Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
sich gerade auf die Couch.
» Und dann kommt der nächste Fall und dann noch ein Fall…«
» Wiebke, bitte, das kann ich jetzt echt nicht brauchen.« Wiebke stand auf, mischte sich eine Apfelsaftschorle und trank einen großen Schluck.
» Du machst es dir verdammt einfach. Der große Kommissar aus Frankfurt. Ich weiß, ihr müsst den Kerl finden, der diese Studentin getötet hat. Aber sind Tom und Levke nicht auch wichtig, von mir will ich gar nicht erst sprechen. Wer steht denn nachts auf und kümmert sich um die Kleine…«
Das Telefon unterbrach den Monolog seiner Frau, Paul griff dankbar zum Hörer.
»Lissi, nein, du störst nicht.«
Wiebke seufzte und schüttelte de n Kopf.
» Was, du hast Kontakt zu ‚MrJudge‘? Na, dann triff dich mit ihm.«
Wiebke hörte nicht, was Lisbeth am Telefon sagte, es interessierte sie auch nicht. Paul hatte immer gefordert, sie sollte ein Problem direkt ansprechen, nur so könnte er darauf reagieren. Sie hatte ihre Karriere bei der Bank aufgegeben, zumindest für ein paar Jahre unterbrochen. Wie gern würde sie wieder zur Bank fahren und über etwas anderes reden und nachdenken als über Kinderkrankheiten. Merkte er denn gar nicht, dass sie überhaupt nicht mehr rauskam? Sicher war er ein liebevoller Vater, Tom liebte ihn abgöttisch. Aber was war mit dem Ehemann Paul, interessierte er sich gar nicht mehr für sie? Jedenfalls wollte sie sich nicht nur noch als Mutter fühlen. Und wenn sie sich einmal etwas vornahmen, kam irgendetwas dazwischen.
» Schatz, ich muss nochmal los.«
» Ja, natürlich, sorry für die Störung.«
» Lissi hat den Typen im Internet aufgestöbert, der ein wichtiger Zeuge, vielleicht sogar der Täter ist, und hat sich kurzfristig mit ihm verabredet. Da kann sie nicht alleine hin.«
» Sag mal, hörst du dich eigentlich selbst manchmal reden? Lissi hier, Lissi da. Sie braucht Schutz bei einer verdeckten Ermittlung. Schick doch das SEK hin, meine Güte.«
» Wiebke, was soll das jetzt? Eigentlich dürfte ich dir gar nichts über den Fall sagen.«
» Das wird ja immer besser. Geh, hau einfach ab, ehe mir noch etwas rausrutscht, was ich später bereue.«
Wiebke schaute durch ihn hindurch, streifte wütend seinen Arm ab und verschwand wortlos im Bad. Kopfschüttelnd verließ Paul das Haus und startete seinen Wagen.
***
Er nutzte die halbstündige Fahrt, um über die Freisprecheinrichtung einige Details für das Treffen im ‚Fiddlers Green‘ in der Wallstraße abzusprechen. Paul würde sich dezent im Hintergrund halten. Falls sie irgendwie in Schwierigkeiten käme, würde sie sich mit der linken Hand den Nacken reiben, erst dann würde Paul einschreiten. Vereinbart war auch, dass Lissi jeden Versuch, sie zu einem anderen Ort zu locken, verbal abblocken sollte. Vorsorglich hatte er einen Streifenwagen angefordert, der sich in unmittelbarer Nähe von Oldenburgs Kneipenmeile aufhielt.
Paul traf zuerst im Irish Pub ein, beobachtete die Gäste, setzte sich an die Bar und best ellte ein alkoholfreies Weißbier. Lissi hatte Paul eine Beschreibung des Mannes gegeben: 1,85 Meter groß, 35 Jahre alt, kräftig, gepflegtes Äußeres, und selbstverständlich gutaussehend. Da sie jedoch keine Fotos ausgetauscht hatten und das Wissen über sein Aussehen allein auf den Angaben von ‚MrJudge‘ beruhte, konnte Paul sich nicht sicher sein, ob dies stimmte. Vielleicht handelte es sich in Wirklichkeit um einen 60jährigen dickbäuchigen Typen mit Glatze, der sich seine neue Internetbekannschaft einfach nur anglotzen wollte.
Es dauerte keine fünf Minuten , bis Lissi die Kneipe betrat und sich auf einem Barhocker an einen einzelnen Tisch setzte. Paul beachtete sie zunächst gar nicht, sondern trank seelenruhig sein Weizen. Außer einer Gruppe von vier jungen Männern betrat kein weiterer Mann den Irish Pub. Nach etwa 20 Minuten kam ein Typ herein, auf den die Beschreibung in etwa passte. Paul schätzte ihn nur auf 1,80 Meter und durchschnittlich aussehend. Er trug einen Anorak, der selbst in Oldenburg aus der Mode gekommen sein musste. Er stellte sich direkt neben Paul und bestellte ein Guiness. Paul kam es so vor, als wolle er extrem lässig wirken. Sein Versuch, sich die gegelten Haare cool nach hinten zu kämmen, war nicht nur deutlich misslungen, sondern er gab auch nur eine sehr schlechte Kopie des ehemaligen Verteidigungsministers zu Guttenberg ab. Aber er interessierte sich offensichtlich für Lissi. 'Karl Theodor', wie Paul ihn innerlich
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