Tod im Staub
hinunterrutschte und über der Wasseroberfläche hing, und dann schlang ich die übrige Länge des Taues gleichfalls um die Reling. Ich riß mit aller Gewalt eine Seekiste auf - inzwischen war ich in Schweiß gebadet - und holte ein Lebensrettungsfloß heraus. Noch ehe es sich voll aufgeblasen hatte, schleuderte ich es über Bord. Als es auf der Wasseroberfläche aufschlug, öffnete es sich vollends wie eine groteske Wasserlilie. Dann rutschte ich die schräge Schiffswand hinunter, stieß mich ab und kam keuchend neben dem Floß wieder hoch.
Ich hievte mich auf das Floß, paddelte zu dem herabbaumelnden Maschinengewehr hin, löste es vom Tau und legte es auf das Floß. Dann paddelte ich zur Küste. Der riesige Schiffskörper verbarg mich vor dem Prisenkommando.
Sobald ich an Land war und die leichte Steigung des Strandes hinauf rannte, würde mir der Panzer am gefährlichsten werden; aber ich zählte darauf, daß die Angolaner, die in ihm saßen, genug damit zu tun hatten, Thunderpeck und Abdul unter Kontrolle zu halten, und im Augenblick kaum auf die Umgebung achten würden.
Es gibt Menschen, die von Natur aus aktiv und kämpferisch sind. Ihnen wäre das, was ich tat, ganz natürlich und logisch vorgekommen; aber für mich war es ein Wunder. Ich war absolut kein Mann der Tat; und doch, wie aufregend war es, ohne auch nur an den lauernden Tod zu denken, mit dem Gewehr in den Armen über den weißen Strand zu rasen. Die Geschosse, die hinter meinen Fersen Sandfontänen aufspritzen ließen, erhöhten nur den Reiz des Ganzen.
Erst als ich mich unter das Fahrzeug warf und zwischen den beiden gezahnten Ketten niederduckte, wurde mir bewußt, daß das Gewehrfeuer nicht aus dem Panzer kam, sondern vom Schiff. Ich hatte die Zeit nicht so gut berechnet, und nicht so viel Schnelligkeit entwickelt, wie ich geglaubt hatte. Die vier Angolaner waren bereits auf dem Deck angelangt und schossen auf mich.
Diese Erkenntnis durchfuhr mich wie ein Blitz, ohne daß ich mich erst umsehen mußte. Und das war auch besser so! Ich begann verzweifelt, eine Kuhle in den Sand zu scharren.
Die Schüsse hatten die Soldaten im Panzer aufmerksam gemacht. Die Turmluke krachte auf, und ich hörte über mir einen überraschten Ruf. Gleich würde der Angolaner nach unten blicken und mich sehen.
In diesem furchtbaren Augenblick wurde mir ganz deutlich bewußt, daß ich kein Mann der Tat war - meine Nerven versagten. Ich brachte es nicht fertig, aufzustehen, mich dem Feind zu stellen und mein Schicksal in die Schranken zu fordern. Ich konnte mich nur angstzitternd tiefer in den Sand eingraben und auf den tödlichen Schuß warten.
In dieser Sekunde schien das Universum zu zerbersten.
Zuerst kam ein greller Blitz, dann ein Donnerschlag, dann eine schreckliche Hitzewelle, die meine Haut zu versengen schien. Mir war, als öffnete sich die Hölle. Mein Bewußtsein versank in einem ungeheuren, blutroten Inferno. Als ich ein paar Minuten später, vom Schock noch halb gelähmt und fast erstickt, aus meiner selbstgegrabenen Kuhle herauskroch, stand der Panzer in Flammen; aus dem Meer erhob sich ein häßlicher Rauchpilz, der höher und höher in den Himmel wuchs und dessen Form mir vertraut war, der Überrest eines gewaltigen Feuerballs. Von der Trieste Star war außer Wrackteilen, die über den ganzen Strand verstreut waren, kaum etwas übriggeblieben. Von der Patrouille gab es keine Spur mehr.
Der Reaktor des Frachters war explodiert! Zwar war ich wie durch ein Wunder verschont geblieben, war aber jetzt ohne Lebensmittel und ganz allein an dieser Küste des Schreckens. Ich ließ mich in den Sand zurücksinken, versuchte zu denken, versuchte, mich nicht zu fürchten.
Ich lag in der Sandkuhle neben dem Panzer, bis die unerträgliche Hitze des brennenden Fahrzeugs mich verjagte. Ich nahm an, daß sich die radioaktive Strahlung schon zu einem guten Teil verflüchtigt hatte. Die Rauchwolke, die über der Küste hing, driftete mit der Landbrise aufs Meer hinaus, und das nahm ich als ein gutes Zeichen dafür, daß sich die Gefahr von mir abwandte. Aber ich wußte so gut wie nichts über radioaktive Strahlung und konnte nur hoffen, daß mein Unterschlupf mich vor einer tödlichen Dosis geschützt hatte.
Jetzt erschien es ratsam, diesen Ort des Grauens so rasch wie möglich zu verlassen.
Ich stand also auf und trottete in gleichbleibendem Tempo den Strand entlang nach Süden, denn dort hatte ich von der Brücke der Trieste Star aus in nicht allzu weiter
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