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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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entschieden, so als gäbe es keinen Zweifel.
    Martin sagte nichts. Es hatte keinen Sinn, mit dieser Frau zu diskutieren. Er zog die Garagentür zu, und die Trauergemeinde kehrte palavernd zum Wohnhaus zurück, kurz darauf verabschiedeten sich die ersten Gäste. Dem Toten die letzte Ehre zu erweisen war eine Selbstverständlichkeit, aber der Einbruch war zu viel.
    Als der letzte Wagen abgefahren und Stille eingekehrt war, versammelten sich die Familie und die Nachbarn im Salon. Der Champagner wurde warm, die Kanapees für die Trauergemeinde vertrockneten auf silbernen Servierplatten, keiner rührte etwas an. Caroline schlief fest, nachdem ihre Mutter ihr zwei Valium verabreicht hatte.
    Man unterhielt sich leise darüber, wie Caroline den Verlust ihres Mannes verarbeiten würde, ob sie die Lese mit Jean-Claudes und Martins Hilfe schaffen könnte, wer auf der Beerdigung gewesen war und wer nicht, ob die Rückzahlung des Kredits für den Kauf des Weinbergs gesichert sei und wann die Unfallversicherung zahlen würde. Sie würde zahlen, daran bestand kein Zweifel, nur konnte es eine Weile dauern.
    Martin kauerte sich in den Ohrensessel und lauschte dem Gemurmel, bis ihm die Augen zufielen.
    Jean-Claude weckte ihn wieder auf. «Wir machen Schluss für heute, die anderen sind schon zu Bett gegangen. Leider haben wir dein Zimmer belegt, dir bleibt leider nur das Sofa.»
    Martin wusste von früher, wie das Sofa war. Das würde eine ungemütliche Nacht werden. Sein Magen knurrte. Zum ersten Mal seit dem Abend im Dorfhotel war er richtig hungrig. Dabei aß er sonst mit Leidenschaft und war in letzter Zeit sogar ein wenig dick geworden für seine Verhältnisse. Er joggte zu selten, trainierte nicht konsequent genug. Gleich morgen wollte er wieder laufen, seinem Rücken würde es gut bekommen, und die Laufschuhe packte er immer ein.
    Er rappelte sich auf und ging in die Küche. Charlotte hatte die Jacke ihres Hosenanzugs über einen Stuhl gehängt, sich die Ärmel der weißen Bluse hochgekrempelt und räumte den Geschirrspüler aus. Ihr Haar hing nach vorn über die Schultern und ließ den schlanken Nacken frei. Martin betrachtete sie versonnen, bis sie sich umdrehte, als hätte sie sich beobachtet gefühlt. Ihm stieg das Blut in die Wangen - wie albern -, und verlegen griff er nach den Kanapees, Jean-Claude schenkte ihm Champagner ein.
    Endlich konnte Martin die Frage stellen, die ihn seit Tagen bewegte: «Am Tag nach Gastons Tod habe ich hier angerufen, da hat sich jemand am Telefon als sein Schwager ausgegeben und mir von dem Unfall erzählt. Wer kann das gewesen sein? Ich war so geschockt, dass ich gar nicht weiter nachgefragt habe. Wer wusste, dass Gaston tot war?»
    «Wir wussten es», sagte Charlotte und nahm das nächste Glas aus dem Geschirrspüler, um es zu polieren. «Mittags kam Caroline völlig aufgelöst zu uns und sagte, dass sie ins Hospital müsste; meine Mutter hat sie begleitet. Ich war gerade angekommen und hatte noch nicht einmal die Koffer ausgepackt. Ich habe die Kinder von der Schule abgeholt, sie kennen mich. Abends war Caroline mit den Kindern bei uns, und am nächsten Tag sind sie zu ihren Freunden nach Bordeaux gefahren.»
    Jean-Claude nickte. «Wann hast du angerufen? Freitag? Ich bin am Sonntag gekommen, vorher war hier niemand. Am Wochenende konnten wir sowieso nichts ausrichten. Erst musste die Untersuchung abgeschlossen sein.»
    «Und was hat die ergeben?», fragte Martin.
    «Gaston war vormittags bei LaCroix, im Lager von diesem Negocien, drüben in Bordeaux, in Bègles. Kennst du es?»
    «Ja», sagte Martin, «ich bin vor einigen Jahren mal da gewesen, wollte mit denen ins Geschäft kommen.»
    «Was Gaston da gewollt hat, weiß niemand», fuhr Jean-Claude fort. «Er hat Caroline nichts gesagt, und mit LaCroix hatte er keinen Termin vereinbart. Jedenfalls haben sie das gesagt. Ein Packer hat in der Lagerhalle den Krach gehört, als die Paletten umstürzten. Die Arbeiter haben wie die Wilden gearbeitet, um Gaston da rauszuholen. Der Notarzt war sofort da, aber es hat nichts genutzt. Er soll sofort tot gewesen sein. Ein Arbeiter ist seitdem verschwunden, ein Algerier, der den Gabelstapler gefahren hat.»
    «Welchen Gabelstapler?», fragte Martin und betrachtete Charlottes Hände, sie polierte noch immer dasselbe Glas.
    «Der ist beim Rangieren gegen die Paletten gefahren und hat den Stapel zum Einsturz gebracht. Gaston stand wohl darunter. Anders konnte sich niemand den Hergang erklären, und auch

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