Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
drückte, als wollte sie sie erwürgen.
» Frau Theilen, unsere Organisation legt höchsten Wert auf Diskretion, ist Ihnen das bewusst?«
» Aber natürlich, über die Arbeit würde ich ja nie etwas weitersagen.«
» Was wissen Sie denn alles über den ‚Club Leonardos‘?«
» Na ja, dass Sie viel für wohltätige Zwecke tun, armen Menschen helfen, Gelder sammeln…«
» Wann wurde der Club gegründet? Wo befindet sich die Zentrale?«
» Öhm, wann weiß ich nicht, aber die Zentrale ist in Berlin…glaube ich.« Oberstaatsanwalt Rentz stand auf wie bei einem Plädoyer und dozierte:
» Der ‚Club Leonardos‘ wurde 1917 in Oak Brook gegründet, das liegt in den USA, genauer gesagt im Bundesstaat Illinois. Die erste deutsche Niederlassung wurde 1954 in Frankfurt am Main eröffnet, und die Deutschlandzentrale befindet sich tatsächlich in Berlin, aber das war doch bloß geraten, oder?«
» Ja«, sagte Feona leise.
» Haben Sie sich unsere Website überhaupt einmal angeschaut?« Mit hochnäsigem Tonfall beugte er sich leicht über die Bewerberin, sodass er ihr angenehmes, süßes Parfüm riechen konnte.
» Also, nur kurz…«
» Party machen war wohl wichtiger, was?« Feona kullerten die Tränen herunter. Kai Rentz reichte ihr ein Papiertaschentuch.
» Was haben Sie denn sonst anzubieten, wenn Sie sich schon nicht vernünftig vorbereitet haben?« Feona blickte fassungslos nach oben.
***
Der Bruder von Elena, Jens Wagner, trug zwar keinen Anzug, aber in seiner legeren Kleidung gab er ein seriöses Bild mit hoher Ausstrahlung ab. Trotz des dunklen Winters hatte seine Haut eine gute Bräunung. Seine wilden und etwas längeren Haare schienen so gut frisiert zu sein, als käme er gerade vom Frisör. Wenn man in seine sanften und freundlichen Augen hinter der modischen, randlosen Brille mit Titangestell blickte, schrieb man ihm sofort eine hohe Intelligenz zu. Wenn er gewollt hätte, könnte er mit Sicherheit ein Top-Verkäufer werden, dem die Leute, insbesondere die Frauen, alles abkaufen würden.
» Herr Wagner, wann haben Sie Ihre Schwester zuletzt gesehen oder gesprochen?«, wollte Paul wissen.
» Gesehen habe ich sie eine Woche vor ihrem Tod, gesprochen am Tag ihres Todes, so 20 Minuten vielleicht.«
» Wirkte sie irgendwie verändert, also anders als sonst? «
» Nein, das heißt doch, ein wenig hatte sie sich in den letzten Wochen verändert. Ihr Ex-Freund hat immer wieder Kontakt gesucht, was sie nervte. Andererseits brach sie den Kontakt nicht ganz ab, wie ich es ihr geraten hatte. Die anstehenden Prüfungen haben sie zusätzlich ziemlich belastet.«
» Gab es denn einen neuen Freund oder Kandidaten, die dafür in Frage kamen?«
» Das glaube ich nicht, sie hatte erst einmal die Schnauze voll von den Männern und wollte sich ganz auf die Prüfungen konzentrieren. Was mir allerdings auffiel, war, dass sie öfter online war als sonst.«
» Woher wissen Sie das?«
» Bei Facebook kann ich das sehen. Wenn sie online und eingeloggt ist, erscheint ein grüner Punkt im Facebook-Chat.«
» Hat sie denn mal etwas erzählt über andere Kontakte, alte Freunde oder neue Bekanntschaften?«
» So leichte Andeutungen hat sie gemacht, aber sie wurde nie konkret, wenn ich sie weiter darauf ansprach.«
» Was hat sie denn dann genau gesagt?«
» Außer 'ich bin nachher noch im Netz' eigentlich gar nichts. Wenn ich dann nachgehakt habe, hieß es immer: 'Sei nicht so neugierig '.«
» Haben Sie eine Idee, wer sie getötet haben könnte?«
» Darüber habe ich mir tagelang den Kopf zerbrochen. Ich komme zu keiner Lösung. Ihr Ex-Freund war zwar ein Arschloch, aber einen Mord traue ich ihm dennoch nicht zu. Ich denke, es muss jemand gewesen sein, den sie noch nicht lange kannte, oder den sie vielleicht zufällig kennengelernt hat.«
» Wissen Sie denn…« Lisbeth stürmte ohne anzuklopfen mit weit aufgerissenen Augen ins Büro.
» Kommst du mal bitte?«
» Du siehst doch, dass ich mitten in einer Zeugenvernehmung bin, ist es denn dringend?«
» Ich würde dich gewiss nicht stören, wenn es nicht sehr dringend wäre.«
Paul erhob sich, entschuldigte sich bei Jens Wagner und verließ mit Lisbeth den Raum.
»Es ist was mit Annika Eilers…«
» Und was?«
Lisbeth verschränkte die Arme vor der Brust.
»Paul, sie ist tot aufgefunden worden, einfach abgelegt im Schlosswald in Rastede.«
***
Müde stapfte Lisbeth die knarzende Treppe hinauf zu ihrer Wohnung. Bevor sie den Schlüssel aus
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