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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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werden können.

    Kriminaldirektion Trier
    Es hatte ihm einiges abverlangt, die drei davon zu überzeugen, nicht gleich die Verhaftung eines Verdächtigen zu verkünden. So ganz verstand er seine Vorbehalte selbst nicht. Es gab zwar kleinere Ungereimtheiten, aber insgesamt war die Beweislage eindeutig. Dennoch wollte er erst die weiteren Untersuchungen und das anstehende Verhör mit Steyn abwarten, bevor er sich festlegen mochte.
    Zwischenzeitlich hatte sich der Anwalt der Steyns gemeldet und ein Gespräch mit seinem Mandanten vor dem nächsten Verhör gefordert. Buhle kannte Klaus Menzel nicht persönlich, aber es hieß, dass er ein fähiger Strafverteidiger sei. Gut möglich also, dass sich Thomas Steyn auf keine weiteren Aussagen mehr einlassen würde.
    Buhle ging zum wiederholten Mal das Protokoll von Nicole Huth-Balzer durch. Gab es irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass Thomas Steyn nicht der Mörder war? Nein, er sah sie nicht. Wenn die DNA-Analyse bestätigte, dass Steyns Sperma bei der Toten gefunden worden war, und daran zweifelte ja nicht einmal seine Frau, war die Sache klar. Nur die unglaubwürdige, aber irgendwie authentisch wiedergegebene Geschichte von Thomas Steyn und ein bislang fehlendes Motiv standen dagegen. Außerdem hatten Paul und Mich offen Bedenken geäußert. Das taten sie nie ohne Grund, und häufig genug behielten sie recht. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Druck auf den Verdächtigen zu erhöhen. Vielleicht ließ sich Steyn so in Widersprüche verstricken.
    Er hatte das Fenster weit aufgemacht. Das Raumklima war wieder unerträglich. Seit gefühlten Ewigkeiten kämpfte die Trierer Polizei bereits mit unzumutbaren Bedingungen in ihren Büroräumen. Im Herbst vor sechs Jahren durfte sie endlich das schadstoffbelastete Polizeipräsidium in der Südallee verlassen. Das in den siebziger Jahren erbaute siebenstöckige Gebäude war nicht nur städtebaulich eine im wahrsten Sinne des Wortes hohe Belastung in direkter Nachbarschaft zu den römischen Kaiserthermen. Im Innern des hässlichen quadratischen Klotzes hatten die Polizisten mit nicht definierbaren Krankheitserregern zu kämpfen. Millionen waren daraufhin in die Asbest- und PCB-Sanierung gesteckt worden. Ohne Erfolg. Zahlreiche Beamte bekamen Hautausschlag, Nasenschleimhäute fingen an zu bluten, Atemwege schienen blockiert wie die Trierer Straßen zur Rushhour. Als letztlich sechzig der dreihundert Mitarbeiter davon betroffen waren, reagierte die Administration und schloss das Gebäude, zumindest in weiten Teilen. Die Dienststellen der Polizei verstreute man über ganz Trier. Die Kripo wurde in einer ehemaligen Nebenstelle des alten Arbeitsamts in der Güterstraße untergebracht; übergangsweise, wie es hieß.
    Als Buhle drei Jahre später vom nur vierzig Kilometer entfernten Wittlich in die provisorische Zentrale Kriminalinspektion Trier versetzt wurde, schlugen sich die mittlerweile entnervten Kollegen immer noch mit viel zu engen Räumlichkeiten, Zugluft und Schimmelbildung herum. Die angestrebte große Lösung auf dem ehemaligen Postgelände am Bahnhof zog sich wegen städtebaulicher Dispute in die Länge. Deswegen war man erleichtert, als Innenminister Bruch ihre Schrottimmobilie höchstpersönlich besuchte und anschließend sichtlich beeindruckt einen zeitnahen, wenn auch wieder nur befristeten Umzug in eine Kaserne im Stadtteil Euren in Aussicht stellte. Aber auch das war nun schon wieder zwei Jahre her. In der Zentralen Kriminalinspektion sprach man in diesem Zusammenhang nur noch vom »Wort-Bruch« und der »Bruch-Bude«. Jetzt hieß es, Anfang des kommenden Jahres sollte die Kriminaldirektion als Vorbote für das zwei Jahre später geplante neue Polizeipräsidium auf die andere Seite der Gleisanlagen, in das umgebaute ehemalige Postgebäude, ziehen. Zumindest hinsichtlich der Geräuschkulisse müssten sie sich wohl nicht umgewöhnen: Buhle schloss das Fenster, als die quietschenden Bremsen eines in den benachbarten Bahnhof einfahrenden Personenzuges sein Trommelfell auf eine zu große Belastungsprobe stellten.
    Die Uhr zeigte schon halb zwei. Pauls Frau schien gut gekocht zu haben. Buhle überlegte, ob er sich auch etwas zu essen holen sollte, verwarf den Gedanken aber wieder, weil die Geschäfte am Feiertag geschlossen hatten. Stattdessen nahm er einen großen Schluck Multivitaminsaft. Der Bildschirm seines PC zeigte den Bildschirmschoner: ein Landschaftsfoto von einer Trekkingtour ins Tian-Shan-Gebirge in

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