Tod im Schärengarten
Fernsehfilm befestigt. Thomas ging hin und deutete auf den Zuschauerbereich.
»Im betreffenden Bereich nahe der Startlinie befinden sich nur drei große Jachten. Eine davon gehört Axel Bjärring. Er hatte die gesamte KSSS – Mafia an Bord, und mit denen haben wir schon gesprochen. Sie liefern sich gegenseitige Alibis.«
Dann zeigte er etwas mehr nach rechts.
»Hier seht ihr die beiden anderen großen Schiffe innerhalb des Schussbereichs: eine Princess-47 und eine Riva Malibu von 42 Fuß.«
Er erklärte kurz, was ihm durch den Kopf gegangen war.
»Nicht schlecht gedacht«, murmelte Margit.
»Beide Eigner sind identifiziert worden, und Kalle hat sie schon kurz vernommen.«
»Dann lass mal hören«, wandte sich der Alte an Kalle, »was Holger Alsing zu sagen hatte.«
Kalle hatte am Tag zuvor mit Alsing gesprochen, dem das Princessboot gehörte. Holger Alsing war ein freundlicher Mann, der zusammen mit seiner Frau, drei Kindern im Teenageralter und einer blauäugigen Siamkatze zum Start von Gotland Runt hinausgefahren war, um einen angenehmen Tag auf See zu verbringen. Ziemlich bald hatten die Kinder jedoch begonnen, über Langeweile und Seekrankheit zu klagen.
»Sie wissen ja, wie Teenager so sind«, hatte Alsing mit einem Augenzwinkern zu Kalle gesagt.
Kalle hatte zwar keine Ahnung, wie Teenager so waren, sagte aber nichts dazu.
Die Quengelei der Kinder hatte jedenfalls dazu geführt, dass die ganze Bagage zurück nach Sandhamn fuhr. Dort waren sie ins Värdshuset gegangen. Erst am Abend, als sie die Fernsehnachrichten sahen, hatte Familie Alsing mitbekommen, was passiert war.
Als Kalle ihn fragte, ob jemand seine Angaben bezeugen könne, hatte Alsing lachend auf seine Frau und seine drei Kinder verwiesen. Sie hatten alle im selben Boot gesessen, sozusagen.
»Ich denke nicht, dass da noch viel mehr zu holen ist«, fasste Kalle seinen Bericht zusammen.
Das Gespräch mit dem Eigner der anderen Jacht war ganz ähnlich verlaufen.
Es waren mehrere Leute an Bord gewesen, und alle hatten sich gegenseitig immer im Blick gehabt. Im Unterschied zu Alsing hatte dieser Skipper schon früh gemerkt, dass an Bord der Emerald Gin etwas nicht stimmte, aber nicht die ganze Tragweite erkannt. Er dachte, jemand habe gesundheitliche Probleme bekommen und der Start sei deswegen abgebrochen worden.
Nach Kalles Bericht wurde es still im Raum. Alle grübelten über die Informationen nach und studierten das Foto an der Wand.
Carina sah es als Erste.
»Die Luke. Da ist eine Luke auf dem Vordeck des einen Schiffes. Hier.« Sie erhob sich halb von ihrem Stuhl und zeigte aufgeregt auf die Stelle.
Thomas trat an das Foto heran. Es zeigte die Ausrichtung der Boote in Relation zu Julianders Swan im Augenblick des Starts. Aber nur die Princess-47 hatte eine Luke auf dem Vordeck. Bei den anderen war das Vordeck völlig glatt.
Thomas beugte sich so dicht es ging an das Foto heran. War es denkbar, dass jemand bei aufgestellter Luke aus der Vorpiek schoss?
Warum nicht.
Falls der Schütze sich auf die Pritsche kniete, die Luke öffnete und sorgfältig zielte. Falls das Boot nicht krängte, was es nicht tat, wenn es groß genug war. Falls derjenige außerdem vor Einblicken geschützt war, sodass niemand ihn stören oder entdecken konnte.
»Sehr gut beobachtet, Carina«, sagte er mit einer Wärme in der Stimme wie schon lange nicht mehr.
Ihr Gesicht leuchtete bei seinen Worten auf, und er bekam sofort ein schlechtes Gewissen, weil sie sich so darüber freute.
»Ist mir nur gerade eingefallen. Einfach so.«
Der Alte warf seiner Tochter einen anerkennenden Blick zu.
»Dann müssen wir uns diesen Holger Alsing wohl noch einmal vorknöpfen«, konstatierte Margit. »So schnell wie möglich. Was macht er beruflich?« Sie sah Kalle fragend an.
»Ingenieur, eigene Consulting-Firma. Nimmt oft Kunden mit aufs Meer raus.«
»Hatte er Verbindungen zu Juliander?«
»Nach seinen Angaben nicht. Hat ihn nie getroffen.«
»Sagt er«, warf Thomas ein.
»Sagt er«, bestätigte Kalle.
»Hat er einen Waffenschein? Für Gewehre, beispielsweise ein Marlin?«
»Ich werde das sofort prüfen lassen.«
Thomas nickte nachdenklich und betrachtete wieder das Foto des Startbereichs.
Konnte es sein, dass sie den Täter hatten? Dass die anderen Spuren – die vielen Frauengeschichten, die russische Mafia, die Drogen, die Mauschelei mit der ausländischen Kreditkarte – nur Sackgassen gewesen waren? Dinge, die zu Julianders Leben gehörten, aber nichts
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