Tod im Pfarrhaus
Fingern auf der Tischplatte. Irene hatte gerade ihren Bericht über die Londonreise beendet. Die Besprechung fand am Nachmittag stand, da die Morgenbesprechung hatte verkürzt werden müssen. Der Kommissar hatte sich gezwungen gesehen, eine Konferenz der Führungsebene zu besuchen. Es war anzunehmen, dass das auch der Grund für seine schlechte Laune war. Ein weiterer Grund war, dass sich Jonny Blom schon wieder hatte krankschreiben lassen. Da im gesamten Dezernat Personalknappheit herrschte, war es sofort zu spüren, wenn einer fehlte. Die Übrigen hatten dann noch mehr zu tun, und die Akten türmten sich auf sämtlichen Schreibtischen. Es mussten ungemütliche Prioritäten gesetzt werden. Es war nicht ganz leicht, einer alten Dame, die mit dem Messer bedroht und um hundertdreiundvierzig Kronen beraubt worden war, bei ihrem sechsten Anruf in drei Tagen zu erklären, dass ihr Fall wirklich nicht der wichtigste sei. Für sie war das Ganze entsetzlich, für die Beamten nur ein Papier mehr auf dem Schreibtisch. Vielleicht würden sie den Täter fassen, falls es zu einem weiteren ähnlichen Überfall in der gleichen Gegend kam. Mit etwas Glück hatten sie dann eine gute Personenbeschreibung in der Hand. Wenn nicht, dann würde das Papier im Stapel der laufenden Ermittlungen immer weiter nach unten wandern.
»Ich finde durchaus, dass die Reise einiges erge ben hat. Beispielsweise, dass Rebecka mit Christian Lefèvre letzten Sommer in Schweden war. Sie sind nach Kullahult gefahren, haben aber weder ihre Eltern noch ihren Bruder angetroffen. Dann fuhren sie mit dem Auto nach Stockholm, um dort mit dieser Hilfsorganisation über einen Auftrag zu sprechen. Von dort flogen sie direkt zurück nach London, und zwar ohne mit ihren Eltern gesprochen zu haben«, sagte Irene.
»Haben sie ihren Eltern nie erzählt, dass sie beim Pfarrhaus waren?«, wollte Fredrik wissen.
»Offensichtlich nicht.«
»Was haben sie für diese Hilfsorganisation gemacht?«, erkundigte sich Hannu.
»Keine Ahnung. Das war die letzte Frage, die ich ihr gestellt habe, ehe sie vollkommen in sich zusammenfiel. Vielleicht sollten wir uns bei Rädda Barnen in Stockholm erkundigen?«
»Verdammt! Das hat doch nichts mit den Morden zu tun!«, fauchte der Kommissar.
Wirklich keiner seiner besseren Tage. Irene hatte plötzlich nicht übel Lust, ihn bei Donna Thomsen vorbeizuschicken. Zum einen, um ihn loszuwerden, zum anderen, weil ihm das sicher gut bekommen würde. Donna wäre allerdings sicher enttäuscht. Einen glatzköpfigen, bleichen und dicklichen Kommissar mit zu hohem Blutdruck hatte sie sich nicht erhofft. Für alle Beteiligten war es deswegen vermutlich das Beste, wenn der Kommissar im Präsidium blieb.
»Ich weiß, dass das vielleicht zu nichts führt. Aber außer den Computern haben wir keinerlei Anhaltspunkte. Sten Schyttelius benutzte einen Computer. Jacob Schyttelius benutzte einen Computer. Rebecka arbeitet mit Computern, und zwar auf höchstem Niveau. Lefèvre ebenfalls. Die Einzige, die nichts mit Computern zu tun hatte, war Elsa Schyttelius.«
»Wo sind die Disketten?«, wollte Hannu wissen.
»Genau. Eigentlich müsste es eine Unmenge Disketten geben. Schon allein für das Backup«, pflichtete ihm Irene bei.
»Womit verdienen Rebecka und dieser andere Bursche eigentlich genau ihr Geld?«, fragte Fredrik.
»Lefèvre war recht mitteilsam, als ich ihn nach seiner Arbeit gefragt habe. Meistens geht es offensichtlich um irgendwelche Sicherheitsfragen des Internets. Wie man Sabotage verhindern kann und so.«
»Und was hat das mit den Morden zu tun?«, wollte der Kommissar wissen.
»Wahrscheinlich überhaupt nichts. Wahrscheinlich geht es um ganz andere Sachen. Was die Satanistenspur angeht, stecken wir fest und kommen nicht weiter. Vielleicht ist Sten Schyttelius ja etwas ganz anderem auf die Spur gekommen, als er nach den Satanisten suchte? Sodass er schließlich für eine oder mehrere Personen eine solche Bedrohung darstellte, dass diese beschlossen, ihn zu ermorden. Das würde erklären, warum Elsa und Jacob ebenfalls getötet wurden. Der Mörder konnte es nicht riskieren, dass Sten Schyttelius seinen nächsten Angehörigen von seinen Erkenntnissen erzählt hatte.«
Eine Weile war es still. Dann sagte Hannu:
»Dann ist Rebecka immer noch in Gefahr.«
»Das befürchte ich. Der Mörder kann nicht wissen, ob ihr Sten oder Jacob nicht doch etwas erzählt haben. Sie scheint überaus verängstigt zu sein.«
»Aber wieso erzählt diese
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