Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
kannten, kann ich ihn zum Verhör einfliegen lassen.“ In seinen Augen glitzerte es triumphierend.
„Wenn ich ihm nun noch nachweisen kann, dass er früher schon im Tower war und die örtlichen Gegebenheiten kannte, dann ist er dran.“
„War er aber nicht, genauso wenig wie die anderen, die am Mordabend bei der Schlüsselzeremonie waren. Wir haben das für alle Besucher geprüft. Mein Kollege Michael Conners hat die Aufzeichnungen der letzten fünfzehn Jahre durchgesehen, seit wir die Namen im Computer erfassen.“ Misstrauen keimte in Whittingtons Blick auf.
„Soso, da stellt ihr wohl eure eigenen Nachforschungen an, was? Wir werden das noch einmal überprüfen müssen.“ John zuckte mit den Schultern und lächelte unverbindlich.
„Ich wollte dir lediglich mit einer Information behilflich sein.“ Nun war Simon endgültig auf der Hut.
„Amateure, die meinen, sich in die Polizeiarbeit einmischen zu müssen, sind mir ein Gräuel. Ich habe die Sache im Griff und werde sie auch zu Ende bringen. Sollte ich Wind davon bekommen, dass du und deine Beefeater-Kollegen sich in meine Ermittlungen einmischen, werde ich rücksichtslos gegen euch vorgehen. Verlass dich drauf.“ Damit stand er auf. John erhob sich ebenfalls.
„Schade, dass der alte Simon nun wieder da ist. Heute hatte ich einige Momente lang doch noch die Hoffnung für dich, dass du dich zu einem menschlichen Wesen entwickeln könntest. Jemand, mit dem man sich wirklich auf einer Ebene austauschen könnte. Aber da bin ich wohl einer Illusion erlegen.“
Mit übertriebener Geste salutierte er.
„Sir. Bitte um Erlaubnis, mich zurückziehen zu dürfen, Sir.“
Damit drehte er sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. Kaum hatte John das Gebäude verlassen, bedauerte er seinen Ausbruch. Sehr erwachsen, John, wirklich sehr erwachsen, schalt er sich. Nun hatte er die Chance vertan, weitere Informationen über den Fall von seinem Cousin zu erhalten. Nachdem er heute durchaus geneigt gewesen war, John an den Ermittlungen teilhaben zu lassen, würde Simon sich von nun an mit Sicherheit wieder bedeckt halten. Verärgert über sich selbst stieg John in die U-Bahn und fuhr zurück zum Tower.
Kapitel 10
Am nächsten Morgen prasselte Regen gegen die Fensterscheiben. Mit Schrecken fiel John ein, dass er heute Vormittag für die Betreuung einer fünften Klasse der Richmond Grammar School, einer renommierten Mädchenschule in einem westlichen Vorort Londons, zuständig war.
„Im Rahmen des Geschichtsunterrichts sollen die Schülerinnen umfassende Kenntnisse über den Tower of London als nationales britisches Wahrzeichen erlangen.“, hatte ihm die Direktorin Ms. Grover bei einem Telefonat vor einigen Wochen mitgeteilt.
„Für den Aufenthalt im Tower sind zwei Stunden vorgesehen. In dieser Zeit erwarte ich einen kindgerechten Abriss über die Kulturgeschichte des Towers und die politische Rolle, die er in der Entwicklung unserer Nation gespielt hat.“
Die abschließende Bemerkung, sie werde die Mädchen persönlich auf dieser Exkursion begleiten, hatte in Johns Ohren ein wenig bedrohlich geklungen.
Eigentlich hatte John die letzten Tage dafür nutzen wollen, diese Spezialführung vorzubereiten, dieses Vorhaben angesichts der Ereignisse aber vollkommen vergessen.
So war ihm etwas bang zumute, als er Punkt zehn Uhr rund zwei Dutzend in graue Schuluniformen und dicke Winterjacken gekleidete Mädchen am Byward Tower in Empfang nahm. Die rothaarige, jugendlich wirkende Frau, die sie begleitete, passte in keiner Weise zu dem Bild, das er sich von Ms. Grover gemacht hatte. Als die Frau sich ihm als Ms. Murray, die Geschichtslehrerin der Unterstufe, vorstellte, schüttelte er ihr erleichtert die Hand.
„Willkommen im Tower. Mein Name ist John Mackenzie. Ihre Direktorin hatte nun doch keine Zeit, die Klasse zu begleiten?“
„Sie bedauert dies sehr. Sie legt üblicherweise großen Wert darauf, die Kinder zu diesem jährlichen Ausflug in die City zu begleiten. Nur leider hatte sie am Wochenende einen Sturz und hat sich den Fuß verstaucht – “
„Äh, Verzeihung, Ms. Murray?“ Verlegen stand ein rotbackiges Mädchen mit beschlagener Brille vor ihnen.
„Ja, Tiffany?“
„Ich muss aufs Klo.“
Wie im Chor erklang aus der Masse der Schülerinnen, „Ich auch“.
„Dann bringe ich euch jetzt erstmal zu den Toiletten und dann legen wir los.“, wandte John sich an die Mädchen. Durch den strömenden Regen trabte er mit der Lehrerin die Water
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