Tod im Schärengarten
ich kann nicht klagen.«
Kaum einer der Kollegen am Tisch bezweifelte, dass Erik, der Dreißigjährige mit dem jungenhaften Lächeln und dem durchtrainierten Körper, recht hatte.
Kalle hielt die Liste hoch, die sie von Eva Timell bekommen hatten. Über ein Dutzend Frauen waren säuberlich mit Namen und Adresse aufgeführt.
»Ein richtiger Genießer, mit anderen Worten«, lachte der Alte.
»So kann man die Sache natürlich auch sehen«, schnaubte Margit. »Sofern man einen Mann, der seine Ehefrau seit Jahren betrügt, witzig findet.«
»Zur Sache«, sagte der Alte. »Teilt die Liste mit den Geliebten unter euch auf und kontaktiert sie. Wir lassen das mit der Ehefrau erst mal. Was wisst ihr über die finanzielle Situation?«
Thomas wandte sich an Carina.
»Wie sieht’s aus, hast du was über seine Finanzen herausgefunden?«
Die Erlaubnis, Julianders Konto und seine Vermögenslage zu durchleuchten, hatten sie gleich als Erstes bei der Staatsanwaltschaft beantragt. Das war ein wichtiger Puzzlestein, um zu verstehen, wie seine finanzielle Situation gewesen war. Nicht zuletzt deswegen, weil er auf erstaunlich großem Fuß gelebt hatte.
»Ich habe begonnen, alles durchzugehen«, erwiderte Carina. »Aber das dauert seine Zeit. Jetzt im Juli ist es schwer, die richtigen Leute zu erreichen. Aber Ende der Woche weiß ich sicher mehr.«
»Wir sind auch dabei, seine juristischen Fälle zu untersuchen, um zu sehen, ob sich dahinter vielleicht was verbirgt«, fügte Thomas hinzu.
»Gut. Und was macht ihr mit der russischen Spur?«
Der Alte wandte sich an Margit und Thomas, die ihrerseits Erik Blom ansahen. Erik blätterte in seinem Notizblock und schlug eine vollgekritzelte Seite auf.
»Wir haben keine Anzeige gefunden, es sieht also nicht so aus, als hätte er es notwendig gefunden, der Polizei von den Drohbriefen zu erzählen, von denen sein Sohn sprach. Laut Eva Timell geht es vermutlich um die Konkursmasse einer Firma namens Eastern Property. Juliander hatte den Auftrag vor ein paar Jahren erhalten.«
»Das könnte darauf hindeuten, dass er die Sache nicht besonders ernst genommen hat«, sagte Thomas.
»Oder dass er sich nicht getraut hat, Anzeige zu erstatten«, warf Margit ein.
»Ich habe gestern mit einem ehemaligen Kollegen vom Dezernat für Wirtschaftsdelikte gesprochen«, sagte Erik. »Ich wollte wissen, ob ihm der Name Eastern Property was sagt oder ob er einige der Beteiligten kennt.«
Erik blätterte ein paar Seiten weiter und blickte wieder hoch.
»Er hat veranlasst, dass die aktuellen Namen mit ihren Datenbanken abgeglichen werden.«
»Und was ist dabei rausgekommen?«, fragte Margit.
»Nichts. Sie haben weder im Verbrechensregister noch im Gewerbeverbotsregister etwas gefunden.«
»Wenn die russische Mafia dahintersteckt, haben sie bestimmt Strohmänner benutzt«, sagte Margit.
»Strohmänner?«, fragte Carina und wurde rot, als sie merkte, dass alle anderen verstanden hatten, was gemeint war.
Erik lächelte sie an. Er sah aus, als würde er hübschen Mädchen gern erklären, wie die Dinge lagen.
»Als Strohmann wird jemand bezeichnet, der bei einer Firmenpleite den Kopf hinhält. Vor allem, wenn sich dahinter ein Wirtschaftsverbrechen verbirgt. Dann setzt man irgendeinen mittellosen Säufer als Geschäftsführer ein, und der wandert dann in den Bau.«
»Aber gibt es wirklich Leute, die für Verbrechen, die sie nicht begangen haben, freiwillig ins Gefängnis gehen?«, fragte Carina.
Thomas wusste nicht, ob er ihre Frage berechtigt oder naiv finden sollte. Aber dann meldete sich sein schlechtes Gewissen, dass er so über seine Freundin dachte, oder wie immer er sie nun nennen sollte.
»Du würdest dich wundern«, antwortete Margit, »wenn du wüsstest, was ein Kerl, der seine Tage Bier trinkend auf der Parkbank verbringt, für ein paar Tausend Kronen alles tut. Es ist nicht teuer, einen Penner dazu zu bringen, irgendwelche Firmenpapiere zu unterschreiben.«
»Wie auch immer«, fuhr Erik fort, »falls die Mafia Marionetten oder Strohmänner eingesetzt hat, wird es nicht leicht sein, sie zu finden.«
»Was wissen wir über die Vorgehensweisen der russischen Mafia?«, fragte der Alte. »Passt das hier zu ihren üblichen Methoden?«
Es blieb eine Weile still, dann ergriff Thomas das Wort.
»Ich bin kein Experte, aber das sieht ihnen nicht ähnlich. Dass die russische Mafia sich über ein Jahr Zeit lässt, bevor sie einen lästigen Insolvenzverwalter abserviert, ist schwer
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