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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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immer noch verschlafen.
    »Morgen«, begrüßte sie ihn knapp.
    Buhle hob die Augenbrauen. »Guten Morgen, geht es dir nicht gut?« Es kam ihm kurz in den Sinn, wie leicht ihm das Du mittlerweile über die Lippen ging, und für einen Moment freute er sich darüber.
    Sie schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Der schwere Wein … Hast du eine Kopfschmerztablette?«
    »Nein, leider nicht. Der Portier hat aber bestimmt eine. Lass uns frühstücken gehen, wenn du überhaupt was essen magst.«
    Sie hob die rechte Hand leicht an und wiegte sie um ihre Längsachse. »Willst du nicht vorher noch duschen?«
    »Ist jetzt vielleicht schon etwas spät. Ich geh mich kurz frisch machen, sodass es für den Frühstückssaal reicht.«
    Marie murmelte etwas Unverständliches, was er als Zustimmung interpretierte.
    Zehn Minuten später saßen sie im Frühstücksraum des Hotels. Die junge Frau, die den Portier am Morgen abgelöst hatte, schien auf sämtliche Bedürfnisse ihrer Gäste vorbereitet zu sein, und hatte Marie eine Kopfschmerztablette gebracht. Jetzt hielt Marie ihre Kaffeetasse umklammert und wartete auf die Wirkung der Tablette. Buhle konnte hingegen genussvoll in ein frisches Croissant mit Himbeermarmelade beißen.
    »Was machen wir jetzt?« Bei der Frage fiel ihm ein blättriger Krümel vom Mundwinkel auf die Hose, den er unter dem leicht spöttischen Blick von Marie unauffällig wegzuwischen versuchte. »Schließlich müssen wir noch ein paar Stunden überbrücken, bis uns Marion nach Dienstschluss die Liste mit den Opfern unter den Mitschülern geben kann. Vielleicht hätten wir uns doch nicht auf vierzehn Uhr einlassen sollen.«
    »Am liebsten würde ich mich wieder ins Bett legen, aber wir müssen bis zehn ausgecheckt haben. Mir würde wohl auch etwas frische Luft guttun.« Maries Stimme klang immer noch etwas gequält.
    »Dann müssen wir wohl spazieren gehen. Wir können die Frau an der Rezeption fragen, wo man das hier am besten kann.«
    »Wenn wir schon in Hamburg sind, dann auf jeden Fall am Wasser: Elbe, Alster oder so. Da brauche ich keinen zu fragen.« Marie fuhr sich langsam mit der Hand über die Augen.
    »Okay, entscheide du, da bin ich völlig leidenschaftslos.« Buhles Gedanken kreisten schon wieder um den Mordfall und ein Motiv, das sich vielleicht aus den Erzählungen von Marion Reens ableiten lassen könnte.
    Marie sah ihn an. »Mir scheint, das ist ein generelles Problem von dir.«
    *
    Sie hatten schweigend die halbe Binnenalster umrundet. Marie hatte den Kragen ihrer Winterjacke bis unter die schwarzen Locken hochgezogen und beide Hände tief in den Jackentaschen vergraben.
    Nach dem Frühstück hatte sie in einem Telefonat mit ihren Kindern mit Erleichterung gehört, dass es allen gut ging. Die Kinder hatten Spaß und Ablenkung, auch Juliette konnte die Last der letzten Tage jetzt besser bewältigen.
    Christian Buhle ging einen Meter neben ihr her, offenbar in Gedanken versunken. Sein betont unnahbares Verhalten war vermutlich ein seelischer Schutzschild. Wie der Einsiedlerkrebs ein leeres Schneckengehäuse benutzte, um sich unangreifbar zu machen. Welche Verletzungen oder Schwachstellen hatte der Kriminalbeamte Christian Buhle, die ihn veranlassten, so auf der Hut zu sein?
    Er schien seine Privatsphäre mit niemandem zu teilen, sondern vor anderen regelrecht abzuschirmen. Also musste die Ursache für seine persönliche Abschottung in seiner Vergangenheit liegen. Marie dachte gerade daran, dass diese Feststellung für eine promovierte Psychologin ein geradezu sensationelles Ergebnis fachlicher Überlegungen darstellte, als er sie vorsichtig an der Jacke berührte.
    »Ich möchte dich ja nicht aus deiner Gedankenwelt entführen. Vielleicht stehst du ja schon kurz vor der Lösung des Falls. Aber mir ist es hier zu laut. Wollen wir da rüber zu dem größeren See wechseln?«
    Auf der Lombardsbrücke rauschten die Autos an ihnen vorbei, als ob ein privater Kfz-Pendelverkehr die Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Bahnhof Dammtor übernommen hätte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und suchte eine Lücke.
    »Dahinten kommen wir über die Straße.«
    Der Himmel zeigte sich typisch nordisch. Kräftige weiße Cumulus mit abgeschnittener Unterseite zogen zügig unter dem tiefblauen Himmel hindurch. Überraschend für die Jahreszeit wärmte sogar die Sonne ein bisschen, wenn ihre Strahlen zwischen den Wolken hindurch die Erdoberfläche erreichten.
    Nach einer weiteren Viertelstunde ohne Worte fragte

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