Tod im Schärengarten
Thomas nach.
Eva Timell verzog das Gesicht zu einer flüchtigen Grimasse und sah Thomas direkt in die Augen.
»Er war ein erfolgreicher Anwalt, sie war Hausfrau und kümmerte sich um die Kinder. Sie haben ein großes Haus in Saltsjöbaden und ein Ferienhaus auf Ingarö. Solange er kommen und gehen konnte, wie er wollte, und die Gartenbaufirma die Grundstücke pflegte, hatte seine Frau einen Lebensstandard und eine gesellschaftliche Position, um die sie viele beneiden würden. Sylvia litt keine Not. Sie hatten eine Vereinbarung miteinander, könnte man wohl sagen. Einen Vertrag auf Gegenseitigkeit.«
»Hatte er außereheliche Affären?«, fragte Margit.
Eva Timell verzog den Mund ein wenig. Fast so, als fände sie die Frage erheiternd.
»Ob er Affären hatte? Natürlich, ziemlich viele sogar.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Margit.
»Ja, so oft, wie ich Blumen in seinem Namen an verschiedene Damen geschickt habe … Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ein solcher Mann sich dreißig Jahre lang mit seiner treusorgenden Gattin begnügt?«
»Aber wie konnte er damit durchkommen?«, fragte Margit und dachte flüchtig an ihre eigene zwanzigjährige Ehe. Bertil verbrachte normalerweise jeden Abend der Woche vor dem Fernseher im Wohnzimmer.
Eva Timell sah Margit mit einem Blick an, als fände sie die Frage unglaublich naiv.
»Oscar Juliander war ein Mann, den es unter der Woche keinen Abend zu Hause hielt, oft nicht mal am Wochenende. Wie hätte seine Frau wissen sollen, ob er ein Geschäftsessen hatte, eine Vorstandssitzung im KSSS oder bei seiner Geliebten im Bett lag? Was glauben Sie, was er auf all seinen Geschäftsreisen gemacht hat, wenn die Tagesarbeit erledigt war? CNN eingeschaltet?«
Sie lächelte leicht und schüttelte den Kopf.
»Er war ein leidenschaftlicher Regattasegler. Moral hat nichts zu melden, wenn die Freizeit in den verschiedenen Häfen herumgebracht werden will. Erfolgreiche Männer haben eine große Anziehungskraft, vor allem wenn ihre Brieftasche ebenso dick gepolstert ist wie ihr Ego.«
Sie blickte auf ihre gefalteten Hände hinunter.
»Aber er war Sylvia gegenüber loyal, soweit ich weiß. Hat sie niemals bloßgestellt. Er war sehr diskret.«
»Mit Ihrer Hilfe.« Margit hatte es sich nicht verkneifen können. Aber sie bereute ihre Bemerkung schon, kaum dass sie ihr entschlüpft war.
Eva Timell verstummte und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Es wurde peinlich still im Raum.
»Oscar war mein Chef. Für mich war es Ehrensache, so effektiv und loyal wie möglich zu sein«, sagte sie schließlich.
»Könnten Sie uns eine Liste mit den Namen der Frauen zusammenstellen, von denen Sie wissen, dass Ihr Chef ein Verhältnis mit ihnen hatte?«, fragte Thomas und erhob sich.
Er gab ihr seine Karte mit Telefonnummer und Mail-Adresse.
»Wir werden uns sicher noch einmal mit weiteren Fragen an Sie wenden, sobald wir ein Stück weiter sind. Falls Ihnen noch etwas einfällt, egal was, wären wir dankbar, wenn Sie sich bei uns melden.«
Eva Timell nickte, erhob sich und sah Thomas traurig an.
»Ich kann nicht begreifen, dass er tot ist«, flüsterte sie und ging vor ihnen aus dem Zimmer.
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Kapitel 15
Henrik überrumpelte sie. Er kam schon kurz nach dem Mittagessen nach Hause, und ehe sie den Telefonanruf auch nur erwähnen konnte, erzählte er ihr unbekümmert, dass er einen Makler für den nächsten Tag nach Sandhamn bestellt hatte.
Die Erkenntnis ließ sie innerlich frieren. Kannte er sie so schlecht, oder wollte er nicht verstehen?
Während sie immer noch überlegte, was sie sagen sollte, begriff sie, dass er für sein Handeln auch noch gelobt werden wollte.
»Das war gar nicht so leicht, das kann ich dir sagen, so mitten im Sommer«, sagte er mit zufriedener Miene. »Schon gar nicht, wenn man einen richtig guten Makler haben will.«
»Aber hättest du mich nicht wenigstens vorher fragen können?«, wandte Nora ein.
Sie standen in der Küche, die Jungs waren wieder in den Garten gelaufen, und Nora machte sich energisch daran, die Anrichte abzuwischen, um ihn nicht ansehen zu müssen.
Henrik wirkte überrascht. Dann wurde er langsam grantig.
»Ich dachte, du freust dich«, sagte er nach einer Weile. »Im Moment ist es wirklich nicht leicht, dir irgendwas recht zu machen. Dabei versuche ich es, das tue ich wirklich.«
Er öffnete den Mund, als wollte er noch etwas hinzufügen, schloss ihn dann aber wieder.
Nora hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Sie lächelte in dem
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