Tod im Weinkontor
verheiratet,
und nicht ein einziges Mal hast du erlaubt, diese irrsinnige
Klausel in unserem Vertrag zu brechen.«
»Welche Klausel meinst du?« Langsam machte ihr
dieses Spiel Spaß.
Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Die Pokale erzitterten.
Der dumpfe Klang erinnerte Elisabeth an den Schlag, mit dem ein
Rind getötet wurde. »Die Klausel des
Beilagers.«
Sie versuchte zu erröten, es gelang ihr ein wenig.
»Diese Klausel hat nach wie vor Geltung. Du weißt,
was geschieht, wenn du sie brichst oder nur versuchst, mir Gewalt
anzutun. Dann ist dein schönes Handelshaus innerhalb weniger
Tage bankrott.«
Heinrich lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, bis dieser
bedenklich knarrte. Der reiche Tuchhändler hatte sich in der
letzten Zeit einen rechten Wanst angefressen, fand Elisabeth. Das
Wams spannte über dem Bauch, und die Wangen waren rosig und
aufgeplustert wie bei einem schlachtreifen Schwein. »Du
weißt, dass ich nie an Gewalt denke«, meinte er mit
einem Grinsen. »Ich bin ein friedliebender Mensch. Ich
nehme nur, was man mir freiwillig gibt.«
»Ist zurzeit niemand da, der dir das freiwillig gibt,
wonach es dich gelüstet?«, erwiderte Elisabeth, die
sich sofort still für ihre spitze Zunge schalt.
Schließlich wollte sie ihren Gemahl nicht verärgern,
sondern etwas von ihm erfahren.
Heinrich schaute verblüfft drein. Es war ihm deutlich
anzusehen, dass er nicht wusste, ob er lachen oder aufbrausen
sollte. Da er zu keiner Entscheidung kam, sah er sie lediglich
mit großen Augen an.
Elisabeth erwiderte seinen Blick. »Wenn du es freiwillig
bekommst, erzählst du mir dann alles, was du über
meinen Bruder weißt?«
Nun lachte er wie ein Kind, dem zu Dreikönig die
leckersten Süßigkeiten versprochen werden. »Komm
mit in meine Kammer, bevor du es dir anders
überlegst.« Er stand auf und rieb sich die Hände.
»Endlich werden wir unsere Ehe vollziehen. Dann sind wir
auch vor Gott verheiratet.«
»Seit wann interessiert dich Gott?«
»Immer dann, wenn er in meine Pläne passt.«
Er streckte ihr die Hand entgegen. Sie blieb sitzen und
lächelte ihn an.
»Hier unten ist es viel gemütlicher zum Reden.
Danach begleite ich dich in dein Bett.«
Er runzelte die Stirn. Die buschigen schwarzen Brauen
stießen beinahe über der Nasenwurzel zusammen.
»Ich kenne dich. Du willst mich
übertölpeln«, knurrte er.
»Erzähl mir von Ludwigs Ratstätigkeit.
Sicherlich weißt du etwas. Schließlich sitzt dein
Bruder Matthias für die Gaffel der Brauer im Rat. Da wird er
doch so einiges wissen, oder?«
»Natürlich weiß er vieles. Das sage ich dir
nachher. Ich muss doch erst die Ware prüfen«,
höhnte er.
Am liebsten hätte sie ihn angespuckt. »Die Ware
steht nicht zur Prüfung bereit. Vergiss es einfach. Ich will
nichts mehr wissen.« Der Preis war zu hoch.
Heinrich setzte sich schnaufend und streckte die Beine unter
den Tisch. Elisabeth hörte, wie er mit den modischen
Ochsenmaulschuhen gegen die Verstrebungen des breiten Tisches
stieß. »Du weißt gar nicht, um was du mich
bittest«, sagte er verächtlich. »Was verstehen
Frauen schon von der hohen Politik. Ihr kümmert euch um den
Haushalt, das ist eure Welt.«
»Ist dir entgangen, lieber Gatte, dass es hier in
Köln Frauen gibt, die in Handel und Gewerbe tätig
sind?«, gab Elisabeth schnippisch zurück, während
sie mühsam versuchte, ihre Verärgerung zu
unterdrücken.
»Das weiß ich«, sagte Heinrich und
rülpste. Er griff den Krug mit dem Elsässer und kippte
mit einer linkischen Bewegung die letzten Tropfen in seinen
Pokal. »Die Leyendeckerin führt zum Beispiel das
Geschäft deines Bruders weiter, und in unserer Stadt darf
sie das sogar ohne Vormund.« Er spuckte auf den Boden.
»Wenn ich zu sagen hätte, würde so etwas sofort
verboten. Weibsgesindel gehört ins Haus oder in die Kirche
– oder ins Kindbett.« Er faltete die Hände
über dem Bauch. Sein Blick war unerträglich.
Elisabeth versuchte das Gespräch wieder auf ihren Bruder
zu bringen. »Könnte die hohe Politik etwas mit Ludwigs
Tod zu tun haben?«
»Ich war der Meinung, er habe Selbstmord verübt,
weil er es nicht mehr ertragen konnte, dass er seine Seele dem
Teufel verschrieben hat. Das passt zu ihm. Er war kein guter
Mensch, auch wenn du ihn immer für einen Heiligen gehalten
hast. Matthias hat mir getreulich berichtet, wie Ludwig im Rat
die harte Haltung Kölns gegen den Rest der Hanse
vorangetrieben
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