Tod im Tauerntunnel
Haußmann.
Die Frau gibt leise Auskunft: »Ich erinnere mich, daß er einen braunen Cordanzug anhatte und einen hellen Nicki... Mehr weiß ich nicht.«
»Aber das ist doch schon eine ganze Menge!« lobt Bienzle und gibt Haußmann ein Zeichen. Der bewegt sich Richtung Tür. »Eine Sekretärin soll den Kaffee bringen«, sagt Bienzle; »und sorgen Sie bitte dafür, daß Gollhofer die Überwachung - Sie wissen schon - wieder aufnimmt.«
»Alles klar, Herr Kommissar«, sagt Haußmann und verschwindet endgültig.
Bienzle wendet sich der Frau zu.
Sie trägt noch immer ihren grauen Arbeitsmantel. Irene Korbut hat eine zierliche Figur. Ihr Gesicht wird durch hohe Backenknochen bestimmt. Zwei kaum merkliche Falten links und rechts des Mundes geben ihr ein strenges Aussehen. Die Augen sind wasserblau und jetzt vom Weinen gerötet. Die schwarzen Haare trägt sie offen und bis zu den Schultern herab. Bienzle schätzt sie auf etwa 30 Jahre.
»Nun zu Ihnen, Frau Korbut«, sagt Bienzle. »Ich will Ihnen sagen, was wir wissen - vielleicht können Sie uns dann etwas von dem verraten, was wir noch nicht wissen... Also: Sie haben in Ihrer Werkstatt nicht nur Schmuck hergestellt, Sie haben auch gestohlenen Schmuck so präpariert, daß er nicht wiederzuerkennen war. Nehmen wir mal an, Sie wußten gar nicht so genau, wo die Aufträge, die Ihr geschiedener Mann brachte, herkamen und wo der veränderte Schmuck hinging... Ich interessiere mich nicht besonders für diese Art Beihilfe, solange es nicht Beihilfe zum Mord ist.«
Frau Korbut beginnt wieder zu zittern.
»Auftraggeber, das wissen wir, war der ermordete Knut Jarosewitch, Abnehmer waren Hehler in weit entfernten deutschen oder ausländischen Städten. Das Geschäft hat jahrelang floriert. Aber in den letzten Wochen ist eine Veränderung eingetreten. Können Sie uns etwas dazu sagen?«
»Ich weiß tatsächlich nicht viel darüber. Geza hat mir die Schmuckstücke gebracht und die fertige Ware abgeholt. Er hat mir auch das Geld dafür gebracht. Ich wurde nicht nach Stunden oder Stückzahl bezahlt, sondern bekam jeweils eine runde Summe.«
»Zum Beispiel?«
»Zweitausendfünfhundert Mark für einen Posten.«
»Und wie lange haben Sie daran gearbeitet?«
»Unterschiedlich. Selten länger als vier Wochen.«
»Und wie oft kam eine solche Sendung?«
»Auch das war unterschiedlich. Aber im Durchschnitt, würde ich sagen, alle zwei Monate.«
»Wie würden Sie den Schmuck beschreiben, der in der Regel bei Ihnen zu bearbeiten war?«
»Als Familienschmuck... Mir ist ziemlich klar, daß es sich meistens um Beute aus Einbrüchen bei gutbetuchten Leuten gehandelt haben muß.«
»Also keine Ware aus Juweliergeschäften?«
»Nein, es war niemals sortierte Ware. Das hätte das Umarbeiten auch erschwert.«
»Und Ihr geschiedener Mann holte das Zeug dann ab. Wissen Sie, wo es hinkam?«
»Nein, ich habe keine Ahnung. Es gehörte wohl zum Geschäftsprinzip, daß jeder Beteiligte nur so viel weiß, wie gerade notwendig ist. Und die Bezahlung war immer so, daß man sich damit gern zufrieden gab.« »Und wie war es nun in den letzten Wochen?«
»Seit etwa einem Monat hörte ich nichts von Geza.«
»Nun, das war ja wohl nicht ungewöhnlich - Sie sagen ja, daß manchmal zwei Monate zwischen den Lieferungen lagen.«
»Ja, schon. Aber daß ich von Geza nichts hörte, war ungewöhnlich.«
»Also er hat Sie auch sonst regelmäßig besucht?«
»Ja; er kam jede Woche mindestens einmal. Wir sind zusammen essen gegangen oder ins Kino oder so. Wir haben uns auch nach der Scheidung gut vertragen.«
»Und woher kennen Sie Grüner?«
»Geza hat ihn zweimal mitgebracht und als seinen Bekannten vorgestellt. Er war immer mal wieder bemüht, mich mit Leuten zusammenzubringen, weil er hoffte, ich würde mich wieder jemand anschließen.«
»Also hatte er Sie wegen einer anderen Frau verlassen?«
»Ja.«
»Und wie war das mit Grüner?«
»Er war mir auf Anhieb unsympathisch. Ich bat Geza, ihn nicht mehr mitzubringen.«
»Aber er kam dann doch noch einmal mit?«
»Ja. Sie besuchten mich vor vielleicht fünf Wochen in meiner Boutique. Geza sagte, Grüner wolle sich mal meinen Laden ansehen und vielleicht etwas kaufen. Er hat dann tatsächlich ein Armband mitgenommen.«
»Hm, hm... Und woher kennen Sie Breda?«
»Wer ist das?«
»Ein Mann, von dem wir annehmen müssen, daß er Sie heute nachmittag warnen wollte.«
»Ich kenne keinen Mann namens Breda.«
»Sein Vorname ist Antonio. Er arbeitet in
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