Tod im Pfarrhaus
was?«
Irene fühlte sich schon besser. Wäre doch gelacht, wenn sie den Karlhögs nicht eine Katze besorgen könnten!
Irene gab beim Jiu-Jitsu-Training am Sonntag ihr Letztes. Sie spürte ihren Puls. Sie fühlte sich nie wohler, als wenn sie sich richtig verausgabte. In letzter Zeit ging sie nur noch höchstens einmal pro Woche zum Sport, und das war entschieden zu wenig. Die Polizistinnen, die sie trainierte, begannen, richtig gut zu werden. Im nächsten Monat würden sie ihre Gürtel bekommen, die Anfänger in Orange, vier den grünen und drei den blauen Gürtel. Gar nicht schlecht, Irene war zufrieden. Sie mussten jedoch noch einige zusätzliche Trainingsstunden einlegen. Und ausgerechnet jetzt sollte Irene nach England fahren. Zwei Tage London mussten reichen, beschloss sie.
Auf dem Nachhauseweg vom Dojo fuhr sie bei der Doktor Bex Gata in Guldheden vorbei und nahm ihre Mutter mit. Krister hatte gefunden, dass sie seine Schwiegermutter genauso gut an diesem Sonntag einladen könnten, da er die nächsten drei Wochenenden arbeiten musste. Das hatte ihrer Mutter ausgezeichnet gepasst. Ihr Freund, mit dem sie nicht zusammenwohnte, wollte mit seiner Pokerrunde nach Dänemark.
»Ich war gestern an Papas Grab«, sagte sie plötzlich, als sie am Sahlgrenska Krankenhaus vorbeifuhren.
Dort war Irenes Vater vor fast zehn Jahren gestorben, auf der Onkologie. Der Krebs hatte einen schnellen Verlauf genommen, und nach nur zweiwöchigem Krankenhausaufenthalt war er tot gewesen.
»Ich möchte neben ihm liegen und wünsche eben falls ein Urnenbegräbnis«, fuhr ihre Mutter fort. Irene schaute sie von der Seite an. Etwas besorgt fragte sie:
»Wieso fängst du jetzt damit an? Geht es dir nicht gut?«
»Ganz und gar nicht. Ich habe mich nie gesünder gefühlt. Ich will nur, dass du das weißt. Für den Notfall. In meinem Alter kann das wie ein Blitz aus heiterem Himmel kommen. Du weißt doch, Stina und Bertil Karlsson, die aus dem Nachbarhaus …«
Irene nickte. Sie hatte mit der jüngsten Tochter gespielt.
»Er ist letzten Freitag gestorben. Herzinfarkt. Knall auf Fall! Drei Jahre jünger als ich.«
Deswegen fing sie also damit an. Falls Irene geglaubt hatte, dass ihre Mutter es dabei bewenden lassen würde, hatte sie sich allerdings geirrt. Sie fuhr fort:
»Und dann will ich, dass ›Nur ein Tag‹ und ›Der Bettler von Luossa‹ gesungen werden.«
»›Der Bettler von Luossa‹ ist doch gar kein Kirchenlied!«
»Nein, aber mein Lieblingslied, und auf das bestehe ich. Und falls möglich mit Trompete. Du weißt schon, so, wie Arne Lambert es immer spielt. Dieses ›… heim zu den tiefblauen Himmeln der Ukraine, unter denen die duftenden …‹«
Als ihre Mutter zu singen begann, erinnerte sich Irene wieder.
»Ist da nicht irgendwas mit ›… hm-hm läutet die kleine Glocke‹?«
»Keine Ahnung, aber das soll jedenfalls gespielt werden.«
Irene nickte. Das Thema der Unterhaltung gefiel ihr gar nicht. Auch wenn sie nicht die Zeit hatte, ihre Mutter hinlänglich oft zu besuchen, wussten sie doch beide, dass sie sich sehr viel bedeuteten. Ihre Mutter war eingesprungen, als die Zwillinge klein gewesen waren und Irene hatte arbeiten müs sen. Kriminalinspektoren im Außendienst kriegen keinen Halbtagsjob. Wenn Krister damals nicht Teilzeit gearbeitet und ihre Mutter die Kinder nicht von der Krippe abgeholt hätte, hätte Irene nie bei der Kriminalpolizei Dienst schieben können.
Katarina und Jenny waren beide zu Hause. Sie mochten ihre Großmutter sehr. Vielleicht lag das daran, dass sie die Eltern von Krister in Säffle nur selten sahen. Diese waren schon über achtzig und hatten außerdem fünf Kinder und elf Enkel. Großmutter Gerd hatte nur Jenny und Katarina, da Irene die Einzige gewesen war.
Krister hatte ein richtiges Frühlingsmenü zubereitet. Frischer Spargel mit zerlassener Butter als Vorspeise, als Hauptgang gebratenes Hühnchen mit Rosmarinsauce und Ofenkartoffeln. Jenny aß statt des Huhns gebratene Champignons. Sie hatte auch den Nachtisch gemacht: Rührkuchen mit Schlagsahne. Das war eine ihrer Spezialitäten, obwohl sie keine Schlagsahne mehr aß. Statt Butter hatte sie für den Kuchen natürlich pflanzliche Margarine verwendet. Jenny war von den beiden diejenige, die zumindest etwas von Kristers Interesse am Kochen geerbt hatte. Katarina war wie ihre Mutter: Man aß, weil es zum Überleben notwendig war. Schmeckte es, war es gut, schmeckte es nicht, hatte man Pech gehabt. Hauptsache, man
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