Männer, die sich brutal an Frauen
vergangen haben.«
»Was?« Bolle tippte sich gegen die Stirn. »Ihr seid ja verrückt. Wer
macht denn so was?«
»Einen haben wir schon verhaftet«, sagte Christoph und sah zur
Seite, als ihn Große Jäger am Ärmel zupfte und sich in den Vordergrund schob.
»Hör mal, Kumpel«, sagte er und trat dicht an Bolle heran. »Was
hältst du davon, wenn Kerle sich an Frauen vergreifen?«
»Das ist ’ne Sauerei«, schimpfte Bolle.
»Da sind wir einer Meinung. Nun läuft der Täter aber nicht mit einer
Tätowierung auf der Stirn herum, auf der steht: Ich war’s.«
»Na logo. Und warum fragt ihr nicht das Mädchen?«
»Die eine ist tot. Und die andere ist so zugerichtet, dass sie nicht
sprechen kann. Also müssen wir unsere Suche auf eine andere Weise durchführen.
Klar?«
»Was hab ich damit zu tun?«
»Weil keinem auf die Stirn geschrieben steht, dass er der Halunke
ist, gucken wir uns nun alle Männer an, die in der Nähe waren. Dazu nehmen wir
die DNA .«
»Davon hab ich schon gehört. Zeigen Sie immer im ›Tatort‹.«
»Genau«, bestätigte Große Jäger. »So ähnlich machen wir das auch.
Nur nicht so elegant. Die haben immer einen Doofen, der sich um solche Sachen
kümmert. Wir müssen alles selbst machen. Wir sind die Blöden. So wie du. Bist
hier zwar der Boss, aber es ist keiner da, der die Arbeit tut. Wir nehmen also
die DNA und vergleichen die mit dem, was wir beim
Opfer gefunden haben. Und dann machen wir einen Haken und sagen: Der olle Bolle
war es nicht.«
Der Polier wischte sich erneut über die Stirn und verteilte den
Putz, der sich beim ersten Mal dort abgesetzt hatte, großflächig. Dann zeigte
er auf Christoph. »Warum hat der mir das nicht so einfach erklärt?«
Große Jäger lächelte. »Der ist jung und lernt noch. Wir beiden alten
Knaben wissen, wo es langgeht. Oder?«
»Klar doch. Also. Wo muss ich reinspucken? Oder muss ich in eine
Röhre pinkeln?«
»Nichts von beiden. Wir brauchen nur einen Abstrich mit einem
Wattestäbchen aus dem Mund.«
Die Polizisten konnten gar nicht so schnell reagieren, wie Bolle den
Mund aufriss und Große Jäger den Rachen vors Gesicht hielt, als würde er den
Oberkommissar vertilgen wollen.
»Deine Mandeln sind geschwollen«, sagte Große Jäger.
»Hab ich schon seit vierzig Jahren nicht mehr«, röchelte Bolle, ohne
dabei den Mund zu schließen.
»Nun müssen wir diese Kontrolle auch noch bei Heinz Kohlschmidt
machen. Wo wohnt der?«, sagte Große Jäger, nachdem er den Abstrich genommen
hatte.
»In irgend so ’nem Kaff in Eiderstedt.«
»Auf Eiderstedt«, korrigierte der Oberkommissar kaum hörbar. »Ist
nämlich eine Halbinsel.« Laut fragte er: »Geht es ein bisschen genauer?«
»Nee. Hab mich nie dafür interessiert.«
Große Jäger drängte zum Aufbruch, als würde er sonst die Fährte
verlieren.
»Ich möchte noch mit Schwester Beate sprechen«, warf Christoph ein,
aber der Oberkommissar lief schon in Richtung des Volvos. Auf dem Weg dorthin
hatte er sein Handy hervorgeholt, rief in Husum an und ließ sich die Anschrift
Heinz Kohlschmidts geben. Dann dirigiert er Christoph zurück auf die
Bundesstraße. Dort gerieten sie in eine Schlange, die sich einem Lkw
hinterherschlängelte.
»Sonst fahren die Brüder wie die Henker. Ausgerechnet heute muss der
über die Straße schleichen.«
Christoph warf einen Blick auf den Tacho. »Der fährt
vorschriftsmäßig achtzig.«
»Wer
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