Tod im Pfarrhaus
einen Augenblick, warum er eine Videokamera mit sich herumschleppte, aber als Fredrik mit den Autoschlüsseln in der Hand auftauchte, verfolgte sie diesen Gedanken nicht weiter. Man musste sich beeilen, wenn man bei Inspektor Stridhs Tempo mithalten wollte.
Sie fuhren Richtung Borås. Atemlos, da sie recht schnell die vier Treppen hinuntergegangen waren, sagte Irene:
»Eva Möller hat erst um eins Zeit. Offensichtlich ist sie auch noch Musiklehrerin und hat bis dann Unterricht.«
»Sollen wir vorher oder nachher Mittag essen?«
»Vorher. Dadurch sparen wir Zeit.«
Irene hatte die Wegbeschreibung zum Haus von Eva Möller in der Tasche. Es hatte sie einigermaßen erstaunt, dass die Kantorin allein in einem Häuschen mitten im Wald wohnte. Sie sollten von der Ausfallstraße nach Borås zur Kirche von Landvetter abbiegen. Dort ging es dann auf Nebenstraßen weiter.
»Right out in the middle of nowhere«, hatte Eva Möller gesagt.
Aber zunächst nahmen sie die Straße zum Norssjön, die sie mittlerweile gut kannten. Dieses Mal bogen sie jedoch nicht bei dem kleinen Holzschild mit dem verblassten Namen »Lyckan« ab. Sie fuhren noch ein paar hundert Meter weiter, bis sie einen Forstweg erreichten. Hier stand kein Schild, das verraten hätte, wo es hinführte. Fredrik wurde langsamer und holperte den schmalen Weg entlang. Er schien kaum mehr als ein breiter Pfad zu sein. Der Wagen rumpelte durch tiefe Löcher und Rinnen.
»Nicht ganz einfach, hier mit einem Kleinwagen durchzukommen«, meinte Fredrik, als sie mit dem Boden des Saabs aufschlugen.
Um sie herum war dichter Wald. Hohe Kiefern, die vermutlich vor mehreren Jahrzehnten gepflanzt worden waren, wuchsen diszipliniert auf Abstand, aber zwischen ihnen war Unterholz. Der Waldbesitzer hatte die Pflanzung gründlich vernachlässigt. Weiter vorne standen die Bäume weniger dicht. Sie kamen zu einem Kahlschlag.
Das schöne Wetter des Vortags dauerte an. Die Stille war überwältigend, der Wind hatte sich gelegt. Die Sonne fiel schräg zwischen den Bäumen hindurch. Es roch schwer nach nasser Erde und Pflanzen, die in der ersten Frühlingswärme zum Leben erwachten.
»Das hier muss die Tannenpflanzung sein«, sagte Fredrik.
Ein paar Meter vor einer Gruppe Tannen blieb er stehen. Sie standen so dicht, dass sie eine undurchdringliche Wand aus Nadeln bildeten.
Den Blick nach unten gerichtet, gingen Irene und Fredrik auf die Tannen zu. Alte Reifenspuren von schweren Fahrzeugen, aber auch ein paar - kaum zu erkennen - von Personenwagen.
»Jetzt wissen wir, warum er hier geparkt hat. Weiter kommt man nicht.«
Fredrik deutete auf die Fortsetzung des Wegs hinter der Tannenpflanzung. Dort war eine wassergefüllte Senke. Das Risiko wäre zu groß gewesen, im Morast stecken zu bleiben.
Irene ging den Weg ein Stück zurück. Als sie den Pfad erreichte, den der Zeuge mit dem Hund entlanggegangen war, schaute sie über ihre Schulter. Ihr Saab war kaum noch zu sehen, da der Forstweg in einer Biegung um die Tannen herumführte. Der Kleinwagen, den der Zeuge bemerkt hatte, hatte noch näher an den Tannen gestanden. Mit einem Seufzer musste Irene dem Zeugen Recht geben. Es war unmöglich, das Nummernschild zu erkennen, und ganz sicher auch schwer, die Auto marke zu bestimmen, besonders wenn man bedachte, dass Kleinwagen alle gleich aussahen.
Sie ging zu Fredrik zurück. Der stand in Gedanken versunken neben der wassergefüllten Senke.
»Ich würde es mit dem Kahlschlag versuchen, wenn ich durch diesen dichten Wald kommen wollte. Wahrscheinlich ist es einfacher, am Rand des Kahlschlags entlangzugehen«, sagte er.
»Keine schlechte Idee. Wir gehen mal nachschauen.«
Sie umrundeten die riesige Pfütze und marschierten auf den Kahlschlag zu. Davor blieben sie stehen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Der Kahlschlag war lang und recht schmal.
»Hier kann man mindestens hundert Meter weit gehen. Dann muss man seine Machete schwingen«, stellte Fredrik fest.
Obwohl sie Büschen und Bäumen nicht ständig ausweichen mussten, war es trotzdem schwer, auf der von den großen Maschinen der Holzfäller aufgewühlten Erde vorwärts zu kommen. Die Erde war feucht und gab nach, und sie sanken mit ihren Schuhen ein. Irene würde ihre Curling-Schuhe abwaschen und bürsten müssen, ehe sie sich wieder unter Menschen wagen konnte. Bei Fredrik war es noch schlimmer. Er trug Segelschuhe, allerdings die stabilere Ausführung, die zum Spazierengehen taugte, allerdings nicht zu Wanderungen
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