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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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abzulenken.
    »Ich bin Kriminalhauptkommissar Christian Buhle. Darf ich fragen, wer Sie sind und was Ihr Anliegen ist?« Buhle gab sich betont Mühe, höflich zu klingen. Das schien ihm aber nicht gelungen zu sein. Der Tonfall der Frau war bereits bei den ersten Worten empört.
    »Hat man Ihnen das denn nicht mitgeteilt? Natürlich hatte ich mich Ihrem Kollegen vorgestellt, der mich übrigens geschlagene fünf Minuten auf dem nun wirklich nicht einladenden und kalten Flur hat warten lassen. Na, hier sieht es ja auch nicht besser aus. Hat die deutsche Polizei kein Geld, um für wichtige Zeugenaussagen wenigstens ein wenig Ambiente zu schaffen?« Sie holte kurz Luft und fuhr mit ihrem deutlichen luxemburgischen Dialekt fort: »Nun, da Sie es offenbar nicht gesagt bekommen haben: Mein Name ist Mauricette Giesener.«
    Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause, als ob sie ihrem Gegenüber erst einmal die Gelegenheit zur geistigen Verarbeitung eines so bedeutsamen Namens geben wollte.
    »Aha, schön, Frau Giesener, würden Sie mir bitte auch mitteilen, wer Sie begleitet?«
    »Ich weiß zwar nicht, was das hier zur Sache tut, weil ich ja schließlich diejenige bin, die eine Aussage zu machen hat. Aber wenn es sein muss: Das ist Florence Castrée, sie ist seit drei Monaten als Au-pair-Mädchen bei uns und hilft uns im Haushalt. Wir wollen dem armen Ding dafür die Gelegenheit geben, etwas von unserer europäischen Kultur kennenzulernen. Die Arme kommt aus einer völlig einsamen Gegend in Quebec. Dort gibt es ja nichts: keine Museen, keine Philharmonie, kein Theater. Die Kleine hat keine Ahnung von Kultur. Na ja, wir werden dann demnächst mit einem kleinen Kammerkonzert im Trifolion in Echternach beginnen.«
    »Frau Giesener, mein Kollege sagte, Sie hätten eine Aussage zu dem Mordfall in Avelsbach zu machen?« Buhle schrieb die beiden Namen auf, während er sprach.
    »Ja, nein, also nicht direkt. Ich komme vor allem deshalb, weil heute Morgen in der Zeitung stand, dass der Vater des Mörders –«
    »Wir haben erst einen Verdächtigen, noch keinen überführten Mörder, Frau Giesener«, unterbrach Buhle sie.
    »Ja, aber in der Zeitung stand doch … nun, egal, wahrscheinlich dürfen Sie ihn nur noch nicht so nennen. Also, in der Zeitung stand, dass der Vater des Verdächtigen – war das jetzt so richtig, Herr Kommissar? – in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, seit der Mord im Haus seines Sohnes geschehen ist.«
    »Das wäre mir neu. In welcher Zeitung stand etwas von diesen angeblichen finanziellen Schwierigkeiten?«
    Mauricette Giesener schaute Buhle an, als wolle sie prüfen, ob er vielleicht schwer von Begriff war.
    »Lesen Sie morgens keine Zeitung, wenn Sie gerade einen Mord aufklären wollen? Es stand direkt auf der zweiten Seite von Lëtz-Talk.«
    »Ich bitte um Verständnis, dass nicht jeder hier bei der deutschen Polizei alle luxemburgischen Zeitungen morgens zum Frühstück liest.« Natürlich hatte er heute Morgen noch gar keine Zeitung gelesen und auch hier in der ZKI nicht die Gelegenheit dazu gehabt. »Welche Aussage möchten Sie nun zu dem Mordfall machen?«
    »Sie wissen also nichts von den Schwierigkeiten von Steyns?«
    »Nein, aber woher wollen Sie denn wissen, dass es im Mordfall um einen Herrn Steyn geht? Stand das auch in der Zeitung?«
    Wieder schien der Blick der Frau im Kostüm zu fragen, ob der deutsche Kommissar ihren Worten nicht zu folgen in der Lage war.
    »Herr Kommissar Bulle – nennt man bei Ihnen nicht die niederen Polizisten so? –, also, Herr Bulle, Sie meinen wohl, weil ich nur die Frau eines Bankiers bin, weiß ich nicht, was hier in der Wirtschaft läuft. Mein Mann ist Leiter der Abteilung Projekt- und Risikokapitalfinanzierungen, und er schätzt meine Meinung. Neulich hat er zum Beispiel … nein, das tut hier ja nichts zur Sache.«
    Buhle nickte erleichtert.
    »Also, mein Mann hat natürlich in seiner Funktion auch viele Kontakte zu anderen leitenden Bankmanagern; man tauscht sich untereinander aus auf der Führungsebene, wissen Sie. Natürlich wissen Sie nicht, wie sollten Sie auch wissen, wie es unter Abteilungsleitern zugeht. Auf jeden Fall kann ich mich erinnern, dass mein Mann vor ein paar Monaten von einem Problem mit einem Firmeninhaber namens von Steyn gehört hatte. Mir ist das im Gedächtnis geblieben, weil ich mich sehr für den Adel interessiere, aber von einem Adelsgeschlecht ›von Steyn‹ hatte ich vorher noch nie gehört. Und das sollte es hier in unserer

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