Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
zu schließen. Der Club hatte sich dazu verpflichtet, dafür aufzukommen. Die Leute glaubten immer, mit einer einmaligen Spende wäre alles getan. Aber wer bezahlte denn die laufenden Kosten? Organisationen wie 'Ärzte ohne Grenzen' oder der 'rote Halbmond' halfen in akuten Katastrophengebieten, aber das schwere Erdbeben auf Haiti war nun schon über drei Jahre her und lange kein Thema mehr in den Medien.
Kai Rentz präzisierte seine klaren Aufträge an Henning Werdemann für zukünftige Spenden-Galas und erbat Vorschläge für neue Aktionen. Mit seinem Lieblingssatz:
» Freue mich auf deine Vorschläge«
MfG Präsident
beendete er die Mail und schickte sie ab. Er hatte kaum das E-Mail-Programm geschlossen, das Chatfenster geöffnet und sich eingeloggt, da klopfte es an der Tür.
» Was ist denn jetzt schon wieder?«, blaffte er in Richtung der noch geschlossenen massiven Eichentür.
» Herr Präsident, die Bewerberin ist nun da.« Er sah hastig auf seine Uhr. Sie hatte er ja total vergessen. Er musste an das hübsche Bewerbungsfoto von Feona Theilen denken. Diese süßen, blonden Locken hatten es ihm angetan. Sie war gerade 19 Jahre alt geworden. Zumindest musste er auf Facebook und in anderen Quellen im Internet noch schnell schauen, was sie interessierte, was ihr gefiel, wovon sie träumte. Er liebte es, die jungen Frauen mit pikantem Wissen zu überraschen. Die meisten bekamen dann rote Wangen, manche sogar einen hochroten Kopf.
» Ich brauche noch ein paar Minuten. Sagen Sie ihr, sie soll noch warten, und führen Sie sie in den Salon.«
Offensichtlich wollte Feona ihr Privatleben nicht geheim halten. Als er immer mehr Bilder von ihr sah und hochinteressante Kommentare darunter las, erwischte er sich dabei, wie sein Blut nicht nur in seinen Kopf schoss. Er notierte sich einige Informationen mit seinem Mont Blanc-Füllfederhalter und legte das Papier mit einem spitzbübischen Lächeln in die Bewerbungsmappe.
Dann drückte er eine Taste seiner Telefonanlage.
» Frau Meissner, bringen Sie Frau Theilen bitte zu mir.«
Die schüchterne Feona trottete Frau Meissner hinterher , als sei ihr nicht ganz wohl. Sie trug einen dezenten anthrazitfarbenen Hosenanzug, den sie vermutlich extra für diesen Termin gekauft hatte. Beide Hände hielten sich an ihrer ledernen Handtasche fest. Ihr hübsches rundes Gesicht wurde durch die hochgesteckten Haare und die dezenten Perlenohrringe nur noch unterstrichen. Er stand auf und ging ihr mit ausgestrecktem Arm entgegen.
» Moin, Frau Theilen, haben Sie uns gleich gefunden?« Feona wich dem Blick aus und gab ihm nur zaghaft die Hand. Frau Meissner entfernte sich wortlos.
» Moin, äh ja, kein Problem, ich bin ja aus Oldenburg.«
» Schön, bitte nehmen Sie doch Platz.« Auf dem Weg zu seinem Schreibtischstuhl hielt er plötzlich inne, ging zu ihr zurück und sagte: »Entschuldigung«, nestelte ihr am Kragen herum und entfernte das Preisschild, »das haben Sie wohl vergessen abzumachen.« Sie bekam ein knallrotes Gesicht und schaute auf den Boden.
» Oh Gott, ist das peinlich«, flüsterte sie.
» Macht doch nichts, das ist mir früher auch schon mal passiert. Wie ich gelesen habe, möchten Sie gerne ein Auslandspraktikum bei uns machen.«
» Ja«, Feona hatte einen Frosch im Hals und räusperte sich, »könnte ich vielleicht bitte ein Glas Wasser haben?« Er bestellte das Wasser, welches unverzüglich hereingebracht wurde.
Der kräftige Schluck schien sie zu beruhigen.
» Ich studiere Agrar- und Ernährungswissenschaften im zweiten Semester. Wir müssen dabei ein Auslandspraktikum absolvieren.«
» Wie sieht es denn mit Sprachen bei Ihnen aus?«
» Englisch ist ganz gut bei mir, und in Spanisch habe ich Grundkenntnisse.«
» Das ist doch schon einmal eine solide Grundlage. Im Sommer starten wir unser Agrarprojekt auf Haiti. Was glauben Sie, warum sind gerade Sie die geeignete Bewerberin?«
» Na ja, das passt doch super zu meinem Studiengang…«
» Sicher, aber wodurch eignen Sie sich persönlich?« Hilfesuchend blickte sie zum Fenster. »Ich, ich kann sehr gut mit Menschen umgehen und mich auf neue Situationen einstellen.«
Er blickte in seine Notizen und zitierte :
» Party machen, Grillen am See, vor dem Discobesuch mit Alkopops vorglühen, meinen Sie das damit?« Feona rang nach Luft.
» Woher haben Sie…ich meine, also…das machen doch alle gerne, also meine Freundinnen und so.« Kai gefiel es, wie sie devot nach unten sah und ihre Handtasche so fest
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