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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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Schulfreundin verbracht hatte, oder er war ein ganz abgezockter Gegner. Vielleicht war es aber auch schon Teil der Strategie von Anwalt und Mandant, diese Version bei allen zukünftigen Untersuchungen aufrechtzuerhalten. Damit war die Polizei in der Pflicht, Ergebnisse zu liefern, die Thomas Steyn der Lüge überführten. Selbst wenn das Alibi von Marion Reens zweifelsfrei bewiesen werden konnte, hatte die Verteidigung immer die Möglichkeit, die Theorie einer Unbekannten aufzubauen.
    »Nehmen Sie im Moment oder regelmäßig ein Medikament?«
    Steyn schaute Buhle erstaunt an. »Nein, wieso?«
    »Wir haben in Ihrer Manteltasche ein kleines Fläschchen ohne Etikett gefunden. Es könnte sich um ein Medikament handeln.«
    Jetzt war es deutliche Irritation, die sich in der Mimik von Steyn widerspiegelte. »Nein, ich nehme weder Medikamente noch irgendetwas anderes, was ich in kleinen Fläschchen in meinem Mantel herumtrage. Ich weiß von keinem Fläschchen.«
    Er blickte Hilfe suchend zu seinem Anwalt, der mittlerweile häufiger Notizen machte und ihm mit einem Achselzucken antwortete. An Buhle gerichtet sagte Menzel: »Da mein Mandant nichts von diesem Fläschchen weiß, müssen Sie wohl prüfen, wie es in die Manteltasche hineingekommen sein könnte.«
    Buhle verzog das Gesicht und fragte weiter: »Wo haben Sie Ihr Auto am Abend abgestellt?«
    »Ich habe den Wagen gleich nach dem Einkaufen in die Garage gefahren. Steht er da nicht mehr?«
    »Nein, da steht er nicht mehr. Er wird zurzeit kriminaltechnisch untersucht. Aber er stand gestern Mittag noch in der Garage. Wir fragen uns nur, warum Sie in der Nacht noch einmal damit gefahren sind.«
    »Ich bin damit nicht mehr gefahren, wieso sollte ich? Ich habe Ihnen doch gestern schon erzählt, dass ich nach … na ja, Sie wissen schon, geschlafen habe bis gestern Morgen, bis dieser Albtraum hier begann.«
    »Und warum hat ein Nachbar Ihr Auto dann in der Nacht noch vor dem Haus gesehen?«
    »Keine Ahnung, was der gesehen hat. Ich war jedenfalls nicht mehr unterwegs.«
    »Noch eine letzte Frage: Warum haben Sie ausgerechnet das von Ihnen gewählte Bettzeug für Ihren Besuch aufgezogen?«
    »Hat meine Frau diese Frage gestellt?«
    Buhle verneinte wortlos.
    »Vielleicht weil es ein letztes Relikt aus Zeiten ist, in denen ich mich frei fühlte. Vielleicht weil ich dachte, Marion steht auf schwarzen Satin. Keine Ahnung.«
    Klaus Menzel schaltete sich ein. »Darf ich Sie fragen, in welchem Zusammenhang Sie diese Frage stellen?«
    Buhle nickte, fragte aber noch einmal in Richtung Steyn: »Können Sie bitte noch mal konkret benennen, welche Bettwäsche Sie aufgezogen haben?«
    »Ich denke, das wissen Sie: meine alte schwarze Satinbettwäsche. Wir hatten sie schon ewig nicht mehr benutzt. Hat Marie Ihnen erzählt, dass …?« Steyn brach den Satz ab und schaute etwas verlegen zu seinem Anwalt hinüber.
    »Nein. Aber sie hat angedeutet, dass sie sich im Zusammenhang mit der Bettwäsche an etwas erinnere. Sie ja offenbar auch.« Buhle machte eine kurze Pause. »Aber das ist nicht das Entscheidende, Herr Steyn. Denn auf dieser Bettwäsche haben wir die Leiche nicht gefunden.«
    »Aber, aber … das kann nicht sein. Ich bin …« Steyn verstummte.
    »Das Bett, auf dem Sie und auch wir die Tote gefunden haben, ist mit einer anderen Bettwäsche bezogen gewesen. Ihre schwarze Bettwäsche ist allerdings auch nicht mehr im Schrank, wie Ihre Frau uns bestätigte. Können Sie uns dazu etwas sagen?«
    Thomas Steyn schüttelte völlig irritiert den Kopf.

8
    Trier; Dienstag, 2. November
    Der rote Erdhaufen auf der anderen Straßenseite wurde für Christian Buhle zunehmend zum Symbol für die unveränderliche Statik des Zufalls inmitten des pulsierenden Lebens. Vor ein paar Wochen einmal aufgeschüttet, verharrte dieses Konglomerat aus Lehm und Ziegelbruch im täglich gleichen Zustand. Obwohl darum herum große Baufahrzeuge kurvten, Materiallager entstanden und wieder verschwanden, das Lagergebäude einer unbekannten Logistikfirma errichtet wurde und in zeitgemäß unattraktiver Betonarchitektur emporwuchs. Alles veränderte sich stetig und schnell, nur nicht dieser Erdhaufen. Er war ein Spiegelbild für sein Leben, das geprägt war durch stetige Veränderungen. Jeder seiner häufigen Wechsel von Dienstorten, jedes neue Team, jeder Fall, den er zu bearbeiten hatte, umkreiste den seinerzeit zufällig aufgeworfenen Ballast seiner Jugend, den er seitdem unverändert mit sich trug, egal was um ihn

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