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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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hat. Er hat eine Fraktion um sich geschart, um den
Hinauswurf aus dem hansischen Bündnis geradezu zu erzwingen.
Dabei hat er mit Bestechung und Erpressung gearbeitet. Kein
Mittel war ihm zu schade.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Elisabeth
erschüttert.
    »Es ist aber wahr. Es ging ihm nur um sein Geschäft
mit den Engländern. Die Verhansung Kölns bedeutet
gleichzeitig, dass Köln weiterhin Geschäfte im Stalhof
machen kann und die hansische Konkurrenz nicht mehr zu
fürchten braucht. Aber wir, die vor allem mit dem
norddeutschen Raum Handel treiben, sind durch diese Entscheidung
des Rates bitter getroffen worden.« Heinrich sprang
plötzlich auf, schneller, als Elisabeth es bei seiner
Leibesfülle für möglich gehalten hätte. Er
stützte sich mit beiden Händen auf der Tischplatte ab
und beugte den massigen Oberkörper weit vor, sodass sein
Weinatem Elisabeth in Schwällen traf. »Was glaubst du,
warum ich dich geheiratet habe? Weil mir deine grünen Augen
so gut gefallen?«, polterte er. »Nein, weil dein
Bruder wohl Gewissensbisse bekommen und dich mir wie saures Bier
angeboten hat. Deine Mitgift habe ich gebraucht, um mein
Handelshaus vor dem Ruin zu bewahren, den ich ihm zu verdanken
gehabt hätte!«
    »Wer war im Rat noch gegen ihn? Wen hat er
erpresst?«, wollte Elisabeth wissen. Sie hatte Angst vor
der Antwort. Plötzlich war Barbara Leyendecker nicht mehr
die Hauptverdächtige. Welche Abgründe mochten sich noch
auftun?
    »Komm jetzt. Den Rest erzähle ich dir in meiner
Schlafkammer.« Heinrich streckte die Hand über den
Tisch aus. Elisabeth ergriff sie. Sie wusste, dass ihr jetzt
nichts anderes übrig blieb, als ihm nach oben zu folgen. Sie
ging um den Tisch herum, wobei er sie nicht losließ, und
trat hinter ihm in die geräumige Diele. Über die
große Treppe gelangten sie in den ersten Stock, in dem
ihrer beider Schlafkammern Wand an Wand lagen. Heinrich zerrte
Elisabeth in sein Zimmer, das von einem ausladenden, bis unter
die Decke reichenden Himmelbett aus beinahe schwarzem Eichenholz
beherrscht wurde. Er legte ihr den Arm um die Hüfte und zog
sie auf die weiche Matratze. Mit seinen wulstigen Lippen
küsste er sie und drang sogleich mit der Zunge in ihren Mund
ein. Elisabeth bekam keine Luft mehr. Seine biegsame, erstaunlich
schlanke Zunge war wie eine Schlange. Es gelang ihr, ihn von sich
zu drücken. Rasch schnappte sie nach Luft und rollte sich
zur Seite, sodass er ins Leere griff, als er sich wieder auf sie
stürzen wollte.
    »Erst musst du mir weiter berichten«, keuchte sie.
»Dann bin ich dein.«
    Er drehte sich auf den Bauch und sah sie von unten herauf an
wie ein Hündchen. Elisabeth hockte sprungbereit auf der
Bettkante.
    »Was gibt es da noch zu berichten?«, stöhnte
er. »Dein Bruder war ein Schwein. Godebert Palms Frau zum
Beispiel hat er einmal nachts mit Kräutern und einer
schwarzen Katze erwischt und Palm damit gedroht, er werde sie vor
dem erzbischöflichen Inquisitionsgericht als Hexe anzeigen,
wenn Palm nicht für die Verhansung stimme. Und Siegfried
Ulreportzens Weinkontor hat er übernommen, denn Ulreportzen
hatte hauptsächlich mit den Lübschen Handel getrieben
und sich geweigert, mit den Engländern Geschäfte zu
machen. Mich wundert, dass er es mir erlaubt hat, ihm ein wenig
Konkurrenz zu machen. Aber er hat es wohl nicht gewagt, dem Mann
seiner Schwester und damit auch ihr selbst das Leben zu
zerstören. Was er mit Dulcken gemacht hat, ist ja
stadtbekannt.«
    »Saß Dulcken ebenfalls im Rat?«, fragte
Elisabeth, während sie fieberhaft überlegte, wie sie
aus diesem Zimmer entkommen konnte, bevor Heinrich seinen Teil
des Handels einforderte.
    »Nein, ihn hat er einfach als Konkurrenten
ausgeschaltet. Was Leyendecker in die Hand nahm, verwandelte sich
in Gold. Auch wenn an diesem Gold viel Leid klebte. Wie soll man
da nicht glauben, dass er mit dem Erzfeind im Bunde stand? Und
wenn ich nicht glauben soll, dass das bei dir auch der Fall ist,
kommst du jetzt sofort in meine Arme.«
    Elisabeth spürte, wie ihr der Schweiß auf die Stirn
trat. Sie war näher an der Tür als Heinrich. Aber auch
wenn sie floh, würde er sie rasch einholen. Sie hatte mit zu
hohem Einsatz gespielt.
    Er robbte über die Matratze auf sie zu. Es sah
entsetzlich lächerlich aus. Einer seiner Ochsenmaulschuhe
war heruntergefallen, ein Knopf riss von dem Wams ab, das sich
nun langsam über dem gefältelten Hemd hochschob wie

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