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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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Geräusch lässt William Aldecrantz zusammenzucken. Er dreht den Kopf nach rechts und sieht, wie Äste und Zweige von einem vorwärtsstürmenden Körper beiseitegebogen werden. Ganz nah am Wasser.
    William jubelt innerlich. Der Keiler ist wieder da. Ein Glück, dasser das Gewehr noch nicht entladen hat. Es ist entsichert und schussbereit. Er spannt seine Muskeln und blinzelt, um besser sehen zu können.
    Blitzschnell legt er das Gewehr an.
    Die Sicht wird durch Zweige verdeckt, aber gleich muss der Keiler in der Lücke zwischen den Bäumen auftauchen, auf die William zielt. Sein Herz hämmert. Der Mund ist trocken. Er wagt kaum zu atmen.
    Im selben Moment, als der Schatten aus dem Gebüsch hervorbricht, gibt er seinen Schuss ab.

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Kapitel 87
    Thomas läuft mit gesenktem Kopf, um den zurückschlagenden Zweigen auszuweichen. Er folgt einem schmalen Bach, der leise vor sich hin plätschert. Trotz der Mittagszeit ist es im Wald erstaunlich dunkel, das Sonnenlicht dringt kaum durch die dichten Baumkronen.
    Margit ist direkt hinter ihm, er hört sie keuchen.
    »Halt an, Thomas, halt an!«, ruft sie laut. »Da drüben an der Eiche!«
    Er bremst ruckartig ab.
    Fünfzig Meter vor ihnen steht ein großes, grauschwarzes Wildschwein. Die kräftigen Borsten lassen es aussehen wie ein Urzeittier. An den langen Zitzen kann man sehen, dass es eine Bache ist.
    Sie wirkt wütend.
    »Scheiße«, flucht Thomas vor sich hin. Er zwingt sich, ganz still zu stehen.
    Mit gereizten Wildschweinen ist nicht zu spaßen. Erst recht nicht mit einer Bache, die von ihren Frischlingen getrennt wurde. Warum muss sie jetzt ausgerechnet hier auftauchen? Wo sie es doch so verdammt eilig haben.
    »Kennst du dich mit Wildschweinen aus?«, flüstert Margit, die einen Meter hinter ihm steht. »Sind die nicht ziemlich aggressiv? Greifen sie Menschen an?«
    »Beweg dich nicht«, flüstert er zurück. »Vielleicht geht sie dann weg.«
    Letzteres ist mehr eine Hoffnung als eine Gewissheit. Was weiß er denn schon von Wildschweinen. Können sie einen erwachsenen Menschen töten? Was bringt sie dazu, anzugreifen?
    Margit und Thomas verharren mit angespannten Muskeln, ohne ein Wort zu sagen. Wie zwei griechische Statuen in der Wildnis.
    Von Weitem hört man Vögel zwitschern.
    Thomas steht der Schweiß auf der Stirn. Sie haben keine Zeit für das hier. Jede verlorene Sekunde bedeutet mehr Vorsprung für Isabelle.
    Die Bache sieht aus, als ob sie fast hundert Kilo wiegt, und Thomas ist skeptisch, ob seine Dienstwaffe ausreicht, um das Tier zu töten, falls es angreift. Um kein Risiko einzugehen, entsichert er die Waffe. Der schwarze Kolben fühlt sich lächerlich klein an in seiner Hand.
    Das Wildschwein steht immer noch da und starrt sie an. Die kleinen, tief liegenden Augen sehen tückisch aus. Es hat die kurzen Ohren gespitzt.
    Kostbare Minuten verstreichen, während Margit und Thomas warten. Auf einmal sind Geräusche hinter den Bäumen zu hören.
    Drei kleine Frischlinge kommen aus dem Gebüsch. Die Bache gibt ein dumpfes Grunzen von sich und verschwindet mit ihren Ferkeln zwischen den Bäumen.
    Thomas atmet auf und wischt sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Margit ist blass im Gesicht. Sie stößt einen leisen Pfiff aus und stützt sich an einem Baumstamm ab.
    »Puh, das war richtig unheimlich.«
    »Hörst du was?«, fragt Thomas und lauscht in den Wald.
    Ein Specht hämmert gegen einen Stamm. Sonst ist alles still. In welche Richtung ist Isabelle verschwunden?
    Da knallt ein Schuss, nicht weit entfernt. Plötzlich fällt die Entscheidung leicht.
    »Dahin«, ruft Thomas und läuft in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist. »Dort drüben!«

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Kapitel 88
    Der Schuss muss sie erwischt haben. Es tut nicht weh, aber sie hat ein seltsam taubes Gefühl oberhalb der linken Hüfte. Als hätte eine Faust sie mit voller Wucht getroffen.
    Sie ist hingefallen und kann nicht mehr aufstehen. Also bleibt sie auf dem Waldboden liegen, verborgen unter den dichten Zweigen einer großen Fichte.
    Vorsichtig betastet sie die Stelle, an der sie nichts spürt. Die Fingerspitzen werden nass und etwas Warmes läuft ihre Hand hinunter.
    Sie ist verletzt.
    Bittere Tränen steigen ihr in die Augen. Wenn sie nur die Nerven behalten hätte. Man hätte ihr nichts nachweisen können. Sie hat alle Spuren so sorgfältig beseitigt. Nichts ist zurückgeblieben.
    Aber als sie diesen Polizisten gesehen hat, diesen Andreasson, hat sie die Beherrschung verloren.

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