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Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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verfaulen, weil niemand wissen wird, was man mit dir tun soll. Verstehst du mich?«
    »Ja, Sir.«
    »Davon bin ich nicht überzeugt. Ich kann in diesem speziellen Fall intervenieren, weil du offiziell der Mann bist, der Jess, den Vagabunden, verriet - oder beinahe verraten hat. Das hast du doch, nicht wahr?«
    »Ich wollte es gar nicht, Sir. Ich ...«
    Er schnitt mir das Wort ab.
    »Halt sofort deinen Mund! Als seinem Verräter steht dir eine beträchtliche Belohnung zu. Ich werde dafür sorgen, daß du sie bekommst, und auch dafür, daß du dir damit eine Stellung kaufst, die ich dir verschaffen werde. Hast du Familie?«
    »Ja ... Nein, Sir.«
    »Keine Eltern?«
    »Ich komme aus einem Waisenhaus.«
    »Hast du irgendeine Idee, für welche Arbeit du geeignet bist?«
    »Nein, Sir.«
    »Großer Gott, Mann, ich weiß, daß man dich schlecht behandelt hat, aber versuche wenigstens, deine fünf Sinne wieder zu sammeln, wenn dir jemand helfen will.«
    »Ich wollte Jess nicht verraten, Sir, wirklich nicht.«
    »Je seltener du das erwähnst, desto besser wird es für dich sein. Ja, das Klügste wäre sogar, dich außer Landes zu bringen. Bist du jemals zur See gefahren?«
    »Ich fürchte nein, Sir.«
    »Du wirst dich bald daran gewöhnt haben.«
    »Ja, Sir.«
    Er rief die Frau wieder herein. Das war das erstemal, daß ich den Namen Trieste Star hörte. Dann wurde ich zur Unteren Stadt zurückgebracht. Dort vegetierte ich abermals ungezählte Tage vor mich hin, bis man mich wieder ans Tageslicht zerrte, mir Kleidung gab und mich zu dem Frachter, der in einem Hafen im Norden des Landes lag, schickte.
    Ich sah den Farmer niemals wieder. Aber ich behielt die Decke, die er mir damals gegeben hatte; sie war immer noch in meinem Besitz, als ich zwölf Jahre später sein Schiff an der Skelettküste in die Klippen jagte und zerschellen ließ.
     
     
    6
     
    Die Sterne schimmerten matt in dem blassen Morgenhimmel. Mit dem Kommen des Tageslichts würden sie sich auflösen. Ich lag auf der Brücke der Trieste Star und starrte in den Himmel hinauf. Auch ich selbst war aufgelöst gewesen.
    Langsam rollte ich mich auf die Seite und stand auf. Der Frachter fuhr weiter, wenn auch mit einer starken Schlagseite steuerbord, stieß immer weiter in das Herz Afrikas und folgte dem Wendekreis des Steinbocks; der Kiel schnitt durch Felsen, die Schiffsschrauben fraßen sich durch ein düsteres Meer aus Lehm. Dann wurde mein Kopf wieder klar, und ich erkannte die Lage, wie sie wirklich war, das Wrack im Flachwasser, den Strand vor mir - Sandstrand, der in die Sandwüste überging, sich ohne Begrenzung landeinwärts erstreckte bis zum Horizont.
    Die Instrumente auf der Brücke funktionierten noch, zumindest einige von ihnen. Mehr als alles andere war es ihr Arbeitsgeräusch gewesen, das mir die Illusion vorgaukelte, wir machten noch Fahrt. Ich dachte an die Decks unter mir. Da unten waren die automatischen Maschinen, die sicherlich immer noch herumkrochen und ihre Arbeit taten, als ob nichts geschehen wäre. Instinktiv blickte ich auf das Schaltbrett für die vom Reaktor gespeisten Maschinen. Einige Zeiger hatten die rote Gefahrenlinie weit überschritten. Die empfindlichen Meßgeräte, die den Reaktor steuerten, waren zu Bruch gegangen, als wir aufliefen; ohne Kontrolle würde die kritische Masse bald erreicht sein, und die Explosion würde das Wrack über ganz Afrika verstreuen.
    Aber das war es nicht, worüber ich mir Sorgen machte. Ich brauchte nur ein paar Minuten, um wieder bei Dr. Thunderpeck und Abdul Demone, dem Spastiker, zu sein. Was mich bedrückte, war die Frage, wie ich auf die Brücke gekommen war, denn das letzte, woran ich mich erinnern konnte, war, daß ich mich erschöpft neben Thunderpecks Feuer hingelegt hatte. Zweifellos kamen meine Halluzinationen in eine neue Phase, und als ich von den Wanderern träumte, verspürte ich den Zwang, mich fortzubewegen und war zum Wrack zurückgekommen. Aber warum hatte ich gedacht, daß das Schiff sich bewegte?
    Dann hörte ich es und begriff den Grund. Irgendwo dröhnte eine Maschine, aber sie gehörte nicht zum Frachter. Ich kniff die Augen zusammen und sah nach vorn. Über dem Strand lag ein feiner Dunst, ein Dunst von der Art, der einen heißen Tag ankündigt und von der Sonne aufgesaugt wird.
    In dem ganzen, noch im Dämmerlicht ruhenden Universum hatte ich nur dort drüben, auf jenem steinigen Strand Freunde. Ich konnte beide sehen, Thunderpeck und Abdul. Neben ihnen stand mit laufendem

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