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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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...»
    Garenne ließ wieder das eklige Lachen hören, der Lagerleiter lachte mit, und auch die Arbeiter fühlten sich zu einem unbedarften Grinsen veranlasst, wahrscheinlich aus Loyalität gegenüber ihren Chefs. Aber das gemeinsame Lachen machte sie stärker, es wurde brenzlig.
    «Das ist nicht mal ’ne Kopie, Garenne. Das ist schlicht Betrug», sagte Martin kalt. Er spürte, dass man ihn trotz des Revolvers nicht mehr ernst nahm. Dabei hatte er jetzt den Rücken frei, die Arbeiter standen links, nur Garenne versperrte noch den Weg.
    Plötzlich wurde es sehr still. Alle horchten auf, draußen war Motorengeräusch zu hören, das Zuschlagen einer Autotür, schnelle Schritte - und dann stand der Korse im Tor der Halle. Martin sah ihm die Überraschung an, ihn, den er in Frankfurt wähnte, hier zu sehen, dazu mit einem Revolver in der Hand, der auf seinen Chef gerichtet war. Zum ersten Mal überhaupt bemerkte Martin eine Regung in dem harten Gesicht dieses kleinen, gefährlichen Mannes. Aber mit seinem Erscheinen wendete sich das Blatt zu seinen Ungunsten.
    «Was macht der hier?», fragte er arrogant und zeigte auf Martin.
    «Mitspielen, unser kleiner boche. Er meint, mit dem Ding da», Garenne wies auf die Pistole, «hätte er gute Karten.»
    «Bist du wahnsinnig, Garenne, vor allen Leuten diese Veranstaltung abzuziehen?», fuhr ihn der Korse respektlos an. «He, Fettsack!», gemeint war der Lagerleiter, «schick die Berber an die Arbeit. Dafür wirst du bezahlt, allez , allez ...»
    Der Revolver in Martins Hand kümmerte den Korsen nicht im Geringsten. Er scheuchte die Araber vor sich her, was Martin nutzte, um sich weiter in Richtung Hof zu bewegen. Aber Garenne durchschaute die Absicht, senkte den Kopf und stürzte los.
    Vor Martin tauchte das Bild vom Stierkampf auf, dem er vor Jahren voller Abscheu beigewohnt hatte. Garenne war so massig wie jener Stier damals, den sie am Ende tot aus der Arena geschleppt hatten. Doch so leicht wie dem Torero machte Garenne es ihm nicht.
    Martin drückte ab, die Kugel traf das Ziegeldach, der Knall und der Schauer von Tonsplittern beeindruckten Garenne jedoch keineswegs. Er rammte ihn mit der Schulter, Martin fiel gegen die Paletten, strauchelte und stürzte. Der Revolver fiel ihm aus der Hand, rutschte mit hässlichem Scharren über den Beton und blieb kurz vor der Tür neben dem Schlauch liegen. Garenne stolperte über die eigenen Füße, verlor das Gleichgewicht und fiel auf die Knie.
    Beide Männer rappelten sich auf, krabbelten über den Boden, um die Waffe zu erreichen. Martin war vorn und trat, als Garenne ihn am Knöchel packte, ihm mit dem anderen Fuß ins Gesicht. Es knackte, Garenne gab einen gurgelnden Laut von sich und ließ los. Martin wollte nach der Waffe greifen, doch der Korse war schneller. Er hob sie auf und drückte ohne Zögern ab.
    Martin hörte die Explosion, hatte das Gefühl, sein Trommelfell würde platzen, rammte dem Korsen den Kopf in den Bauch und wartete dabei auf einen Schmerz, doch der blieb aus. Dafür schrie Garenne.
    «Ich bin getroffen, Scheiße, ich verblute ...»
    Martins Stoß hatte den Korsen zurückgeworfen, er erreichte die Tür zum Hof und blickte sich um. Garenne saß mit blutender Nase am Boden und hielt sich die linke Schulter, der Korse hob wie in Zeitlupe den Arm mit der Waffe, Martin sah die Mündung des Revolvers in seine Richtung schwenken, der Lagerleiter stand mit weit offenem Mund und hängenden Armen mitten in der Halle und brüllte die Nordafrikaner an.
    «Ihr Schwachköpfe, packt ihn!», schrie er hasserfüllt, aber die Arbeiter blieben gelähmt stehen, keiner bewegte sich.
    Martin rannte aufs Hoftor zu, als er erneut einen Schuss hörte, schlug er einen Haken nach links zwischen die geparkten Wagen, dann nach rechts. Der Korse schoss erneut, eine Frontscheibe zerbarst, dann war Martin in der ersten Halle, wo eine Kugel krachend in einen Gärtank fuhr. Martin sprang geistesgegenwärtig über Schläuche und warf sich hinter den Palettenstapel, robbte blind durch den Tunnel und riss, als er sich aufrichtete, einen Balken um, der den Gerümpelhaufen einstürzen ließ. Damit war den Verfolgern dieser Weg versperrt.
    Mit einem Satz war er im Freien. Über sich die vom Sturm getriebenen Wolken, so gehetzt wie er, dazwischen das silberne Licht des Mondes, kalter Wind fuhr ihm ins Gesicht. Es war wie der Eintritt in eine andere Welt. Aber als er das Anfahren von Wagen und die Stimmen der Meute vernahm, wusste er, dass die Jagd

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