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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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die Schliche gekommen und hat gedroht, die Sache an die große Glocke zu hängen.«
    Margits Blick war skeptisch. »Das Einzige, was wir bis jetzt haben, sind lose Vermutungen. Mehr nicht.«
    »Ich weiß.« Thomas klang müde. »Hast du übrigens Sylvia Juliander erreicht?«
    »Ja. Sie hatte keine Ahnung, ob ihr Mann und Martin Nyrén irgendwelche Gemeinsamkeiten außerhalb des KSSS hatten. Da war nichts zu holen.«
    »Da also auch nicht.« Thomas unterdrückte ein Seufzen.

    Wann hatte er seine Kinder verloren?
    Als sie geboren wurden, hatte ihn ein Gefühl erfüllt wie nie zuvor. Diese winzig kleinen Finger, die nach seinen eigenen griffen. Die flaumigen Haare, so zart, dass man sie kaum sah. Die Augen, die ihn blicklos anblinzelten.
    Das Glücksgefühl überraschte ihn. Die erste Schwangerschaft seiner Frau hatte ihn nicht sonderlich interessiert. Es war, als ginge ihn die ganze Sache nichts an. Noch etwas, das passierte, weil es irgendwie dazugehörte, und nicht, weil er sich besonders danach gesehnt hätte. Er fühlte sich kaum gefragt, geschweige denn beteiligt.
    Er hatte getan, was man von ihm erwartete, nicht mehr und nicht weniger.
    Aber als er dann im Krankenhaus stand und in das kleine Bett hinunterschaute, in dem sein Sohn lag, verstand er nicht, wie er ohne ihn hatte leben können.
    Danach verbrachte er einen Großteil seiner Freizeit mit seinen Kindern im Kinderzimmer. Er konnte stundenlang auf dem Fußboden zwischen Bauklötzen und Teddys sitzen, die kleinen Bäuche kitzeln, bis die Kinder vor Lachen kreischten, und ihnen Märchen vorlesen, bis die Augenlider zufielen und die Arme, die den Teddy umklammerten, langsam schlaff wurden.
    Die Veränderung kam leise herbeigeschlichen. Sie begannen Dinge zu sagen, die wie ein Echo der Gedanken seiner Frau klangen. Ihre Ansichten wurden ihm fremd und ihre Werturteile waren weit von seinen eigenen entfernt.
    Seine Tochter suchte nicht mehr seine Nähe. Stattdessen zog sie es vor, mit ihrer Mutter einkaufen zu gehen. Sie hörte auf, mit ihm zu reden, und stand stundenlang vor dem Spiegel.
    Sein Sohn, der Erstgeborene, wurde ein Snob, der mit Klischees um sich warf und sich mit Freunden umgab, deren Ausdrucksweise er kaum verstand.
    Die Geschwister schlossen sich zusammen und bildeten eineGemeinschaft, in der er weder besonders willkommen noch gefragt war.
    Mit der Zeit hatte er sich in seinem eigenen Haus mehr und mehr überflüssig gefühlt. Immer öfter machte er abends Überstunden und vermied es, früh nach Hause zu kommen.
    Die Mutter seiner Kinder herrschte souverän über die Familie, und sein eigener Lebensraum schrumpfte immer mehr zusammen.
    Wann hatte er die Kinder verloren?

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Donnerstag, vierte Woche
Kapitel 67
    Nora hielt es nicht mehr aus.
    Henrik hatte am Montagmorgen angerufen und kurz mitgeteilt, dass er die ganze Woche arbeiten musste. Er würde am Freitagabend zurück nach Sandhamn kommen. Dann konnten sie sich aussprechen.
    Die letzten Tage hatte sie funktioniert wie auf Autopilot. Hatte Essen für die Jungs gemacht, war zum Strand gegangen, hatte sofort Eis gekauft, wenn Adam und Simon nur ein bisschen bettelten. Sie hatte nicht die Nerven, auch noch mit ihnen zu streiten. Erziehen konnte sie die Kinder auch ein andermal.
    Schließlich hatte sie es im ganzen Körper gespürt: Sie musste weg von der Insel. Sie würde noch verrückt werden, wenn sie weiter durch die Gegend lief und so tat, als wäre alles in Ordnung.
    Am Mittwochabend hatte sie ihre Mutter gefragt, ob die Jungs für ein paar Tage bei ihnen bleiben konnten. Als Grund gab sie an, sie müsse in die Stadt und arbeiten. Wie üblich war das kein Problem.
    Noras Mutter hatte sie bekümmert angesehen, war aber so taktvoll gewesen, keine Fragen zu stellen. Das war ihr sicher schwergefallen, aber Nora war dankbar, dass ihre Mutter sich gerade jetzt nicht einmischte. Falls Susanne gefragt hätte, was zwischen ihr und Henrik vorgefallen war, hätte Nora vermutlich angefangen zu weinen.
    Und was hätte das genützt?
    Nora nahm eine der Vormittagsfähren nach Stavsnäs und stieg in den Bus 433, der bis Slussen fuhr. Trotz der kurvigen Strecke schlief sie sofort ein, kaum dass sie sich hingesetzt hatte, und wachte erst an der Endstation auf. Dort verließ sie den Bus und folgte dem Strom der Leute in die U-Bahn.
    Überrascht bemerkte sie, wie heruntergekommen es hier aussah. Slussen war eine der ersten U-Bahn-Stationen gewesen, die in Stockholm gebaut wurden, und das merkte man. Die

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