Tod im Pfarrhaus
gesehen und war Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen begegnet. Irene hatte den Eindruck, dass er über große Menschenkenntnis verfügte.
»Haben Sie und Inspector Thomsen damals zu Hau se in ihrer Wohnung mit Rebecka gesprochen?«
»Ja. Sie wohnt wirklich schön. Vielleicht eine Spur spartanisch. Mich überkam irgendwie das Gefühl von … Einsamkeit. Sie schien keine Feste mit einer Menge Leute dort zu veranstalten. Falls Sie verstehen, was ich meine.«
»Ja. Rebecka scheint ein einsamer Mensch zu sein.«
Sjönell schien sich seine Worte genau zu überlegen, ehe er fortfuhr:
»Als Pfarrer habe ich es oft mit einsamen Menschen zu tun. In unserer Gesellschaft ist das eine Volkskrankheit. Ja, ich glaube, dass sie sehr einsam ist. Die Einzigen, denen sie wirklich zu vertrauen scheint, sind dieser junge Mann, mit dem sie zusammenarbeitet, und Doktor Fischer. Sie bat uns, Fischer anzurufen, als es ihr endlich gelang, ein paar Worte über die Lippen zu bringen.«
»Er kam also zu ihr in die Wohnung?«
»Ja.«
»Haben Sie mit Doktor Fischer wegen der Beisetzung gesprochen?«
»Nein. Aber ich kann heute Nachmittag bei ihm anrufen. Ich habe einen guten Freund bei einem renommierten Beerdigungsinstitut in Göteborg. Er hilft Rebecka sicher bei allen praktischen Fragen. Es ist doch sicher das Beste, wenn wir mit der Beerdigung noch ein wenig warten? Möglicherweise kommt Rebecka ja wieder soweit zu Kräften, dass sie nach Hause fahren kann.«
»Sie haben sicher Recht«, pflichtete ihm Irene bei.
Sie glaubte nicht, dass Rebecka nach Hause kommen würde, behielt ihre Meinung aber für sich.
Vor den bevorstehenden Osterfeiertagen hatte sich eine gewisse Ruhe im Dezernat ausgebreitet. Wahrscheinlich würde diese einige Tage lang an dauern. Ostersamstag brach dann immer das Chaos aus. Familienstreitereien, Gelage, Körperverletzung, Vergewaltigungen, Mord: mit allem, was zu einem Feiertag dazugehörte, würden sie sich dann befassen müssen. Alle außer Irene. Zum ersten Mal seit langem würde sie nämlich wieder über die Feiertage frei haben. Vier lange Tage, zu schön, um wahr zu sein. Andererseits hatte sie die ganzen Weihnachtsfeiertage Dienst geschoben und würde auch Mittsommer wieder ran müssen. Ihre freien Tage über Ostern hatte sie sich also redlich verdient.
Gegen drei Uhr nachmittags war Svante Malm bei ihnen zum Rapport erschienen. Irene hegte den Verdacht, dass er unten bei sich den Kaffeeduft gerochen hatte oder auch den des frischen Mandelgebäcks.
Tommy hatte es mitgebracht, da er Ostermontag Geburtstag hatte. Am nächsten Tag, also am Gründonnerstag, wollte er mit der ganzen Familie in den Wintersportort Åre, um ein letztes Mal in dieser Saison Ski und Snowboard zu fahren. Irene beneidete ihn nicht. Achthundert Kilometer in einem alten Volvo mit zwei Erwachsenen, drei Kindern im Alter von neun bis fünfzehn, und einem lebhaften Hund - übrigens einer Tochter von Sammie - plus einer Unmenge Gepäck erschienen ihr nicht gerade als Traumurlaub. Sie selbst freute sich darauf, einfach mit der Familie auszuspannen.
»In der Asche lagen ganz richtig Reste von Dis ketten. Aber wir fanden auch Rückstände von Videokassetten. Alles in Flammen aufgegangen. Keine Chance, rauszukriegen, was drauf war.«
Er beugte sich vor und nahm eine stabile durchsichtige Plastiktüte aus der Tasche, in der schwarze Klumpen und ein schwarzes Pulver zu sehen waren.
»Das hier ist interessant.« Der Mann von der Spurensicherung lächelte.
Die anwesenden Polizisten versuchten, höflich interessiert zu wirken.
»Er - oder sie - hatte Kohle zum Feuermachen dabei.«
»Kohle?« Andersson war ratlos.
»Holzkohle«, erläuterte Svante Malm.
Es half nicht. Der Kommissar sah immer noch genauso ratlos aus.
Mit einer großen Portion Geduld und in pädagogischem Tonfall fuhr Svante Malm fort:
»Die Mordnacht war kalt, und außerdem begann es zu regnen. Es wäre unmöglich gewesen, mit irgendwelchen nassen Zweigen ein Feuer zu machen. Also nahm der Mörder Holzkohle mit, wie es sie säckeweise für den Gartengrill gibt. Wir haben um das Feuer herum auch Spuren von Spiritus gefunden. Holzkohle glüht länger als normales Brennholz. Außerdem wird sie sehr heiß, sodass alles ordentlich verkohlt.«
»Holzkohle und Spiritus. Der Mörder hatte also geplant, die Disketten und Videos zu verbrennen. Er wusste bereits vor den Morden, was er finden würde und was er damit machen würde«, stellte Tommy
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