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Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Titel: Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Dorfstraße hinunterzeigte.
    »Der Trottel ist auf einem Fahrrad geflüchtet. Dabei hat er mich
getreten.« Deutlich war der Fußabdruck auf der Lederweste des Oberkommissars zu
erkennen. »So etwas Blödes«, fluchte Große Jäger. »Als ob man hier in der
Marsch entkommen könnte.« Fast gelassen schlenderte er zum Volvo und forderte
Christoph auf, einzusteigen.
    Die Dorfstraße wirkte wie ausgestorben. Kein Mensch war zu sehen.
    Nach zweihundert Metern hatten sie Heinz Kohlschmidt eingeholt. Er
saß, über den Lenker gebeugt, auf einem alten klapprigen Fahrrad und strampelte
sich die Seele aus dem Leib. Als der Volvo neben ihm auftauchte, warf er einen
hektischen Blick zu den Beamten hinüber und versuchte, noch kräftiger in die
Pedale zu treten.
    Christoph ließ das Fenster herunter und wollte Kohlschmidt
auffordern, aufzugeben. Aber Große Jäger kam ihm zuvor.
    »Na, Jan Ullrich?«, rief er. »Das ist weder sportlich, noch sieht es
elegant aus. Aber von mir aus. Du musst noch ein wenig mehr treten. Das reicht
noch nicht. Je eher du kaputt bist, desto schneller haben wir dich. Kannst ja
vom Rad springen und in die Marsch hüpfen. Da gibt es lauter Gräben. Ohne
Klootstock landest du im Dreck. Noch größer ist der andere Dreck, den du
angerichtet hast.«
    Natürlich kannte Christoph das Klootstockspringen. Mit einem langen
Stab, den sie in die Gräben steckten, überwanden die Bewohner auf Eiderstedt
früher die Gräben. Am einfachsten konnte man es als »Stabhochsprung in die
Weite« beschreiben. Heute diente es als Unterhaltung für die Feriengäste.
    Kohlschmidt war anzumerken, dass er sich bei seiner Flucht
konditionell übernommen hatte. Sie waren vielleicht fünfhundert Meter hinter
dem Ortsausgang, als er langsamer wurde. Christoph und Große Jäger ließen ihn
gewähren. Entkommen konnte er ihnen nicht. Stattdessen stachelte der
Oberkommissar den Flüchtenden auf.
    »Das ist gut für den Kreislauf. Du sollest dich noch einmal
austoben. Im Zuchthaus hat man keine Gelegenheit mehr, Sport zu treiben. Na
los. Jede verbrannte Kalorie ist gut für den Zuckerhaushalt.«
    Kohlschmidt wollte antworten, war aber mittlerweile durch die
ungewohnte Anstrengung völlig außer Atem. Er wurde langsamer, bis er nach
weiteren zweihundert Metern aufgab. Er ließ das Rad ausrollen, hielt an und
stützte sich schnaufend auf dem Lenker ab.
    Seelenruhig stieg Große Jäger aus, kletterte über den Graben,
fingerte ein paar der altertümlichen Metallhandschellen von seinem Gürtel und
legte sie Kohlschmidt an, der immer noch nach Luft schnappte und es
widerstandslos geschehen ließ. Er zuckte auch nicht, als der Oberkommissar ihn
am Oberarm packte und mit sich zum Volvo zog.
    »Ist doch viel angenehmer, gefahren zu werden«, sagte Große Jäger
mit ironischem Unterton. »Du glaubst doch nicht, dass Polizeibeamte in unserem
Alter solchen Typen wie dir hinterherlaufen?«
    Kohlschmidt hatte die ganze Zeit über keinen Ton von sich gegeben.
Ganz langsam beruhigte sich sein Atem. Das Rasseln in der Lunge wurde weniger.
    »Das Rauchen rächt sich im Großen und Kleinen«, lästerte Große Jäger
und fing sich dafür von Christoph einen spöttischen Seitenblick ein.
    Christoph wendete und fuhr wieder zurück. Vor Kohlschmidts Haus
hielt er an und nahm die Frau, die inzwischen von mehreren Nachbarn umringt
war, ein wenig zur Seite.
    »Wir nehmen Ihren Mann mit nach Husum«, sagte er knapp.
    Frau Kohlschmidt sah ihn aus angstvoll geöffneten Augen an.
    »Aber warum denn?«, fragte sie mit erstickter Stimme.
    »Wir müssen etwas prüfen«, erwiderte Christoph ausweichend und
zeigte in Richtung Ortsausgang. »Etwa einen Kilometer weiter Richtung Witzwort
liegt Ihr Fahrrad. Sie sollten es bald abholen.«
    Die Frau nickte stumm und sah ihm hinterher, als er zu seinem Wagen
zurückkehrte und gen Norden davonfuhr.
    Während der ganzen Fahrt sagte Kohlschmidt kein Wort. Er
beklagte sich nicht und fragte auch nicht nach dem Grund seiner Festsetzung. In
Husum ließ er sich in das Büro führen und nahm auf dem zugewiesenen Stuhl
Platz. Christoph hätte ihm zu diesem Zeitpunkt die Handschellen wieder
abgenommen, aber Große Jäger schien es für sinnvoller zu halten, den Mann
weiter gefesselt zu lassen. Sicher ging keine Gefahr von ihm aus. Wenn er
wirklich schuldig war, so beschränkte sich seine Aggression auf eine wehrlose
Frau, richtete sich aber nicht gegen zwei Polizeibeamte. Menschen, die solche
Taten vollbrachten, waren häufig

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