Tod im Schärengarten
Wärme irgendeinen Geruch absonderten. Es war wirklich stickig in der Wohnung.
Er ging zum Fenster und öffnete es sperrangelweit, um die Abendluft hereinzulassen.
Dann goss er sich einen Whisky mit etwas Soda ein.
Mitten in der Nacht wurde er von ihren lauten Stimmen geweckt. Es war der Sommer, in dem er dreizehn wurde, aber immer noch kam es vor, dass er aufwachte und eingepinkelt hatte. Ein nasser, beschämender Fleck in der Pyjamahose, den er verzweifelt im Handwaschbecken wegzuwaschen versuchte, damit keiner etwas merkte.
Aber diesmal war es etwas anderes, das seinen Schlaf gestört hatte. Die dumpfe Stimme seines Vaters im Schlafzimmer nebenan, die durch die dünnen Wände des Sommerhauses drang. Das verzweifelte Betteln seiner Mutter.
»Ich flehe dich an, hör auf, dich mit dieser Frau zu treffen«, schluchzte sie.
Seine Mutter war betrunken. Natürlich.
Sie glaubte, dass niemand merkte, wenn sie ein Glas Sherry nach dem anderen in sich hineinkippte. In Wirklichkeit wussten alle in diesem Haushalt, was los war. Aber keiner sagte oder machte etwas dagegen, schon gar nicht sein Vater.
»Misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen«, fuhr sein Vater sie an. »Wenn du nicht ständig so verdammt müde wärst, brauchte ich nicht zu ihr zu gehen.«
Er kroch wieder ins Bett und zog sich das Kissen über den Kopf, um nichts mehr hören zu müssen. Der Kloß in seinem Hals schmerzte.
Als er am Morgen zum Frühstück nach unten kam, erzählte Elsa, dass der Herr Direktor zurück nach Stockholm gefahren war. Wichtige Geschäfte erforderten seine Anwesenheit.
Die gnädige Frau hatte Migräne und wollte nicht gestört werden.
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Mittwoch, erste Woche
Kapitel 19
Alle hatten sich Kaffee geholt und im Besprechungsraum der Polizeistation Nacka Platz genommen. Mit einem Räuspern gab der Alte zu verstehen, dass es Zeit war, mit der Lagebesprechung zu beginnen.
Es war acht Uhr am Mittwochmorgen. Genau zwei Tage und zwanzig Stunden, nachdem Oscar Juliander ein paar Seemeilen südöstlich von Sandhamn erschossen worden war. Regen trommelte gegen die Fensterscheiben. Die Temperatur war rasch auf siebzehn Grad gefallen, als das Tief heranzog. Typisch schwedischer Sommer, dachte Thomas missmutig.
Margit und er saßen an der einen Seite des Tisches, während Kalle und Erik sich am kurzen Ende niedergelassen hatten. Carina saß neben ihnen.
Der Alte räusperte sich wieder.
»So, dann fassen wir doch mal zusammen, was wir bisher haben. Wer fängt an?«
Er sah Margit und Thomas mit prüfendem Blick an.
»Wenn ich richtig informiert bin, wart ihr beiden inzwischen auf Sandhamn. Was habt ihr herausgefunden?«
Margit stand auf und ging nach vorn zu der weißen Tafel. Der erste Filzstift, nach dem sie griff, war eingetrocknet, aber der nächste funktionierte besser.
Während sie schrieb, erläuterte sie kurz, welche Hauptspuren sich für sie und Thomas abzeichneten, nachdem sie ihre Eindrücke zusammengefasst und ihre Schlüsse daraus gezogen hatten. Schlüsse, in denen sie im Übrigen bestärkt wurden, nachdem sie die Tonbandabschriften von Kalles und Eriks Zeugenvernehmungen gelesen hatten, die parallel zu ihren eigenen durchgeführt worden waren.
Als Margit fertig war, standen vier Punkte auf der Tafel:
Eifersucht
– Geliebte
– Ehefrau?
– Betrogener Ehemann
Wirtschaftsverbrechen
Russische Mafia
Drogen
»Warum hast du ein Fragezeichen hinter Ehefrau gemacht?«, fragte der Alte.
Margit, die zurück zu ihrem Stuhl gegangen war und sich wieder hingesetzt hatte, ließ sich ein paar Sekunden Zeit, ehe sie antwortete.
»Sie hat zwar ein Motiv, aber auch ein Alibi. Sieben Personen bezeugen, dass sie auf dem Boot gesessen und Wein getrunken hat, als der Schuss fiel. Tatsache ist, dass alle, die an Bord der Storebro waren, sich gegenseitig ein Alibi geben. Außerdem hat sie keine Erfahrung mit Schusswaffen. Wir haben das nachgeprüft, sie hat keinen Waffenschein.«
Sie streckte sich nach der Kaffeetasse, trank einen Schluck und fuhr fort:
»Ich sehe auch nicht, welchen Nutzen sie aus seinem Tod gezogen haben sollte. Nein, ich glaube, wir können Frau Juliander vorerst streichen.«
»Hier wird niemand gestrichen«, brummte der Alte. »Jedenfalls nicht, bevor ich es sage. Aber zumindest hat er eine Menge Freundinnen gehabt, wenn ich die Sache richtig sehe.«
Am Tisch wurden vielsagende Blicke gewechselt.
»Das kann man wohl sagen«, murmelte Erik.
»Neidisch?«, kam es von Margit.
»Danke,
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