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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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schlug die Tür zu und ging zielstrebig in Richtung des Wohnhauses von Marion Reens. Er musste sich beeilen, um ihr zu folgen.
    Die Wohnung lag in einem frei stehenden Mehrfamilienhaus. Hinter dem Plastikfenster der obersten der fünf Klingeln stand der Name Reens, darüber, auf einem weißen Klebestreifen mit wasserfestem Filzstift, die Namen »Marion, Max, Nele, Christian« in gleichmäßiger Kinderschrift geschrieben. Marie drückte auf den Klingelknopf.
    Wenige Sekunden später ging der Summer, und sie drückte die Tür auf.
    »Wir sind hier oben. Unterm Daahaach!«
    Sie stiegen der klaren Knabenstimme nach die Treppe hinauf. Oben erwartete sie ein strohblonder Junge, der sofort an Michel aus Lönneberga denken ließ.
    »Mama, der Besuch ist da!«
    »Gut, bitte ihn herein.« Die Frauenstimme klang, als käme sie vom anderen Ende der Wohnung.
    Oben angekommen, streckte Marie dem Jungen die Hand hin, die er höflich annahm.
    »Hallo, ich bin die Marie.«
    »Hallo, ich bin heut der Mann des Hauses.« Noch mit dem letzten Wort drehte der Junge sich wieselflink um. Dabei musste er so lachen, dass er fast umfiel, dann rannte er mit vollem Tempo zur offenen Tür am Ende des lang gestreckten Flurs. Der ohnehin schmale Raum wurde links und rechts noch eingeengt von Garderobe, Schuhregal, Bücherregal, Spielzeug, Ranzen, Sportsachen und einem zum Trocknen aufgespannten Regenschirm, und es grenzte an ein Wunder, dass der Sprint ohne Sturz an der geöffneten Tür endete. »Sie sind daaha!«
    Marie drehte sich grinsend zu Buhle um. »Ein lebhaftes Kind«, flüsterte sie ihm zu.
    Gemeinsam folgten sie dem Jungen. Als sie zur offenen Küchentür kamen, klopfte Marie zweimal an deren Glaseinsatz.
    »Guten Tag, dürfen wir reinkommen?«
    Marion Reens stand an der Spüle und trocknete einen letzten Topf ab. Sie drehte sich mitsamt Topf und Geschirrtuch um und begrüßte Marie mit einem freundlichen Kopfnicken. »Kommen Sie rein.« Ihr Blick wanderte weiter zu Buhle. Sie stutzte und vergaß für einen Moment, weiter abzutrocknen. Dann lächelte sie auch ihn an. »Setzen Sie sich doch bitte einfach an den Küchentisch. Ich glaube, hier ist momentan am meisten Platz.« Sie stellte den großen Topf in den Schrank unter der Arbeitsplatte und hängte das Geschirrtuch an einen Haken neben der Spüle. Während sie die Hände an ihrer grünen Jeans abtrocknete, ging sie auf ihre Gäste zu und reichte Marie die Hand.
    »Vorzustellen brauche ich mich ja nicht mehr. Trotzdem: Marion.«
    Marie lächelte zurück: »Marie. Das ist Christian.«
    »Hallo, Christian. Der gleiche Name wie der des kleinen Rackers hier.«
    Buhle hielt Marion Reens die Hand entgegen, die diese etwas zögerlich annahm.
    »Setzt euch. Möchtet ihr etwas trinken? Einen Kaffee nach der langen Fahrt?«
    Nachdem Marie erfreut zugestimmt hatte, drehte sich Marion Reens wieder um und ging zur Küchenzeile zurück. Buhle und Marie schoben sich auf zwei freie Stühle. Dass jemand Fremdes ihn duzte, mochte er überhaupt nicht. Er zog eindeutig das distanzierende Sie vor. Eine Ausnahme machte er nur bei seinen Kollegen. Doch hier zwang er sich, sich zurückzuhalten.
    »Chris, kannst du eben noch die Gläser vom Tisch in die Spülmaschine räumen und dich dann an deine Hausaufgaben begeben? Wenn du Mathe nicht fertig hast, gibt’s kein Training, das weißt du.«
    »Mann, Mathe ist doof. Ich kann das schon längst. Die Johannsen gibt nur so viel auf, weil die blöden Mädchen das nicht kapieren.«
    Leise weitermaulend nahm Chris alle vier Gläser auf einmal und schleppte sie unter Zuhilfenahme des ganzen Körpers zur Spülmaschine. Nachdem er die Küche verlassen hatte, sorgte die röchelnde Kaffeemaschine dafür, dass auch jetzt keine rechte Ruhe einkehrte. Dafür durchzog langsam frischer Kaffeeduft die Küche, und Marion Reens holte eine Dose mit verschiedenen Plätzchen aus einem der Hängeschränke.
    »Mal sehen, ob die Kinder noch was übrig gelassen haben.«
    Die Dose war noch halb voll. Sie stellte sie in die Mitte des Tischs, räumte einen Stapel Schulbücher von einem Stuhl auf die Fensterbank und setzte sich mit an den Tisch. Mit Blick auf Marie fragte sie: »Was möchtest du alles wissen? Wenn ich euch Geheimnisse aus meiner Jugendzeit offenbaren soll, darf ich euch doch duzen, oder? Sonst hat das für mich irgendwie etwas von einem Verhör.« Bei dem letzten Satz blickte sie zu Buhle und lächelte ihn etwas süffisant an.
    »Klar können wir uns duzen«, sagte Marie.

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