Tod im Schärengarten
es so selbstverständlich war, dass die Familie in der Hauptstadt blieb, und warum Henriks Job so wichtig war. Konnte er nicht auch einmal zurückstecken? Warum war so wenig Platz für ihre eigenen Wünsche?
Wenn man Henrik einen tollen Job in einer anderen Stadt angeboten hätte, wäre mit Sicherheit die ganze Familie umgezogen.
Seitdem saß ein kleiner Stachel in ihrem Fleisch, der nicht wieder verschwinden wollte. Er saß da und juckte, und weder sachliche Gründe noch logische Argumente halfen dagegen, ganz gleich, wie sehr sie sich zur Vernunft rief. Es fiel ihr schwer, sich damit abzufinden, dass sie immer noch auf ihrem alten Arbeitsplatz saß, mit demselben arbeitsscheuen und inkompetenten Chef. Eine ständige Erinnerung daran, warum sie so froh über das Angebot gewesen war, nach Malmö zu wechseln.
Sie erhob sich, zupfte ein paar verwelkte Blätter von den Geranien und warf sie durch das offene Fenster nach draußen. Es führte kein Weg daran vorbei, sie musste Henrik mit der Nachricht des Maklers konfrontieren und ihn fragen, ob er etwas davon wusste. Aber schon jetzt war sie es so leid, ihm die Frage überhaupt stellen zu müssen.
Sie verzog das Gesicht und ging in die Küche, um das Mittagessen für die Jungs zu machen. Es würde eine leichte Sommermahlzeit werden, und das hieß Dickmilch, Cornflakes und Käsebrot. Sie hatte keine Energie, etwas anderes auf den Tisch zu bringen. Manchmal kamen ihr die Sommerferien wie eine endlose Übung im Essenzubereiten vor. Zwischen den ganzen Vorbereitungen für Frühstück, Mittag- und Abendessen, ganz zu schweigen von mindestens einer Zwischenmahlzeit, blieb nicht viel Zeit, um den Urlaub zu genießen.
Henrik war wie üblich unten im Hafen und werkelte an seinem Boot herum, mit dem er während der Sommerwochen an allen möglichen Segelrennen teilnahm. Es würde noch Stunden dauern, bis er zurück war.
Nora beschloss, das Thema Makler in aller Ruhe mit ihm zu besprechen, wenn er nach Hause kam. Nicht aggressiv, sondern ganz neutral und fragend. Sie hatten den Winter über schon so oft gestritten, dass sie einfach keine Lust hatte, den Urlaub mit einem weiterenStreit zu beginnen. Es gab sicher eine einfache Erklärung. Die sollte Henrik geben können, ohne dass sie ihm sofort vorwarf, hinter ihrem Rücken zu handeln.
Sie schluckte ihren Ärger herunter und ging nach draußen, um die Jungs zu rufen.
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Kapitel 14
Das schwere Portal des um die vorige Jahrhundertwende erbauten Hauses mitten auf dem Norrmalmstorg glitt erstaunlich leicht auf. Da musste eine Art Federmechanismus eingebaut sein, dachte Thomas, denn so leicht war es sonst nicht, eine Eingangstür dieses Kalibers zu öffnen.
Ein roter Teppichläufer führte Margit und Thomas zu einem Fahrstuhl, dessen Gittertür beim Öffnen leicht quietschte. An der Wand daneben verkündete ein Messingschild, dass die Anwaltskanzlei Kalling ihre Räume auf allen Etagen hatte, der Empfang sich jedoch im ersten Stock befand.
Dort wurden sie von einem hübschen Mädchen begrüßt, das in adretter weißer Bluse und blauem Rock hinter einem edlen Empfangstresen aus dunklem Holz stand. Höflich fragte sie, ob sie behilflich sein könne. Margit und Thomas brachten ihr Anliegen vor, und kaum eine Minute später kam eine Frau in den Fünfzigern zu ihnen heraus.
»Rechtsanwalt Hallén, unser geschäftsführender Partner, kann Sie jetzt empfangen«, sagte sie mit freundlichem Lächeln. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen?«
Sie führte sie durch einen Korridor in einen Konferenzraum mit einem großen Mahagonitisch. Mitten auf dem Tisch stand eine Reihe Flaschen mit Mineralwasser unterschiedlicher Geschmacksrichtungen. Ein Tablett mit kleinen Kaffeetassen aus blau-weißem dänischem Porzellan und einem Kuchenteller stand daneben. Für alle Fälle stand auch noch eine Schale mit teuer aussehenden dunklen Schokoladestückchen bereit.
»Sind wir zum Kaffee eingeladen?«, flüsterte Margit Thomas zu, während sie den Überfluss auf dem Tisch betrachtete.
Der Mann mittleren Alters, der kurz darauf den Raum betrat, entsprach vollkommen dem Vorurteil, das Thomas über Anwälte hatte.
Er trug einen maßgeschneiderten dunklen Nadelstreifenanzug.In der Brusttasche steckte ein zartblaues Seidentuch, das exakt zu seiner Krawatte passte. Das weiße Oberhemd war perfekt gebügelt, das konnte sogar Thomas sehen. Er stellte fest, dass der Aufzug des Anwalts in krassem Kontrast zu seinem eigenen stand.
»Schlimme Geschichte«,
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