Tod im Schärengarten
Unterlagen zusammen. Niemand sagte etwas.
»Ich denke, für den Moment war es das. Haben alle was zu tun in den nächsten Tagen?« Der Alte hatte sich halb erhoben, setzte sich aber noch einmal hin.
»Ach, übrigens«, sagte er. »Staatsanwalt. Wir dürfen nicht vergessen, den Staatsanwalt auf dem Laufenden zu halten. Sonst kriegen wir verdammten Ärger.«
»Wir treffen uns morgen früh mit der Staatsanwältin«, sagte Margit. »Wir kümmern uns darum. Keine Sorge, Charlotte Öhman übernimmt den Fall, und sie kennen wir ja.«
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Kapitel 20
Im selben Moment, in dem der Immobilienmakler seinen Fuß an Land setzte, wusste Nora, dass sie ihn nicht mochte. Sie hätte nicht sagen können, was sie schlimmer fand – den schicken Anzug, die spiegelblank geputzten Schuhe, die auf dem staubigen Kai schon von Weitem leuchteten, oder die Tatsache, dass er sich einen Schlips umgebunden hatte, obwohl er eine Ferieninsel am Außenrand des Schärengartens besuchen sollte.
Er war erstaunlich jung, sah aber aus, als hätte er den Auftrag seines Lebens bekommen. Was vermutlich auch der Fall war. Ein ehrgeiziger Musterknabe, dachte Nora im Stillen, der sich bei seinen Vorgesetzten lieb Kind machen will.
Svante Severin ließ sich durch Noras kühlen Empfang nicht beirren. Er strahlte sie mit gut eingeübtem Lächeln an, sprudelte geradezu über vor Begeisterung und schüttelte ihre Hand viel zu lange. Henrik gegenüber trat er auf, als würden sie sich seit Jahren kennen. Während der knapp zehn Minuten, die sie für den Weg zu Signes Haus brauchten, redete er wie ein Wasserfall.
Als sie die Brand’sche Villa erreicht hatten, fand er gar nicht genug Superlative für das, was er vor sich sah.
Die Küche bewies einen nostalgischen Charme, der einfach unwiderstehlich war. Der Kachelofen im Esszimmer versetzte ihn in Entzücken und die Glasveranda aus alten Zeiten verschlug ihm den Atem. Sogar das alte Badezimmer mit der Badewanne auf Löwentatzen bekam seinen Anteil von den Lobeshymnen ab, obwohl offensichtlich war, dass der heruntergekommene Nassraum seit Langem eine umfassende Renovierung nötig hatte.
Nora biss die Zähne zusammen und lächelte steif.
Sobald dieser Rundgang vorbei war, würde sie dafür sorgen, dass Svante Severin die Fähre bestieg und auf Nimmerwiedersehen verschwand.
»Hast du gehört?«, fragte Henrik.
»Was denn?« Nora war mit ihren Gedanken weit weg gewesen. Siehatte der Unterhaltung überhaupt nicht zugehört, während sie den beiden Männern die Treppe hinunter ins Esszimmer folgte.
»Du solltest ein bisschen aufmerksamer sein, Liebling. Svante hat gerade gesagt, dass sie bereit wären, bezüglich der Provision eine Sonderregelung zu treffen. Weil es ein so einzigartiges Objekt ist.«
Nora verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Severin und Henrik quer über den Esstisch fragend an.
»Provision?«
»Er muss natürlich für seine Arbeit bezahlt werden. Aber Svante ist bereit, auf sein Honorar von normalerweise vier Prozent der Verkaufssumme zu verzichten, zugunsten eines festen Betrags, über den wir uns noch einigen müssen. Das ist doch eine gute Idee, oder?«
Er legte beschützend den Arm um Noras Schultern und nickte dem Makler wohlwollend zu.
»Auf jeden Fall«, stimmte Severin zu. »Es wäre uns eine Ehre, ein solches Kulturgut vermitteln zu dürfen. Wir werden uns sicher auf einen Betrag einigen, mit dem alle Seiten zufrieden sind.« Er schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln. »Es würde mir nicht im Traum einfallen, bei einem Objekt wie diesem um Prozente zu feilschen.«
Er beugte sich zu Nora vor, die instinktiv einige Schritte zurückwich. Die Situation war bizarr. Vergeblich suchte sie in Henriks Gesicht nach Anzeichen dafür, dass er verstanden hatte, wie weit sie von einem Entschluss entfernt war, das Haus zu verkaufen.
Sie löste sich aus Henriks Umarmung und ging zum Fenster. Die Aussicht war herrlich, wie immer. Auf der Glasveranda stand der alte Rattansessel, in dem Tante Signe abends immer so gern gesessen hatte. Für einen Moment konnte sie fast einen Hundeschwanz auf den Boden klopfen hören, von Signes Hündin Kajsa, die immer zu ihren Füßen gelegen hatte.
»Es ist wohl noch ein bisschen früh, solche Sachen zu diskutieren. Ich finde, das sollten wir unter vier Augen besprechen, Henrik«, sagte sie und versuchte, ihm mit dem Blick eine stumme Nachricht zu schicken.
Henrik ging gar nicht auf sie ein, sondern fuhr unbeirrt fort:
»Nora, das musst du
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