Tod im Schärengarten
gekommen war, dass er ein Verhältnis mit Carina Persson angefangen hatte. Noch dazu die Tochter des Chefs. Er hatte sich nie sonderlich für sie interessiert. Sie war nicht sein Typ, wenn er überhaupt einen hatte.
Pernilla, seine ehemalige Frau, war groß und schlank, genau wie er. Sie hatten sich eines Abends in einer Kneipe kennengelernt, als er mit seinen Kumpels von der Polizeihochschule unterwegs war, und danach waren sie zusammengeblieben. Sie hatte an Berghs School of Communication studiert und anschließend eine Stelle als Projektleiterin in einer Werbeagentur bekommen. Sie waren beinahe gleichzeitig mit ihrer Ausbildung fertig gewesen, und dann waren sie zusammengezogen und hatten schließlich geheiratet. Es fehlte nur noch ein Kind, und das ließ auf sich warten.
Sie hatten es mehrere Jahre lang versucht, und schließlich reihten sie sich in die Warteschlange für künstliche Befruchtung ein. Als sie fast schon aufgeben wollten, klappte es plötzlich.
Das Gefühl, als Pernilla ihm mit zitternder Hand den kleinenweißen Streifen mit dem blauen Strich in der Mitte zeigte, war unbeschreiblich gewesen. Er konnte sich noch gut daran erinnern, was für ein magischer Moment das war. Unfassbar. Endlich, endlich wuchs ein kleines Leben in ihrem Bauch heran.
Als dann die Katastrophe über sie hereinbrach, waren sie unfähig, damit umzugehen. All die Jahre des Wartens, all das, worauf sie gehofft hatten. Und dann war es vergebens.
Wäre Emily nicht den plötzlichen Kindstod gestorben, wären Pernilla und er sicher immer noch verheiratet. Aber die Trauer und die Schuldgefühle hatten ihre Beziehung zerstört. Vor knapp zwei Jahren hatten sie sich getrennt.
Lange Zeit hatte er andere Frauen nicht einmal angesehen. Nora hatte sich nach Kräften bemüht, ihn mit diversen Single-Freundinnen zu verkuppeln, aber er konnte sich für nichts und niemanden begeistern. Ihm war alles egal.
Carina war irgendwie einfach dagewesen. Es schien, als tauchte sie immer überall dort auf, wo er war. Bei den Ermittlungen zu den Mordfällen im letzten Sommer hatte sie unendlich viele Stunden investiert. Hatte sich nie beklagt, auch wenn die Tage lang wurden. Geduldig war sie auf der Suche nach wichtigen Hinweisen unzählige Listen und Aufstellungen durchgegangen.
Eines Tages hatte sie ihn gefragt, ob sie in der Mittagspause nicht zusammen essen wollten. Nach ein paar gemeinsamen Mittagspausen hatte sie ein Abendessen vorgeschlagen, und daran schlossen sich ein paar Kinobesuche an. So war eins zum anderen gekommen, und inzwischen übernachtete er ein paar Mal die Woche bei ihr.
Thomas blinzelte unter halb geschlossenen Lidern zu ihr hinüber.
Sie war klein und süß, wie ein Kätzchen. Dunkles Haar, zierliche Figur. Sie hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mit ihrem feisten Vater. Und seine Launen hatte sie auch nicht geerbt.
Thomas hatte darauf bestanden, dass sie ihre Beziehung auf der Dienststelle nicht bekannt machten. Er wollte die Sache nicht an die große Glocke hängen, weder vor den Kollegen noch vor ihren Eltern. Carina hatte widerstrebend eingewilligt, aber jetzt war das Thema wieder zur Sprache gekommen. Sie würde die Polizeistation bald verlassen, und damit wären sie auch keine Arbeitskollegen mehr.
Plötzlich fühlte er sich wie ein Fremder in der feminin eingerichteten Wohnung. Das Sofa am Fenster war pastellblau, eine Farbe, dieer selbst nicht gewählt hätte. Alles war so durchdacht und ordentlich. Der ganze Raum wirkte eher wie ein Jungmädchenzimmer als wie ein Appartement.
Was wollte er mit einer Frau, die so viel jünger war als er? Physisch und seelisch.
Wenn er ehrlich sein sollte, wusste er nicht, ob er verlegen oder geschmeichelt sein sollte, dass jemand in ihrem Alter mit ihm zusammen sein wollte. Oder ob er einfach die Augen davor verschloss, wie es wirklich war: Dass die erste Verliebtheit dabei war, zu verschwinden. Ohne von etwas anderem ersetzt zu werden.
Nora ahnte möglicherweise, was los war, aber sie hatte im letzten Jahr so viel anderes zu bedenken gehabt. Sonst war sie immer die Erste, die spürte, was in ihm vorging. In vielerlei Hinsicht war sie wie eine kleine Schwester für ihn, sie wusste immer, wie er sich fühlte.
Nora und er hatten eine ganz besondere Freundschaft, und Pernilla war tolerant genug gewesen, sie nicht infrage zu stellen. Was mehr war, als man von Noras Mann Henrik sagen konnte, mit dem Thomas nie so richtig warm geworden war.
Am Anfang hatte er Henrik, der damals
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