Tod im Schärengarten
schießen?«, fragte Margit.
»Um so genau zu treffen, muss man schon ein talentierter Schütze sein«, warf Sachsen ein. »Aber in der richtigen Position und mit guter Übung geht das natürlich. Wie war das Wetter an dem Tag?«
Er blickte Thomas fragend an.
»Sehr ruhig«, antwortete Thomas. »Es ging nur eine leichte Brise. Ein richtiger Sommertag.«
»Ideale Bedingungen, mit anderen Worten«, stellte Sachsen fest, »um mit einem Gewehr von jedem beliebigen Bootsdeck zu schießen.«
»Irgendjemand muss den Schuss doch gehört haben«, sagte Margit und machte ein skeptisches Gesicht.
»Nicht, wenn er mit dem Startschuss zusammenfiel«, widersprach Thomas. »Der macht einen lauten Knall, glaub mir.«
»Aber kann man wirklich einen Schuss so zeitgleich abgeben? Wir reden hier von weniger als einer Sekunde.«
»Wenn du ein richtiges Ass bist, kannst du das wohl schaffen«, sagte Sachsen.
»Was ist mit Schalldämpfern?«, sagte Margit. »Mit einem Schalldämpfer hätte man den Schuss vermutlich nicht weit gehört.«
»Das könnte eine Erklärung sein«, sagte Thomas. »Vor allem, wenn der Schuss zeitgleich mit dem Startschuss zusammenfiel. Selbst wenn jemand etwas gehört hätte, würde er glauben, dass es nur das Echo war.«
»Schalldämpfer wirken bei kleinkalibriger Munition ganz hervorragend«, sagte Sachsen. »Viel besser als bei Munition von großem Kaliber, da kann man das Geräusch nicht nennenswert dämpfen. Eine .22er mit Schalldämpfer macht einfach nur puff.«
»Was man auf dem Meer kaum hört«, fügte Thomas hinzu.
Noch einmal hatte er den Startmoment vor Augen: Juliander zusammengebrochen auf den Planken. Die schockierte und ängstliche Besatzung. Die Verwirrung, die um sich griff, als ihnen aufging, dass ihr Skipper tot war.
»Der Kerl, mit dem wir es zu tun haben, ist eiskalt«, sagte er mit einem letzten Blick zu dem bläulich-weißen Körper auf der Stahlpritsche.
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Kapitel 17
Man brauchte ungefähr eine halbe Stunde von Solna nach Saltsjöbaden, wenn kein Berufsverkehr war. Thomas fuhr, und Margit hing ihren Gedanken nach. Sie passierten Fisksätra, eine heruntergekommene, dicht bewohnte Siedlung aus den Siebzigern, die einen markanten Kontrast zu den schicken Villen in Saltsjö-Duvnäs und Saltsjöbaden bildete.
Einige Minuten später näherten sie sich Saltsjötorg und bogen nach links Richtung Neglinge ab. Julianders Haus lag hinter Hotellviken und dem historischen Grand Hotel. Sie fuhren auf einer kurvigen Straße vorbei an alten Kaufmannsvillen mit lauschigen Gärten, zwischen denen hier und da weiße Einfamilienhäuschen aus den Siebzigern standen.
Drüben an der Landzunge lugte das gelbe Klubhaus des KSSS hervor, in dem sich das Büro des Segelvereins befand.
Sie waren nur fünfzehn Autominuten von der Stockholmer Innenstadt entfernt, aber es war ein Gefühl wie Urlaub auf dem Land. Das Wasser glitzerte und überall grünte und blühte es überwältigend. Manche Häuser waren hinter all dem Efeu kaum zu erkennen. In vielen Vorgärten standen hundertjährige Eichen, ein deutliches Zeichen, dass Saltsjöbaden einer der ersten Vororte von Stockholm gewesen war. Gegründet hatte ihn Familie Wallenberg, deren Geist bis heute über der ganzen Gegend schwebte.
Thomas bog in den Amiralsvägen ein und kurz darauf sahen sie ein großes, grafitgraues Haus im Stil der vorletzten Jahrhundertwende mit einer fantastischen Aussicht über Saltsjön. Auf der Garagenauffahrt parkte ein Land Rover neben einem silbernen Lexus. Ein weiteres Auto, ein schwarzer Porsche, stand ein Stück weiter im Schatten.
»Nicht schlecht, die Hütte«, sagte Margit. »Möchte mal wissen, wie lange der Großputz hier dauert.«
»Du meinst, für die Putzhilfe? Hier nimmt bestimmt keiner selbst den Staubsauger in die Hand.«
Sie gingen zur weißen Eingangstür und klingelten. Fast sofort wurde die Tür von einem jungen Mann in Jeans und rotem Pullover mit einem bekannten Markenlabel darauf geöffnet. Er stellte sich als David Juliander vor, Oscars jüngster Sohn.
Margit fiel wieder ein, dass der verstorbene Anwalt drei Kinder hatte, zwei Söhne und eine Tochter. Das Mädchen studierte im Ausland, in Paris, wenn sie sich recht erinnerte, während der jüngere Sohn in Papas Fußstapfen trat und Jura studierte. Der Älteste arbeitete in der IT – Branche. Also musste David der Jurastudent sein.
Thomas kondolierte und fragte nach Davids Mutter. Der junge Mann führte sie in den Salon und bat sie, Platz
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