Tod im Moseltal
Buhle noch am vergangenen Freitag die erste Besprechung der Soko Domäne in der neuen Woche auf acht Uhr festgelegt hatte, hatte er damit zeigen wollen, dass sie noch lange nicht am Ende der Ermittlungen standen und noch viel zu tun war.
Er hatte sich auf mürrische Gesichter eingestellt und war überrascht, dass sein Team offensichtlich ausgeruht und motiviert aus dem Wochenende gekommen war. Sogar Nikolas Steffen schien ausgeschlafen, und Michael Reuter hatte schon ein Mal gelächelt. Letzteres konnte aber auch mit Nicole zusammenhängen, mit der er sich angeregt unterhielt. Anders als in der ersten Sitzung vor einer Woche waren Rechtsmediziner Kordonbowski und Kriminaltechniker Grehler diesmal nicht dabei. Dafür saßen Dienststellenleiter Großmann, der sich ein Bild von dem Fall machen wollte, und der von der Abteilung Fahndung hinzugezogene Sven Tard mit am Tisch.
»Dank der Ergebnisse der Kriminaltechnik sind wir Ende letzter Woche ein ganzes Stück weitergekommen«, eröffnete Buhle die Sitzung. »Trotzdem bestehen noch eine ganze Menge offener Fragen. Übers Wochenende sind sogar noch zwei hinzugekommen, die ich gleich erläutern werde.«
Die meisten seiner Mitarbeiter und Großmann schauten sich fragend an. Nur Gerhardts hatte von der Briefkopie und dem Foto schon vorher erfahren.
»Wenn wir nachher auseinandergehen, möchte ich nicht nur, dass jeder weiß, was als Nächstes ansteht. Ich möchte auch ein klares Meinungsbild haben, in welche Richtungen und mit welchen Prioritäten wir weiterermitteln. Deshalb ist es gut, dass der Chef da ist. So, als Erstes die Neuigkeiten. Nicole, kannst du bitte die beiden neuesten Bilddateien auf das Whiteboard projizieren. Zuerst die ›Brief-Laurant-Datei‹. Danke.«
Buhle stand auf und ging zur Wand. »Ihr seht hier die Kopie eines angeblichen Briefes von Marie Steyn an ihren Freund Peter Kasper, bei dem sie zurzeit wohnt. Es war ein Zettel beigelegt, auf dem ›Das dürfte Sie interessieren. Ein Freund‹ stand. Der Brief ist eindeutig ein Liebesbrief. Frau Steyn behauptet jedoch, dass sie ein rein freundschaftliches Verhältnis zu Kasper habe und keine Liebesbeziehung. Der Brief sei eine Fälschung. Das wird gerade von den Kollegen der Technik untersucht. Interessant ist, wer diesen Brief zugespielt bekommen hat: Claudille Laurant, die über achtzig Jahre alte Großmutter von Thomas Steyn. Die Dame ist sich übrigens auch absolut sicher, dass der Brief eine Fälschung ist. Beweise dafür haben mir beide aber nicht vorlegen können.«
»Entschuldige, Christian«, fragte Reuter, »du hast schon mit beiden gesprochen?«
»Ja, habe ich, gestern.«
Reuter verharrte für einen kleinen Moment, sagte dann aber nichts mehr. Buhle vermutete, dass er wusste, wo Claudille Laurant wohnte.
»Frau Steyn ist, nachdem dieser Brief aufgetaucht war, zu Frau Laurant gefahren. Die beiden haben offenbar ein sehr gutes Verhältnis. Als Frau Steyn am Sonntagmorgen zu ihrem Auto ging, steckte ein weiterer Umschlag hinter einem Scheibenwischer. Nicole, machst du die andere Datei auf, die mit … ja, danke. Darin steckte ein Bild, das Thomas Steyn beim Sex mit einem Kind zeigt. Soweit ich das beurteilen kann, handelt es sich dabei aber um eine Fotomontage. Das würde auch erklären, warum die Qualität so schlecht ist. Ich hatte Steyn gestern dazu noch selbst verhört. Er streitet ab, jemals ein Kind missbraucht zu haben.« Buhle sah in die Runde seiner Kollegen.
»Sieht aus, als wollte jemand Thomas Steyn in jeglicher Beziehung fertigmachen. In seiner Familie und in der Öffentlichkeit.« Gerhardts wagte sich nach kurzem Schweigen als Erster vor.
»Die Frage ist nur: warum?«, fügte Steffen an.
»Nicht nur das. Es ist doch auch zu hinterfragen, wie es jemand quasi aus dem Stegreif schaffen soll, so eine Kampagne zu starten. Denn das ist ja wohl klar: Es ging erst mit dem Mord los. Hat da jemand nur auf die Gelegenheit gewartet, Steyn an den Pranger zu stellen, und dann die Aufmerksamkeit in Folge des Mordes genutzt?« Reuter machte eine kleine dramaturgische Pause. »Oder hatte das jemand im Zusammenhang mit dem Mord geplant?«
»Mensch, Mich. Das würde ja bedeuten, dass jemand anderes den Mord …« Großmann kniff die Augen zusammen.
Statt einer Antwort lehnte sich Reuter zufrieden grinsend in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände vor dem Bauch.
»Das ist genau das Problem, das ich mit dem Fall habe«, sagte Buhle. »Wir haben hieb- und stichfeste Beweise, dass
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