Tod im Schärengarten
Aber er fühlte sich wesentlich besser. Die Nase lief nicht mehr und die Kopfschmerzen waren weg. Sein Körper fühlte sich langsam wieder normal an. Ein Blick auf die Armbanduhr machte ihm klar, dass er fast fünfzehn Stunden geschlafen hatte.
Es war eine richtige Sommergrippe, die er sich da eingefangen hatte. Genau wie der Alte.
Da er zum ersten Mal seit mehreren Tagen wieder Appetit hatte, frühstückte er ausgiebig: zwei Tassen Kaffee, einen großen Teller Müsli mit Dickmilch und mehrere Scheiben Toast. Dann nahm er eine lange, heiße Dusche und zog sich an.
Es war schon nach zwei, als er endlich fertig war. Aber jetzt fühlte er sich wieder fit. Es juckte ihn in den Fingern, sich in die Ermittlungen zu stürzen. Er nahm seine Autoschlüssel und ging hinaus, um nach Nacka zu fahren.
Der Anruf aus der Kreditabteilung kam erst Dienstag nach dem Mittagessen, und zu dem Zeitpunkt hatte Nora die ganze Sache fast schon wieder vergessen. Das Wetter war deutlich besser geworden, und so hatte sie sich mit den Jungs nach Fläskberget aufgemacht, um ein paar Stunden zu baden.
Die Jungs konnten sich nichts Schöneres vorstellen, als mit einem langen Anlauf vom Schwimmsteg ins Wasser zu springen. Das konnten sie immer und immer wieder machen, ohne müde zu werden. Nora erinnerte sich schwach, dass sie das als Kind auch geliebt hatte, aber inzwischen war sie richtig wasserscheu und vermied es nach Möglichkeit, mit dem Kopf unter Wasser zu kommen.
Am Strand von Fläskberget hatte sie andere Mütter getroffen, die in der Nähe wohnten. Während sie ein waches Auge auf die spielenden Kinder hielten, redeten sie über dieses und jenes, und Nora merkte, wie sie sich im Kreis der Nachbarfamilien entspannte, die sich alle schon viele Jahre kannten. Es war schön, mal eine Weile nur so zuplaudern. Der jüngste Mord an einem Vorstandsmitglied des KSSS war natürlich in aller Munde. Da jedoch keiner den Mann näher gekannt hatte, blieb es bei Spekulationen.
Aber unheimlich war es schon. Die Todesfälle bedrückten alle. Es war so unwirklich und doch real.
Nora und die Jungs waren gerade wieder zu Hause angekommen, als ihr Handy klingelte. An der Nummer auf dem Display sah sie, dass es jemand von der Bank war. Mit dem Telefon in der Hand ging sie auf die Veranda und setzte sich in einen der Korbsessel.
Eine höfliche Stimme stellte sich als Niklas Larsson vor. Er hatte ihre Anfrage erhalten und sich den Vorgang aus dem Zentralarchiv kommen lassen, um ihr weiterhelfen zu können. Er lag vor ihm auf dem Schreibtisch.
Um ihm nicht erklären zu müssen, wofür sie die Information brauchte, kam Nora direkt zur Sache.
»Ich habe mir die Kreditaufstellung angesehen und mich gefragt, ob das sein kann. Es sieht so aus, als wären dem Insolvenzschuldner deutlich höhere Kredite bewilligt worden als üblich.« Sie gab sich Mühe, so zu klingen, als ginge es um eine reine Routinesache.
»Das ist korrekt. Eine traurige Geschichte. Wissen Sie Näheres über Olof Martinsson?«
»Nein«, gab Nora zu. »Nicht viel.« Sie zog einen Hocker heran und legte ihre Füße darauf.
»Er war Zahnarzt, aber auch Biochemiker. Und zwar ein sehr innovativer. Haben Sie schon mal von der Brånemark-Methode gehört?«
Nora dachte nach. Hatte nicht eine Sekretärin in ihrer Abteilung vor einer Weile davon gesprochen, dass ihre Mutter unter Zahnausfall litt? In dem Zusammenhang war der Name Brånemark gefallen.
»Wenig. Bitte erzählen Sie mir mehr.«
»Das ist eine Methode, um künstliche Zähne im Kiefer zu verankern. Sie wurde in den Sechzigerjahren von einem schwedischen Professor erfunden. Martinsson versuchte, eine bessere Variante zu entwickeln, hatte jedoch kein Glück. Er investierte sein ganzes Vermögen in das Vorhaben, war absolut überzeugt davon. Beinahe fanatisch, könnte man sagen.«
»Hat er deswegen mehr Geld bekommen, als er sollte?«
»Ja und nein. Zwar haben wir die Kredite bewilligt, obwohl seine Sicherheiten nicht ganz ausreichten, aber schließlich lief seine Zahnarztpraxis schon seit Jahren sehr gut und an der Höhe der Einkünfte war nichts auszusetzen. Das hat sicher dazu beigetragen, das Kreditkomitee zu überzeugen.«
»Aber auf lange Sicht reichte das nicht?«
»Nein. Er musste immer mehr Geld aufnehmen, um seine Forschungen weiterführen zu können, und irgendwann war Schluss. Er verpfändete sein Haus und seinen ganzen Besitz, aber es genügte trotzdem nicht.«
»Was passierte dann?«
»Wenn ich mich recht erinnere,
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