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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Katalog. »Das gefällt mir. Wenn ich demnächst noch einmal
     herkommen und mir die Bilder in Ruhe ansehen dürfte -«
    Elisa Reichwein schaute ihn
     mit gespielter Verwunderung an. »Ach, ich dachte, dies sei ein
     privater Besuch, Herr Wechsler. Oder sollte ich Herr Kommissar sagen?«
    »Nicht nötig. Aber
     ich bin tatsächlich dienstlich hier. Es geht um den Fall Arnold
     Wegner.«
    Sie bot ihm einen Platz an.
     Der eckig wirkende schwarze Stuhl mit dem Sitz aus Korbgeflecht und der Rückenlehne,
     die wie ein Gitter mit quadratischen Öffnungen aussah, schreckte Leo
     ein wenig ab.
    »Setzen Sie sich ruhig,
     er ist bequemer, als er aussieht.« Elisa Reichwein schaute ihn amüsiert
     an. »Charles Rennie Mackintosh. Schwer zu bekommen. Fünf Jahre
     alt und schon ein Klassiker«, sagte sie zufrieden.
    »Sie haben recht, ich
     sitze ganz gut.«
    Nachdem sie ebenfalls Platz
     genommen hatte, öffnete sich die Tür, und ihr Assistent Cesar
     Melotti trug ein Tablett mit Mokkakanne, Tässchen, Zuckerdose und
     winzigen Silberlöffeln herein. Elisa Reichwein schenkte Leo ein.
    »Verraten Sie mir
     jetzt, wie ich Ihnen helfen kann?«
    »Sie haben von dem Fall
     Wegner gehört?«
    »Natürlich. Die
     Presse war voll davon. Aber es klang ganz nach einem Unfall.«
    Nicht mehr lange, dachte er.
     Die Presse würde sich begierig auf die Nachricht stürzen, dass
     Wegner ermordet worden war.
    »Das war es aber nicht.«
     Elisa Reichwein hatte sich in der Vergangenheit als diskret erwiesen, und
     er beschloss, ihr auch diesmal zu vertrauen. »Wir vermuten ein Tötungsdelikt
     und gehen davon aus, dass der Täter den Brandunfall nur vorgetäuscht
     hat.«
    »Sind dabei auch Bilder
     verbrannt?«, fragte sie.
    Leo fand diese Sorge um die
     Kunstwerke nicht unsympathisch; die Frau versuchte gar nicht erst, falsche
     Betroffenheit zu heucheln. Er löffelte sich Zucker in den Mokka.
     »Wie es aussieht, nur eins. Wegner lag unmittelbar neben der
     Staffelei, er wurde vermutlich bei der Arbeit überrascht. Das Bild,
     das sich darauf befand, wurde vernichtet, das hat die Spurensicherung
     ergeben.«
    Sie schaute ihn nachdenklich
     an. »Wollen Sie wissen, wie ich ihn als Maler einschätze? Oder
     ob ich ihn privat kannte? Ob ich Klatsch und Tratsch gehört habe? Ob
     er Feinde hatte?«
    »Alles«, sagte
     Leo lächelnd und griff nach seiner Tasse. Seltsam, wie wohl er sich
     in der Gegenwart dieser Frau fühlte, die ihn sexuell nicht reizte,
     aber eine angenehme Altstimme besaß, die ihn warm umhüllte.
    »Das ist eine Menge.
     Ich hoffe, Sie bringen genügend Zeit mit.«
    »So viel Zeit, wie nötig
     ist, Frau Reichwein.«
    Sie lehnte sich auf ihrem
     Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander. »Ich habe
     ihn kurz vor dem Krieg kennen gelernt. Er galt als begabter Maler, der
     noch keinen eigenen Stil gefunden hatte. Er orientierte sich an den
     Impressionisten, malte häufig Blumenbilder,
     Naturstudien, aber sie besaßen noch keinen Charakter. Man konnte
     einen Wegner eben noch nicht als Wegner erkennen.«
    Sie streckte die Hand nach
     ihrer Zigarettendose aus, die Leo rasch ergriff und aufklappte. »Danke.
     Aufmerksame Männer sind heute selten.«
    »Legen Sie Wert darauf?«
    »Mitunter schon.«
     Sie inhalierte und blies den Rauch von Leo weg in die Luft. »Vielleicht
     wäre nie ein bedeutender Künstler aus ihm geworden. Vermutlich hätte
     er vor sich hin gemalt, das eine oder andere Bild verkauft und von Porträts
     gelebt.«
    Leo hob die Hand. »Verzeihung,
     wenn ich Sie unterbreche. War er damals schon verheiratet?«
    Elisa Reichwein überlegte.
     »Ich glaube ja. Aber seine Frau erschien eigentlich nie an seiner
     Seite, so dass ich mich auch irren kann.«
    Er nickte auffordernd.
    »Dann kam der Krieg.
     Und er veränderte, wie für so viele Männer, einfach alles.
     Wegner gehörte zu den Idealisten, die sich schon im Sommer 14 an die
     Front meldeten. Als er zurückkam - wann genau das war, kann ich nicht
     sagen -, begann er wie ein Wilder zu malen. In einem ganz neuen Stil. Er
     malte, was er in Berlin auf den Straßen sah - Barrikadenkämpfe,
     Menschenaufläufe, Redner auf ihren Tribünen. Aber auch den
     hemmungslosen Genuss, in den sich viele in den Nachkriegsjahren stürzten.
     Den Wirbel aus Musik, Alkohol und Rauschgift, in dem nicht wenige
     untergingen. Die Bettler, die verkrüppelten Kriegsheimkehrer, hohläugige
     Witwen mit einer Kinderschar am Schürzenzipfel. Diese Bilder finde
     ich

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