Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
selbst schien es
     zu spüren und wirkte ziemlich unkonzentriert. Schade, es war eine
     sehr schöne Ausstellung, die ich gut besprochen habe.«
    »Hat Wegner mit Ihnen
     über sein Privatleben gesprochen?«
    Salomon stellte seine
     Kaffeetasse ab. »Nein, unsere Freundschaft bewegte sich ausschließlich
     im künstlerischen Rahmen. Dennoch, sein Tod ist ein großer
     Verlust für die Kunst. Ich hatte gehofft, er würde zu seinem
     eigentlichen Stil zurückfinden, zu den eindringlichen Porträts
     der frühen Nachkriegszeit, die ich so geschätzt habe.«
    Leo blätterte in seinem
     Notizbuch. »Wissen Sie, ob er Feinde hatte? Künstlerkollegen,
     Auftraggeber, ehemalige Geliebte?«
    Salomon zog überrascht
     die Augenbrauen hoch. »Geht es etwa um Mord? Das würde mich
     wundern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass seine Arbeit…«
     Er schien zu überlegen. »Nein, wenn überhaupt, können
     eigentlich nur private Beweggründe dahinterstehen. Wenn berufliche
     Auseinandersetzungen in Morden endeten, würde ich Ihnen heute nicht
     gegenübersitzen. Dann hätte mich längst ein dilettantischer
     Schriftsteller oder Maler, dessen Karriere ich zu Recht im Keim erstickt
     habe, aus dem Weg geräumt.«        
    Leo musste lächeln,
     obwohl in den Worten eine gewisse Arroganz mitschwang. Der Mann war sich
     seines Einflusses ganz schön sicher. Als Leo sich verabschiedete,
     musste er Salomon innerlich zustimmen. Wer sollte einen Maler um seiner
     Kunst willen töten?
    *
    Leo hatte mit seiner
     Prophezeiung richtiggelegen, dachte Walther, als er auf dem Diwan mit dem
     fadenscheinigen Brokatbezug Platz nahm, die Frau war bezaubernd. Er ließ
     es sich nicht anmerken, fühlte sich aber bisweilen etwas unbehaglich,
     wenn er mit Menschen aus anderen gesellschaftlichen Kreisen zu tun hatte.
     Eigentlich hätte Leo herkommen sollen, der mehr von Kunst und Künstlern
     verstand als er, hatte er noch gedacht, als er die ausgetretenen Stufen
     mit dem verschossenen Läufer hinaufstieg, doch nun bereute er diesen
     Dienstbesuch nicht mehr.
    Bevor er sich setzte, hatte
     er sich die gerahmten sepiabraunen Fotos angeschaut, die im Flur hingen.
     »Interessieren Sie sich für Tanz?«, hatte Thea Pabst
     gefragt, worauf Walther ein wenig verlegen den Kopf schüttelte.
    »Ich meine, ich
     verstehe nichts davon. Interessant finde ich es schon.«
    Sie lachte. »Die
     angeblichen Experten reden oft nur dummes Zeug. Entweder es gefällt
     einem oder man lehnt es ab. Das hier ist aus unserem neuen Programm.«
     Sie deutete auf ein Foto, auf dem sie mit einem männlichen
     Partner zu sehen war, der vor ihr kniete und den Kopf weit zurückgeworfen
     hatte. Der Körper des Mannes glänzte, als wäre er eingeölt.
     Etwas verlegen stellte Walther fest, dass Theas Kostüm tatsächlich
     aus nichts als Geldscheinen bestand.
    »Es heißt
     ›Inflation‹. Wir fanden, es passt gut in die heutige Zeit.«
    Walther räusperte sich.
     »Das klingt faszinierend.« Ganz behaglich war ihm jedoch
     nicht, und er lenkte geschickt vom Thema ab. »Ist das nicht Anita
     Berber?« Er war vor einem Bild stehen geblieben, das eine Frau mit
     dunkel geschminkten Augen in einem Sessel zeigte. Ihr schimmerndes Kleid
     umhüllte ihren Körper wie eine zweite Haut und wirkte erotischer
     als bloße Nacktheit.
    »Ja, sie hat es sogar für
     mich signiert. Ich bewundere sie, auch wenn wir in mancher Hinsicht
     Konkurrentinnen sind.«
    Danach hatte sie ihn ins
     Wohnzimmer geführt und ihm einen Grog angeboten, den er angesichts
     des scheußlichen Wetters nur ungern abgelehnt hatte, aber Dienst war
     Dienst. Den Tee hingegen hatte er dankend angenommen und knabberte nun an
     einem Keks, den Thea Pabst ihm auf einem angeschlagenen
     Porzellantellerchen mit Blumenmuster serviert hatte. Ihre Stimme war
     klangvoll und tief und bildete einen reizvollen Kontrast zu ihrer zarten
     Gestalt. Als Walther daran dachte, dass sie ihre Auftritte fast
     unbekleidet absolvierte, errötete er ein wenig und betrachtete
     angestrengt die Wände, die mit Theaterplakaten dekoriert waren.
    Es gab Frauen, die konnten in
     Lumpen gehen und trotzdem wunderschön aussehen. Thea trug ein altes
     Balletttrikot und darüber ein offenes Männerhemd ohne Kragen, an
     den Füßen dicke Stricksocken. Dennoch schien sie über dem
     Boden zu schweben, wenn sie sich durchs Zimmer bewegte.
    »Nehmen Sie doch noch
     einen Keks, Herr Kriminalsekretär.« Sogar seinen Titel hatte
     sie behalten.

Weitere Kostenlose Bücher