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Tod im Schärengarten

Tod im Schärengarten

Titel: Tod im Schärengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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einzubinden, hätten sie keine Sekunde Ruhe gehabt.
    Thomas schlug die Augen wieder auf und sah zum Altar.
    Die Familie hatte einen Sarg aus Walnussholz ausgesucht. Um ihn herum war eine unvorstellbare Zahl von Kränzen und Gestecken aufgebaut. Ein besonders schönes Blumengesteck in weißen und grünen Farbtönen prangte oben auf dem Sarg.
    Die Pfarrerin hielt eine unerwartet zu Herzen gehende Trauerredeüber den Verstorbenen. Sie sprach von seinem großen Lebenshunger, von seinem Talent, allen Situationen etwas Humorvolles abzugewinnen, und davon, wie beliebt und geachtet er gewesen war.
    Thomas stellte verwundert fest, dass es ihn anrührte. Das Bild, das sich während ihrer Ermittlungen ergeben hatte, zeigte einen Mann, der ohne mit der Wimper zu zucken seine Frau belog und betrog, der es mit der Wahrheit nicht genau nahm, der seinen materiellen Status als selbstverständlich ansah – einen tief egoistischen Mann, der seine Interessen über die aller anderen stellte.
    Aber jetzt schimmerte ein anderer Mensch durch. Oscar Juliander war gemocht worden. Er hatte den Trauernden in der Kirche viel bedeutet. Etliche weinten leise. Seine Witwe und seine Kinder vorn in der ersten Bank waren untröstlich. Und irgendwo nahm vermutlich die verzweifelte Diana Söder Abschied. Sie hatte sich natürlich nicht zur Kirche getraut. Erst recht nicht, nachdem die Zeitungen sie öffentlich an den Pranger gestellt hatten. Thomas erinnerte sich an ihr blasses Gesicht mit den tränenerfüllten Augen und spürte eine Welle von Mitleid.
    Was hatte den verstorbenen Anwalt veranlasst, so offensichtlich nach allen Attributen des Erfolgs zu streben?, fragte er sich, während die Pfarrerin Oscar Julianders Seele den Segen Gottes spendete. War es der Wettbewerb als solcher, der ihn angetrieben hatte, oder das Anhäufen von Trophäen? Hatte er seinen feinen Anwaltstitel genossen, das hohe Gehalt, die Boote und Autos, oder waren es nur tote Dinge gewesen, die ihren Reiz verloren, sobald er sie besaß?
    Vielleicht deuteten die vielen widersprüchlichen Aussagen, die Angaben über Kokainmissbrauch und wiederkehrende Wutausbrüche darauf hin, dass die Realität im Begriff gewesen war, Oscar Juliander einzuholen.
    Dass sein Kartenhaus zusammenzubrechen drohte.
    Als es Zeit war, am Sarg Abschied zu nehmen, schlichen sich Thomas und Margit hinaus. Vorsichtig öffneten sie die schwere Kirchentür und blieben auf der Steintreppe stehen. Sie hatten mit ihrer Teilnahme an der Trauerfeier keinen bestimmten Zweck verfolgt. Aber es war ihnen passend erschienen, nicht zuletzt, da immer noch viel Arbeit vor ihnen lag, bis sie mit Sicherheit sagen konnten, ob Alsing der Täter war.
    Nach einer Weile wurde das Kirchenportal weit geöffnet und der Vorplatz füllte sich. Viele Trauergäste waren ergriffen, mehrere der Frauen weinten immer noch.
    Die Familie hatte zum Begräbniskaffee in die Grünewaldvilla geladen, nicht weit von Julianders Haus entfernt. Thomas nahm an, dass die meisten dorthin gehen würden. Er nickte mehreren Leuten zu, mit denen er draußen auf Sandhamn gesprochen hatte und die ihn wiedererkannten.
    Als er einen Schritt zurücktrat, um jemanden vorbeizulassen, der es eilig hatte, stieß er versehentlich einen Mann im dunklen Anzug an. Mit einer Entschuldigung auf den Lippen drehte er sich um und sah, dass es Ingmar von Hahne war.
    »Keine Ursache«, erwiderte von Hahne, der im letzten Moment sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte.
    Er schüttelte Thomas und Margit die Hand. Isabelle von Hahne, die neben ihrem Mann stand, drehte sich um und begrüßte sie ebenfalls.
    »Wie kommen Sie mit den Ermittlungen voran, wenn man fragen darf?«, erkundigte sich Ingmar von Hahne höflich.
    Thomas und Margit wechselten einen Blick. Eine neutrale Antwort war bei solchen Gelegenheiten immer am besten.
    »Wir machen Fortschritte«, erwiderte Margit. »Aber es braucht seine Zeit.«
    »Wir hoffen ja alle, dass Sie den Verbrecher so schnell wie möglich fangen. Solche Menschen dürfen einfach nicht frei herumlaufen.«
    Margit wechselte das Thema.
    »Soweit ich verstanden habe, sollen Sie auf der Jahresversammlung des KSSS im September zum neuen Vorsitzenden gewählt werden«, sagte sie. »Ich habe neulich in der Zeitung gelesen, dass man Sie jetzt offiziell für das Amt vorgeschlagen hat.«
    Ehe Ingmar von Hahne etwas sagen konnte, kam ihm seine Frau zuvor.
    »Ist das nicht fantastisch? Ingmar hat so viel Zeit in diesen Verein investiert. Er hat es wirklich

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