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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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Ohne nachzudenken ist sie in wilder Panik weggerannt.
    Wie idiotisch. Und so verdammt unnötig. Wie konnte sie nur so dumm sein?
    Sie versucht, sich bequemer hinzulegen. Die kriegen sie nicht. Sie wird zu ihrer Schwester in die Schweiz fahren. Dort findet sie keiner, dort ist sie sicher. Papas Geld wird von der Stiftung in den Alpen treu verwahrt. Es ist mehr als genug, um sich eine neue Existenz aufzubauen.
    Sie lächelt, als sie an ihren Vater denkt, ihren starken, klugen Vater. Er hatte schon vor langer Zeit begriffen, dass man das Familienvermögen außer Reichweite der schwedischen Steuerbehörden schaffen muss. Papa hat für sein Mädchen gesorgt, wie immer.
    Sie will sich nur erst einen Moment hier im Wald ausruhen, um neue Kräfte zu sammeln, bevor sie sich auf den Weg macht. Sie legt die Wange ins Moos und schließt die Augen.
    Es war so verblüffend leicht, diesen aufgeblasenen Wichtigtuer Oscar zu erschießen. Und notwendig, absolut notwendig.
    Als sie es tat, empfand sie eine tiefe Zufriedenheit. Auch er hattesich einst gegen sie entschieden. Es war lange her, aber jetzt hatte sie sich gerächt. Für viele Kränkungen.
    Der Moment war perfekt gewählt, genau in dem Augenblick, als er sich unbesiegbar vorkam. Geschah ihm recht, denkt sie.
    Ein leichtes Gefühl von Schwindel und Übelkeit schleicht durch ihren Körper. Sie versucht wieder, ihre Stellung zu verändern, um bequemer zu liegen. Es scheint, als ob das Blut nicht mehr so stark fließt. Gut. Sie will nur noch eine kleine Weile liegen bleiben, dann wird sie aufstehen und dieses gottverdammte Land ein für alle Mal verlassen.
    Wie ärgerlich, dass ihre Pläne geplatzt sind, so kurz vor dem Ziel. Sie hat lange darauf gewartet, Gattin des KSSS – Vorsitzenden zu sein. Das Königspaar zu begrüßen, Tischdame Seiner Majestät bei den Festen der Königlichen Klubs zu sein. In den Gesellschaftsspalten der Zeitungen zu erscheinen.
    Sie war schon immer bereit für die Rolle.
    Eigentlich hätte sie selbst Vorsitzende werden sollen. Weder Oscar noch Ingmar konnten ihr das Wasser reichen, was Energie und Kreativität betrifft. Sie ist eine hervorragende Organisateurin, eine geborene Führernatur.
    Aber das hätte man natürlich nie zugelassen. Eine Frau, die dem ehrwürdigen Seglerverein vorsteht – das wäre nicht gegangen. Das hätte das Weltbild der alten Knaben zutiefst erschüttert. Die waren vom selben Schrot und Korn wie ihr Vater. Er hatte ihr eine teure Hauswirtschaftsschule in der Schweiz spendiert, aber eine Berufsausbildung, damit sie selbst Karriere hätte machen können, kam nicht infrage. Sie würde ja doch nur heiraten und Kinder bekommen.
    Dann also Ingmar. Der feine adlige Ingmar, der genau die richtigen Verbindungen hatte.
    Zielstrebig hat sie ihm in verschiedenen gesellschaftlichen Zusammenhängen den Weg geebnet. Hat ihn ermuntert, Zeit und Kraft in den KSSS zu investieren. Jetzt steht er an der Schwelle zum Vorsitzenden. Das ist Isabelles Verdienst. Sie hat sich engagiert und ihn unterstützt, ihn zu Veranstaltungen und Dinners begleitet und die richtigen Kontakte geknüpft. Und außerdem Oscar aus dem Weg geräumt.
    Oscars Tod hatte mehrere Vorteile.
    Und was ist der Dank? Ingmar hat sie betrogen. Nicht mit irgendeiner dummen Blondine, das wäre ja noch zu ertragen gewesen. Dann hätte sie noch so was wie Respekt vor ihm haben können, weil er sich endlich mal als echter Kerl erwies und eine Affäre hatte. Sie selbst hatte ja auch schon seit Jahren nichts anbrennen lassen. Es war lange her, dass ihr Mann sie sexuell befriedigt hatte.
    Aber das hier? Das hätte ihre ganze Existenz in den Dreck gezogen, hätte alles zerstört, wofür sie so hart gekämpft hatte. Sie hätte sich niemals wieder in der Öffentlichkeit zeigen können.
    Und jetzt ist alles vorbei.
    Noch eine wütende, bittere Träne tropft ihr über die Wange. Sie war wirklich so dicht davor, all das zu erreichen, wovon sie seit Jahren geträumt hat.
    Von Weitem sind Stimmen zu hören, die näher kommen.
    Mit aller Kraft versucht Isabelle aufzustehen. Ihr Körper weigert sich, zu gehorchen. Eine Hand presst sie auf die Wunde, mit der anderen umklammert sie einen Zweig. Sie will sich hochziehen, sie muss auf die Beine kommen, muss weg von hier. Aber es ist zwecklos, es geht nicht. Keuchend sinkt sie wieder auf den feuchten Waldboden.
    Jetzt sind die Stimmen nicht mehr weit entfernt. Komischerweise spielt das keine große Rolle mehr. Eine innere Ruhe durchströmt sie. Sie hat

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